Seegerichtshof gewinnt an Bedeutung

Der Internationale Seegerichtshof feiert Jubiläum. Am 1. Oktober 1996 nahm die Instanz der Vereinten Nationen in Hamburg ihre Arbeit auf.

Zum Gratulieren kommt hoher Besuch in die Hansestadt. Für das Jubiläumsfest am 7. Oktober im Hamburger Rathaus haben sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Bundespräsident Joachim Gauck angekündigt.

Seit 20 Jahren also ist Hamburg Standort des Internationalen Seegerichtshofs (International Tribunal for the Law of the Sea, ITLOS). Die 21 Richter aus aller Welt sind bestellt, um die internationale Seerechtskonvention auszulegen, die von rund 160 Staaten unterzeichnet wurde. Sie beschäftigen sich mit festgesetzten Schiffen und Meeres-Bergbau, mit Staatsgrenzen auf See und Fischereirechten.

Nicht alle Fälle des Seegerichtshofs finden bei der deutschen Öffentlichkeit Interesse. Der deutsche Richter Rüdiger Wolfrum wünscht sich mehr Beachtung für die Arbeit des Gerichts. Das gilt auch für den Fall, den Wolfrum als „bislang größten“ des Gerichts einschätzt. Dabei ging es um eine strittige Seegrenze zwischen Bangladesch und Myanmar im Golf von Bengalen. Die beiden Länder haben das Urteil exakt umgesetzt.

Das gilt auch für alle anderen Urteile – mit einer Ausnahme. Den meisten öffentlichen Wirbel gab es um das Greenpeace-Schiff „Arctic Sunrise“, das unter der Flagge der Niederlande fuhr und von den Russen 2013 nach der versuchten Besetzung einer Ölplattform im Nordmeer festgesetzt wurde. Russland weigerte sich, die Zuständigkeit des Gerichtshofs zu akzeptieren, nahm nicht am Verfahren teil und akzeptierte das Urteil nicht. Erst später kam das Schiff wieder frei.

Das ITLOS gehört zur UN-Familie, ist aber keine UN-Organisation. Den Etat von knapp 19 Millionen Euro bezahlen die Staaten, die diese Konvention ratifiziert haben. Die USA und die Türkei gehören zum Beispiel nicht dazu.

Das Gericht residiert hoch über der Elbe, mit Blick auf Containerschiffe und Hafenkrane. Das lichte, helle Gebäude entstand eigens für den Seegerichtshof und bietet ein passendes Ambiente. Das war nicht immer so. Als der Gerichtshof vor 20 Jahren mit seiner Arbeit begann, war vieles noch ein Provisorium. Die Büros lagen in einem relativ schäbigen Bürohaus, und die Richter trugen zur Amtseinführung geliehene Roben.

Wolfrum ist einer von vier Richtern, die damals schon dabei waren. „Wir sind so etwas wie das Gedächtnis des Gerichts“, sagt der 74-jährige emeritierte Professor aus Heidelberg, der dem Gerichtshof auch drei Jahre als Präsident diente. „Die Richterschaft ist vielfältig besetzt, nicht nur im Hinblick auf den nationalen Hintergrund, sondern auch auf die Berufe“, sagt Wolfrum. Nicht alle Richter sind Professoren, sondern auch Beamte, Diplomaten, Politiker und Anwälte gehören dazu. Präsident ist gegenwärtig der Russe Vladimir Golitsyn.

In 20 Jahren hat das ITLOS 25 Urteile gesprochen – bei ein bis drei Fällen, die bei internationalen Gerichten pro Jahr üblich seien, so der Belgier Philippe Gautier, seit 2001 Kanzler des Seegerichtshofs und damit so etwas wie der höchste Verwaltungsbeamte in Hamburg. „Wir entscheiden ja nicht über einen Autodiebstahl, sondern es geht um komplizierte Fragen des internationalen Seerechts.“

Von zwei Grundsätzen habe sich das Gericht in seinen Urteilen besonders leiten lassen: von der Verpflichtung der Staaten zur Kooperation und vom Vorsorgeprinzip im Umweltschutz, sagt Wolfrum. Auch der Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimawandel könne neue Fragen zur Grenzziehung im Meer aufwerfen. Wolfrum erwartet zudem neue Herausforderungen für das Seerecht und das Gericht, wenn der Tiefseebergbau erst einmal in Gang kommt. Fazit: Das Gericht hat sich international Respekt erarbeitet und dürfte künftig noch an Bedeutung gewinnen. dpa/eg/fab

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