Veracruz verdreifacht Kapazität

Die Reederei Höegh Autoliners mit der „Höegh Singapore“ am Standort Veracruz, Foto: Kloss
An Mexikos größtem Golfhafen in Veracruz scheiden sich die Geister. Lob von der einen Seite, aber auch Kritik seitens der Hafenkunden finden sich gleichermaßen.
So ist Veracruz für die norwegische Reederei Höegh Autoliners „einer unserer Top-Häfen weltweit beim Umschlagvolumen und den Schiffsanläufen“, so Mexiko-Vertriebschef Tomasz Lis gegenüber dem THB. Doch Veracruz bereite auch „die größten Kopfschmerzen wegen der eingeschränkten Infrastruktur“, fügt er angesichts immer wieder überlasteter Liegeplätze und Terminals hinzu. Lis hofft daher, dass der Hafenausbau die Wartezeiten auf Sicht verkürzt.
Die Kapazität des Mehrzweckhafens soll sich von zurzeit 28 Millionen Tonnen pro Jahr auf rund 95 Millionen Tonnen mehr als verdreifachen. Kosten: umgerechnet 3,13 Milliarden Euro. Nördlich der bisherigen Anlagen werden künftig fünf Konzessionäre zusammen 35 Liegeplätze managen. Der erste Bauabschnitt des neuen Hafens umfasst 2,8 Kilometer Kailänge.
Die aktuelle Wirtschaftsentwicklung macht den Ausbau erforderlich. Mexiko ist das wichtigste Empfängerland von deutschen Exporten in Lateinamerika, Deutschland umgekehrt Mexikos Handelspartner Nummer eins in der EU. Das Land zwischen Atlantik und Pazifik rangiert weltweit als siebtgrößter Autohersteller mit Werken unter anderem von Volkswagen. So plant BMW 2019 den Produktionsstart. Davon profitiert der größte mexikanische Auto-Verladehafen mit einem Umschlag von 1,03 Millionen Fahrzeugen 2017. Im Vorjahresvergleich hat die Menge um 34 Prozent zugelegt. Zunächst wird aber vorrangig die Container-Kapazität ausgebaut.
Hutchison Ports Icave errichtet einen 41,41 Hektar großen Containerterminal. Der Terminal Especializada de Contenedores (TEC) ist für eine Jahresleistung von 1,8 Millionen TEU ausgelegt, bietet 700 Kailänge und hält dabei eine Wassertiefe von 15 Metern vor. Umgerechnet rund 384 Millionen Euro investiert der Betreiber. Dazu gehören auch Investitionen in die Hafendigitalisierung. Als Beispiel nennt Jorge Magno Lecona Ruiz, Generaldirektor für Lateinamerika bei Hutchison Port Holdings (HPH), die modulare Terminal-Management-Plattform N-Gen.
Icave betreibt seit 1995 den bestehenden Containerterminal im Hafen und wurde 2001 von HPH übernommen. 2017 gingen dort 0,98 Millionen TEU über die Kaikanten. Zusammen mit dem Mehrzweckterminal von Grupo Cice kam Veracruz damit auf 1,12 Millionen TEU. Das sind 15,7 Prozent mehr als 2016. „Veracruz ist unser wichtigster Hafen an der Golfküste“, heißt es ergänzend bei Hapag-Lloyd. Die Reederei erwartet, dass der TEC im Verlauf des ersten Quartals 2019 fertiggestellt wird. 2017 lief die Hamburger Reederei das mexikanische Veracruz insgesamt 287-mal an. Den dabei generierten Jahresumschlag beziffert das Unternehmen auf 143.348 Boxen.
Auch für Hamburg Süd hat der mexikanische Containerhafen eine große Bedeutung, betont Mexiko-Geschäftsführer Michael Kümmel. Er spricht von einem „positiven Volumenwachstum“. Das Einzugsgebiet umfasse die wichtigsten Wirtschaftsregionen des Landes, darunter Mexiko-Stadt: „Viele Global Player unterschiedlicher Branchen produzieren hier für den Export.“ Hamburg Süd setzt auch Reefer-Container für Bananen-Transporte ein und fährt Veracruz in fünf verschiedenen Diensten an.
Südlich des TEC entstehen zwei je zehn Hektar große Terminals für landwirtschaftliches und mineralisches Schüttgut. Nördlich des Containerterminals errichtet Portuaria Mexicana, die Hafentochter des Infrastrukturunternehmens Pinfra, einen 18,33 Hektar großen Terminal für Stückgut und Container.
Das mexikanische Energie-Infrastrukturunternehmen IEnova will im ersten Halbjahr 2019 einen Kraftstoffterminal für 2,1 Millionen Barrel an den US-Mineralölkonzern Valero Energy übergeben. Zeitgleich sollen bei Puebla und Mexiko-Stadt zwei Inlandsterminals mit einer Kapazität für 500.000 und 800.000 Barrel fertig werden. Dorthin transportiert der Bahnoperateur Ferromex künftig den Kraftstoff in Ganzzügen.
Der neue Hafen wird über einen 19,5 Kilometer langen doppelspurigen Gleisanschluss an die bestehenden Anlagen und eine neue, 135 Hektar große Logistikzone direkt hinter den Hafenterminals sowie bis nach Mexiko-Stadt angebunden. Hamburg-Süd-Manager Kümmel begrüßt sowohl die verbesserte Schienenanbindung als auch die erweiterten Liegeplätze, an denen künftig größere Schiffe gleichzeitig abgefertigt werden können. Vorteile erhofft er sich ebenfalls durch das nutzerfreundliche Layout der neuen Hafenanlage. Das wiederum reduziere „den Einfluss von schlechten Wetterbedingungen auf die Umschlagsabwicklung“. Der mit 4,3 Kilometern längste Wellenbrecherdamm Lateinamerikas schützt insbesondere vor den Folgend des Starkwinds „Norte“.
Angesichts des neuen mexikanischen Präsidenten, Andrés Manuel López, erwarten Wirtschaftsexperten eine stabile Wirtschaftslage. HPH will im zweiten Bauabschnitt bis 2024 das 73 Hektar große TEC II mit einer Kapazität von 2,1 Millionen TEU bauen lassen.
Für den größten deutschen Universalhafen in Hamburg brachte der Containerumschlag im Direktverkehr mit Mexiko 2017 mit mehr als 90.000 TEU ein Rekordergebnis, davon rund 74 Prozent über Veracruz. Bis März 2018 war die Entwicklung stark positiv – plus 20,7 Prozent. Doch durch die Umstrukturierung des EMCS-Dienstes von Hamburg Süd ersetzt nunmehr Bremerhaven auf der Rotation Hamburg. Von der Elbe aus wird Mexiko weiterhin durch konventionelle Stückgutdienste angelaufen. KK/eha/fab