Bremens Häfen Nummer 1 bei konventioneller Ladung

Gelungene Veranstaltung zum wichtigen Thema Projektlogistik in Bremen: (v.l.): Martin Günthner (Senator), Julia Bendul und Uwe Will, Foto: Arndt

Mit rund 170 Teilnehmern war die zum 2. Mal durchgeführte Fachtagung sehr gut besucht. Auch 2017 soll es wieder eine solche Veranstaltung geben, verlautete in Bremen, Foto: Arndt

Uwe Will, Foto: Arndt

Breker, Foto: Arndt

Archard, Foto: Arndt

Rose, Foto: Arndt

Wichtiges Arbeitspferd in der SAL-Flotte: Schwergutfrachter „Lone“, Foto: Arndt
Wenn es um den Umschlag von konventioneller Ladung über deutsche Seehäfen geht, dann behaupten sich in diesem wertschöpfungsintensiven Element die bremischen Häfen mit Abstand auf dem ersten Platz.
„Die beiden Hafenstandorte Bremen und Bremerhaven bewegen im konventionellen Segment rund viermal mehr Cargo als unsere Kollegen aus Hamburg“, sagte Uwe Will, Vorstand und Geschäftsführer der „Via Bremen Foundation“ sowie Geschäftsführer der Bremischen Hafenvertretung (BHV), am Montag in der Weserstadt auf dem von der Einrichtung organisierten „Fachforum Projektlogistik“. Nach dem Anfangserfolg im Januar 2015 war beschlossen worden, die Veranstaltung auch in diesem Jahr wieder auszurichten. „Wir werden daraus eine Traditionsveranstaltung machen“, stellte Dr. Patric Drewes, Vorstand „Via Bremen“, vor den knapp 170 Teilnehmern in Aussicht.
Kompetent moderiert wurde die Fachtagung durch Prof. Dr. Julia Bendul, Professor of Network Optimization in Production and Logistic an der Jacobs University GmbH in Bremen.
Was die Gesamtveranstaltung nach dem Urteil der Tagungsteilnehmer besonders auszeichnet, ist die gelungene Teilnehmermischung, das heißt Hafen- und Logis tikwirtschaft, Politik und Verwaltung sowie die verladende Wirtschaft sowie Forschung und Lehre. Der Referentenkreis der diesjährigen Tagung spiegelte diese Vielfalt wider.
Uwe Will wies darauf hin, dass der Erfolg des Zwei-Hafen-Stadtstaates in dem stark dem internationalen Wettbewerb ausgesetzten Breakbulk-Segment das Ergebnis vieler Einzelfaktoren sei. Das Spektrum reiche dabei von der geografischen Lage über die Qualität der Hinterlandanbindung, die besondere Fachkompetenz der verschiedenen Hafendienstleister, ein erfolgreiches Marketing in der verladenden Wirtschaft bis hin zur Arbeit der verschiedenen Fachbehörden. Ausdrücklich lobte Will die Arbeit der mit der Ausstellung von entsprechenden Sondergenehmigungen für die straßenseitigen Vor- und Nachläufe von Schwergut- und Projektladung befassten Stellen. Doch auch der Polizei müsse in besonderer Weise gedankt werden, da ihre Beamten die Schwer- und Großraumtransporte zumal in den verkehrsarmen Zeiten in die Häfen beziehungsweise aus den Häfen heraus zu begleiten haben.
Bremens Häfen- und Wirtschaftsenator Martin Günthner betonte, dass zur langfristigen Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit der bremischen Häfen eine leis tungsstarke Infrastruktur, auch und gerade ins Hinterland, unverzichtbar sei. Das sei auch im ureigenen Interesse der deutschen Industrie, zumal aus dem volkswirtschaftlich bedeutenden Maschinen- und Anlagenbau. Denn nur über eine gut funktionierende Verkehrsinfrastruktur könnten die für Überseemärkte bestimmten Erzeugnisse punktgenau zu den Häfen herangeführt beziehungsweise Roh- und Halbfertigwaren ins Binnenland hinein verbracht werden. Günthner forderte die Bundesregierung auf, in den kommenden Jahren ausreichende finanzielle Mittel für den Unterhalt, aber auch den Aus- und Weiterbau des deutschen Verkehrswegenetzes bereitzustellen. Güntner wörtlich: „Die Infrastruktur in Deutschland darf nicht auf Verschleiß gefahren werden werden.“ Für das Zwei-Häfen-Bundesland stellte Günthner den Weiterbau der wichtigen Autobahn-Querverbindung A 281 in Aussicht.
Was die Wirtschaftskraft im kleinsten deutschen Bundesland betreffe, stelle die Hafen- und Logistikbranche eine der tragenden Säulen dar. Zu diesen besonderen Schätzen gehöre auch eine über die Landesgrenze hinaus anerkannte Ausbildungs- und Forschungsinfrastruktur auf dem Gebiet Logistik. Dieses Potenzial gelte es in Zukunft noch viel stärker zu nutzen, führte Günthner weiter aus.
