Werften liefern 2016 weiter hohe Zahl neuer Schiffe ab

Der 86,80 Meter lange Bulker „Arklow Cadet“: das erste Schiff eines neuen Küstenfrachter-Serientyps (5100 Tonnen Tragfähigkeit) von Ferus Smit Westerbroek für die irische Reederei Arklow Shipping am 28. Mai 2016 auf dem Werfthelgen kurz vor dem Stapellauf (Foto: Hasenpusch)

Ein Blick in die aktuellen Orderbücher offenbart andauernd hohe Auslieferungszahlen im laufenden Jahr 2016. Dies gilt insbesondere für den Dry-Bulk-Sektor, heißt es im aktuellen Marktbericht der Nord/LB.
Mit 55 Prozent stehen in den verbleibenden Monaten 2016 mehr als die Hälfte der offenen Orders zur Auslieferung an. Die zugrunde liegenden Bestellungen wurden dabei insbesondere 2013 (41 Prozent) und 2014 getätigt (40 Prozent). Ähnliches gilt für den Offshore-Sektor, der allerdings eine Vielzahl an Subsegmenten beinhaltet. Bei Produktentankern entfallen noch 44 Prozent der Auftragsbestände auf das Jahr 2016. 40 Prozent der Chemikalientanker-Auslieferungen sind ebenfalls für 2016 avisiert. Bei den LPG-Carriern ist es ein Drittel des Orderbuches, während der auf 2016 entfallende Anteil an LNG-Tankern nur ein Viertel des aktuellen Orderbuches ausmacht. Ähnlich fallen die Verteilungen im Crude-Carrier-Bereich sowie bei den Containern aus, jedoch unter deutlich anderen Vorzeichen.
Mit den niedrigen Ölpreisen ging 2015 eine Markterholung einher, die auch zu einer Wiederbelebung der Bestellaktivitäten führte. Entsprechend verteilen sich die Auslieferungen an Öltankern über die nächsten Jahre. Nach 137 neuen Tankern in 2016 sollen weiter 144 Neubauten 2017 abgeliefert werden. Im Containersektor war hingegen mit insgesamt über 1,7 Millionen TEU und 215 Schiffen die Spitze der Ablieferungen an Neutonnage im vergangenen Jahr erreicht. Die Marktteilnehmer hatten bereits in den Jahren zuvor eine Vielzahl an Bestellungen speziell großvolumiger Containerschiffe getätigt. Die Auslieferungswelle setzt sich entsprechend fort, allerdings mit verminderter Tonnage. Im laufenden Jahr werden etwa 1,3 Millionen TEU erwartet. Selbst für 2018 sind derzeit noch über eine Million TEU an Neubauten avisiert. Die bekannten „Slippage“-Effekte sind dabei zu vernachlässigen.
Auch wenn in allen Sektoren mit einem gewissen Anteil von Auslieferungsverschiebungen gerechnet werden kann, der nicht öffentlich bekannt ist, bleiben die anstehenden Ablieferungen insgesamt eine Bürde für den Schiffsmarkt in seiner aktuell schwachen Verfassung.
Mehr Abbrüche
Bedingt durch die schwache Marktsituation ist die Zahl der abgewrackten Schiffe in den ersten fünf Monaten 2016 deutlich gestiegen. Aus der Containerflotte wurden bisher etwa 217.240 TEU entnommen (2015 gesamt: 192.600 TEU). Die Tankerverschrottungen beliefen sich bis Mai 2016 auf 1,05 Millionen tdw (2015 gesamt: 2,35 Millionen tdw), die Abwrackungen im Bulker-Sektor auf 20,24 Millionen tdw (2015 gesamt: 30,57 Millionen tdw.). Dies kann die in den Markt kommende Neutonnage jedoch nur teilweise kompensieren. So sind bis Mai 2016 zum Beispiel 13,4 Millionen tdw an Tankertonnage ausgeliefert worden. Dabei hat der Sektor aufgrund zurzeit stabiler Nachfrage die geringsten Probleme. Der unter Druck stehende Dry-Bulk-Sektor musste 25,2 Millionen tdw an Neuablieferungen verkraften. Aufgerechnet gegen die abgewrackte Tonnage stieg die Bulkerflotte also noch um etwa fünf Millionen tdw. Die ausgelieferte Containertonnage von etwa 450.000 TEU war sogar mehr als doppelt so groß wie die bisher in 2016 verschrottete Containerflotte.
