Weiterer Preisschub bei Frachtraten erwartet
Die Spotfrachten in der Containerschifffahrt haben ihren Höhenflug mit einem erneuten Anstieg des Shanghai Index (SCFI) um fast neun Prozent Ende vergangener Woche fortgesetzt. Die höchsten Steigerungen wurden erneut im westgehenden Verkehr ex Fernost nach Nordeuropa und in die Mittelmeerregion verzeichnet. Die Index-Raten für diese Trades sprangen um jeweils rund ein Viertel auf 2948 US-Dollar (USD) pro TEU (Nordeuropa) und auf 3073 USD/TEU (Mittelmeer).
Für 40-Fuß-Container (FEU) von Fernost nach Nordeuropa liegen die gemeldeten Durchschnittsraten anderen Indices zufolge zwischen rund 3800 USD (Freightos) und 5000 USD (S&P Global Platts). Vereinzelt sollen Speditionskreisen zufolge bereits Raten bis knapp 10.000 USD/FEU für diese Relation quotiert werden. Das Limit scheint noch längst nicht erreicht zu sein: Für diese Woche wird angesichts diverser GRI (allgemeine Ratenanhebungen) mit einem weiteren Preisschub von rund 1500 USD/FEU gerechnet.
Am angespanntesten bleibt die Lage im Importgeschäft in Großbritannien, wo Industrie und Handel aufgrund der Brexit-Unsicherheit verstärkte Bestellungen in Asien tätigten, um ihre Vorräte auszubauen, heißt es. Wichtige Häfen des Landes wie Felixstowe erleben aktuell massive Abfertigungsengpässe. „Das führt zu Verspätungen von bis zu sieben Tagen für Schiffe auf ihren Ost-West-Rundreisen“, erklärte ein Hamburger Schiffsmakler gegenüber der THB-Schwesterpublikation DVZ. Die Carrier verlangen nach Angaben aus dem Markt Aufschläge von 600 USD und mehr pro Box für Containerlieferungen nach Großbritannien. Zunehmend werde britische Importladung außerplanmäßig bereits in Kontinenthäfen wie Rotterdam und auch Bremerhaven gelöscht, um dann gefeedert zu werden. Allerdings herrschen inzwischen auch im Feederverkehr massive Platzengpässe. Zusätzliche Charterschiffe seien für Feeder-Operateure nur nach längeren Wartezeiten zu haben. Wegen der Knappheit an kleinen Schiffen haben die Charterraten in Nordeuropa nach Angaben des Schiffsmaklers Ernst Russ Shipbroker im November um knapp 10 Prozent angezogen. Im Oktober sollen sie bereits um 13 Prozent gestiegen sein.
Laut dem Preisinformationsdienst Platts führen die sprunghaft gestiegenen Frachtraten in der Linienfahrt sogar zu einem merklichen Anstieg der Lieferpreise (auf CIF-Basis) für verschiedene Rohstoffe und Halbfertigprodukte wie Aluminium oder Polymere. Zudem werde die Verfügbarkeit von Waren am Weltmarkt durch die Containerengpässe allgemein behindert, was bestimmte Warenpreise zusätzlich beflügle.
Unterdessen weist die Research-Abteilung der Hamburger Reederei Peter Döhle in einem Beitrag darauf hin, dass sich die aktuellen Containerengpässe zum Teil durch eine verringerte Neuproduktion von Containern seit Mitte 2019 erklären. Erst kürzlich hätten Container-Leasinghäuser und Linienreedereien die Equipment-Bestellungen deutlich hochgefahren. Die Ablieferungen kämen aber erst im Laufe des ersten Quartals 2021 in Gang. mph/jpn/bek