Einen Überblick über das aktuelle Geschehen in der Projektlogistik vermittelte Dr. Jörg Breker, Head of Division Logistics von der Thys senKrupp Industrial Solution AG aus Beckum, im Dialog mit Tagungs-Moderatorin Julia Bendul. Aktuell sei der Markt für Projekt- und Schwergutladung auf den Punkt gebracht so am besten beschrieben: „Es tut sich nicht so viel in Sachen Projektlogistik.“ Verantwortlich dafür sei weiterhin eine schwache Weltkonjunktur. Diese schwache Tätigkeit werde in den kommenden Monaten wohl eher bestätigt, wenn man dafür die Entwicklung auf den Weltrohstoffmärkten zu einem Gradmesser erhebe. Denn gerade im Rohstoffgewinnungssektor würden im gro ßen Umfang Projekt- und Anlagenteile benötigt. Man denke beispielsweise an die Erdöl- und Gasexploration oder den Bergbau. In einem solchen Umfeld seien Nachrichten wie die offizielle Aufhebung des Wirtschaftsembargos gegen den Iran von großer Wichtigkeit. Brekers frische Erfahrungen aus dem eigenen Konzern brachte er auf diesen Punkt: „Die Kollegen sind sehr positiv gestimmt.“ Es sei mit einer entsprechenden Nachfrage nach Industrie- und Anlagenteilen aus dem Iran zu rechnen. Allerdings würden auch hier die Bäume nicht in den Himmel wachsen und sollten die Anfangserwartungen nicht überzogen werden.
Zu den großen Herausforderungen der Projektlogis tik gehört für Breker zum Beispiel das: „Die Realisierungszeiträume werden immer knapper gestaltet. Mit der Folge, dass dann eigentlich nichts schief gehen darf.“ Breker berichtete beispielhaft vom Bau einer neuen Zementproduktionsanlage in Saudi-Arabien, die der Anlagenbauer in diesem Jahr abschließen muss. Statt ursprünglich 30 Monaten sollen es nunmehr noch 24 Monate sein. Es handelt sich dabei nach THB-Recherchen um ein Projekt im Gesamtwert von rund 100 Millionen Euro. Für das Vorhaben sei eine Gesamtmenge von rund 350.000 Frachttonnen logistisch zu bewegen – eine gewaltige Leistung, die einer absolut genauen Planung und vor allem Begleitung bedürfe. Breker sprach sich dafür aus, bei der Zusammenarbeit innerhalb einer solchen, komplexen Sup ply-Chain viel stärker als bislang üblich zu „technischen Standards“ zu kommen. Ein wichtiges Stichwort hier: einheitliche IT-Schnittstellen.
André Milschus, Geschäftsführer der HBB Hanseatic Break Bulk GmbH aus Hamburg, widmete sich der Situation auf dem Markt für Multipurpose-Schiffe (MPP-Frachter), die gerade für Projekt- und Anlagenverschiffungen von besonderem Interessen sind. Kennzeichnend für diese Tonnage sind unter anderem leistungsstarke Bordkrane mit bis zu 100 Tonnen Hebevermögen. Rund um den Globus sind derzeit etwa 715 Frachter mit 9,8 Millionen tdw unterwegs. Diese verteilen sich auf etwa 35 verschiedene Operateure. Die Tonnage sei relativ jungen Datums, das heißt, gut 70 Prozent der Frachter seien jünger als zehn Jahre. Wie in anderen Schiffssegmenten sei auch diese Sparte von einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gekennzeichnet. Das wiederum sei auch Ausdruck einer schwachen Weltkonjunktur. Die Marktsituation werde auch noch dadurch verschärft, dass in das MPP-Segment auch andere Tonnage-Bereiche drängten, so zum Beispiel die RoRo-Schifffahrt, aber auch Containerfrachter. Milschus rechnet daher nicht mit einer schnellen Markterholung zugunsten des MPP-Bereiches.
Justin Archard, Corporate Director (Commercial) der zum japanischen “K”-Line-Konzern gehörenden SAL Heavy Lift GmbH, ging auf die Besonderheit des „Super Heavy-Lift“-Bereichs ein, in dem SAL fest etabliert ist. Im Gegensatz zur MPP-Flotte ist die in diesem Marktbereich tätige Tonnage vergleichsweise überschaubar. So gibt es derzeit weltweit gerade einmal zehn Frachter, deren Krankapazitäten auf bis zu 2000 Tonnen Hebevermögen (in der Kombination) ausgelegt sind. Charakteris tisch für diesen Markt sei, dass die Vorlaufzeiten bis zur praktischen Transportdurchführung extrem lang seien. Denn so Archard: „Es geht um absolute Sicherheit. Nachlässigkeiten aufgrund von Zeitdruck sind im Wortsinne unverzeihlich und haben dann verheerende Konsequenzen.“ Der besondere Vorplanungsanspruch zeige sich für ein Unternehmen wie SAL zum Beispiel in dieser Zahl: 28 Ingenieure arbeiten für das Unternehmen weltweit. Archard hält es für möglich, dass es auch bei den Super-Schwergutschiffen noch weitere Leistungssteigerungen geben wird. Technisch sei das kein Problem.
Wolfgang Rose, Geschäftsführer der Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger GmbH & Co. KG, Bremerhaven, stellte die besonderen Leistungen der RoRo-Schifffahrt heraus. Eine Kernaussage lautete: „Bei 100 Tonnen ist noch lange nicht Schluss.“
Auch in diesem Segment wuchsen Schiffsgröße und damit auch Leistungsfähigkeit der Flotte in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten kontinuierlich an, berichtete Rose. Als spezialisierter Hafendienstleister habe sein Unternehmen bis heute eine Vielzahl von Verfahren, ergänzt um entsprechende Techniklösungen erarbeitet, um eine breite Vielfalt von Ladungsgütern im Wortsinne ins Rollen zu bringen. Die RoRo-Schifffahrt habe gerade im Projekt- und Anlagengeschäft große Chancen, so Rose. EHA