6200 Tonnen: Landtransport für Postschiffe

Die Goldhofer-Schwerlastsysteme stehen hinter den beiden Postschiff-Rohbauten für ihren Einsatz bereit, Foto: Goldhofer

Auf 1600 Rädern rollten die 6200 Tonnen schweren Schiffe ins Dock, Foto: Goldhofer
Auf dem Gelände der türkischen Tersan Werft sind über Land zwei jeweils 6200 Tonnen schwere Kreuzfahrtschiffe umgezogen. Über eine Distanz von 250 Metern wurden die Rohbauten vom Trockendock zum Schwimmdock transportiert. Mit dem Schwertransport war die Heavy Lifting & Projekt Transportation Co. (Hareket) beauftragt. Für das Unternehmen war es der schwerste Transportauftrag in der Firmengeschichte.
Auf der Werft in Yalova am Marmarameer entstehen für die norwegische Havila Kystrouten die beiden Neubauten „Havila Capella“ und „Havila Castor“. Außerdem sollen hier die halbfertigen Rümpfe der „Havila Pollux“ und „Havila Polaris“ fertiggestellt werden, die zunächst auf der spanischen Barreras Werft begonnen worden waren. Nachdem es dort finanzielle Schwierigkeiten gab, entschied Havila Kystrouten, die Schiffe auf der Tersan Werft weiterbauen zu lassen. Die ersten beiden Einheiten sollen im ersten Quartal 2021 im Postschiffdienst ihren Dienst aufnehmen, die beiden anderen 2022 folgen. Die nun umgesetzten „Havila Capella“ und „Havila Castor“ sollen auf der Nordkap-Route zwischen Bergen und Kirkenes fahren. Sie sind 124 Meter lang und 22 Meter breit.
Zum Landtransport der Schiffe auf der Werft verwendete Hareket 200 Schwerlast-Achslinien mit zusammen 1600 Rädern. Darunter befanden sich 56 Goldhofer-Schwerlastmodule vom Typ PST/SL-E mit hydrostatischem Fahrantrieb und elektronischer Vielweglenkung sowie 36 konventionelle Goldhofer Schwerlastmodule vom Typ THP/SL. Die Achslast der einzelnen Goldhofer-Module ermöglicht es, bis zu 45 Tonnen je Achslinie zu fahren. „Es war zwar keine lange Transportstrecke, die die beiden Schiffe zu bewältigen hatten, aber deren Gewicht und Umsetzung stellte eine große Herausforderung für Hareket dar und wir sind stolz, diese in einer solch kurzen Zeit bewältigt zu haben,“ erklärte Abdullah Altinkum, Generaldirektor von Hareket.
790 Mitarbeiter der im bayrischen Memmingen ansässigen Goldhofer-Unternehmensgruppe entwickeln und produzieren seit 1705 praxis-orientierte Schwerlast- und Spezialtransportlösungen für vielfältige logistische Herausforderungen. Der Geschäftsbereich Transport Technology liefert einsatzorientierte Transportlösungen und Spezialzubehör für den Einsatz auf und abseits von Straßen in einem Nutzlastbereich bis zu mehr als 15.000 Tonnen. Goldhofer ist vor allem für Schwerlastkombinationssysteme zum Transport übergroßer und schwerer Güter bekannt.
Auf diese Systeme setzte auch Hareket bei dem Spezialauftrag der Werft. Denn die jeweils 6200 Tonnen schweren Schiffe mussten auf ihrer kurzen Distanz auch um mehr als zwei Meter seitlich versetzt werden, um in das Schwimmdock zu gelangen. Während die Selbstfahrer aufgrund ihrer elektronischen Lenkung nur mit einer Fernbedienung gesteuert werden konnten, hatte das Team von Hareket die Lenkung der konventionellen Schwerlastmodule angepasst und ließ sie durch einen eigenen Operator steuern. So konnten innerhalb von vier Tagen die beiden 35 Meter hohen Schiffsrohbauten im Abstand von nur eineinhalb Metern in das bereitstehende Schwimmdock gefahren werden. Dort soll jetzt der Endausbau erfolgen. Preis pro Schiff: etwa 200 Millionen Euro.
Die Einheiten verfügen über jeweils 468 Betten und Kapazitäten für 700 Passagiere. Die beiden Schiffe wurden nach den neuesten Umweltgesichtspunkten gebaut. Sie können in ihrem Fahrgebiet entlang der westnorwegischen Küstenlinie sowohl mit LNG und Batterien betrieben werden, sind aber auch für den Betrieb mit Wasserstoff und Brennstoffzelle vorbereitet. Bergen Engines, eine Tochtergesellschaft von Rolls Royce, liefert die Technik für den LNG-Part, die Batterien kommen von Norwegian Electric Systems und Norwegian Control Systems. Havila Kystrouten hat mit dem norwegischen Verkehrsministerium einen Vertrag über zehn Jahre geschlossen, der die Anforderung enthält, dass Neubauten 25 Prozent weniger CO2 ausstoßen als die bislang eingesetzten Schiffe, außerdem soll in den Häfen Landstrom genutzt werden. Die Reederei ist eine neu gegründete Tochtergesellschaft der 2002 gegründeten Havila Shipping. tja