Den Daten von Clarkson zufolge ist das Flottenalter in den Sektoren relativ jung. Annähernd 71,5 Prozent der Bulker sind noch keine zehn Jahre alt. Nur geringfügig älter ist die gelistete Containerflotte. Hier sind 37,4 Prozent der Frachter mindestens zehn Jahre im Einsatz beziehungsweise sind 62,6 Prozent jünger als zehn Jahre. Im Tankersektor beläuft sich der Anteil der Altersgruppe von null bis neun Jahren auf etwa 55 Prozent.
Die Gruppe der Gas-Carrier spiegelt die hohe Nachfrage der vergangenen Jahre wider. Der Anteil der in den vergangenen zehn Jahren in Dienst genommenen Schiffe beträgt in dem Segment etwa 60,5 Prozent. Insgesamt sind nur noch zwölf Prozent der „Weltflotte“ seit mindestens 20 Jahren im Einsatz. Der Anteil der erst nach 2006 gebauten Schiffe beträgt etwa 59 Prozent.
IWF rechnet mit Wachstum
Gleich mehrere Faktoren sprechen nach Einschätzung der Nord/LB gegen eine Markterholung in den kommenden Monaten. Von der Nachfrageseite sind weiter keine signifikanten Impulse zu erwarten. Für das globale Wirtschaftswachstum prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) nur eine moderate Zunahme von 3,2 Prozent in 2016. In den Sektoren bleibt das Wachstum der Angebotsseite deutlich stärker ausgeprägt als das der Nachfrageseite. Die Zunahme im Containerumschlag wird 2016 auf 1,3 Prozent prognostiziert, die Flotte wächst jedoch um etwa 3,6 Prozent.
Sowohl bei Crude- als auch bei den Produktentankern zeigt sich ein ähnliches Bild. Das Nachfragewachstum wird bei Crude- auf drei Prozent, bei Produktentankern auf 3,8 Prozent geschätzt, während die Flotten voraussichtlich um 4,8 Prozent beziehungsweise 5,1 Prozent steigen. Im Dry-Bulk-Sektor wird nur mit einem minimalen Anstieg der Nachfrage um 0,5 Prozent gerechnet.
Wenig Hoffnung auf Belebung der Nachfrage
Die Schiffskapazitäten werden in dem Sektor hingegen um etwa 1,2 Prozent zunehmen. Da wenig Hoffnung auf eine Belebung der Nachfrage besteht, kann nur über die Angebotsseite beziehungsweise Kapazitätsreduktionen argumentiert werden. Da jedoch der weltweite Stahlmarkt unverändert unter einem Überangebot leidet, verharren auch die Stahlpreise auf niedrigem Niveau. Der Steel Price Index reduzierte sich von seinem Jahreshoch im zweiten Quartal 2016 jüngst um etwa 20 Prozent. Nach einer kurzen Erholung parallel zur Stahlpreisentwicklung sind die Schrottpreise auch wieder unter 250 US-Dollar pro Tonne gefallen. Die Nord/LB sieht derzeit keine Trendumkehr. Die Experten rechnen im zweiten Halbjahr 2016 mit einer Seitwärtsbewegung zwischen 250 und 300 US-Dollar pro Tonne, da das Angebot an Verschrottungstonnage trotz sinkenden Flottenalters zunächst hoch bleibt und die Überkapazitäten am Weltstahlmarkt weiter andauern. FBi