Lieferkette nicht „von der Rolle“

Der Hamburger Hafen ist auf den Umschlag von Papier und Papierprodukten spezialisiert, Foto: Hasenpusch

Hamsterkäufe statt haushaltsübliche Mengen: Das plötzliche Nachfragehoch sorgt derzeit in vielen Märkten für leere Toilettenpapier-Regale, Foto: Arndt
Im Hamburger Hafen werden rund acht Millionen Tonnen Pappe, Papier und Papierprodukte umgeschlagen, davon etwa 2,5 Millionen Tonnen im Import. Zumeist aus Schweden und Brasilien importiert wird Zellstoff, der unter anderem zur Herstellung von Hygieneartikeln wie Toilettenpapier verwendet wird – ein aktuell besonders gefragtes Produkt.
Auch wenn viele im Supermarkt seit Anfang März oft vor leeren Toilettenpapier-Regalen stehen, betont der deutsche Handel, dass es keine Lieferengpässe gibt. „Deutschland leidet also nicht unter Klopapiernot. Der Hafen, Produzenten, Lieferanten und Händler können die kurzzeitig gestiegene Nachfrage stillen“, betont Hafen Hamburg Marketing (HHM) mit Verweis auf den Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) und große Hygienepapier-Hersteller wie Wepa, mit 13 Werken einer der größten Produzenten Europas. Selbst Ausgangssperren und Grenzschließungen würden Warenverkehr und Versorgung nicht beeinträchtigen, heißt es in der HHM-Mitteilung.
Supermärkte und Drogerien bestellen Toilettenpapier normalerweise in längeren Abständen, da die Lagerkapazitäten in ihren Filialen begrenzt sind und Toilettenpapier nicht zu Waren wie Milch gehört, die besonders häufig gekauft werden. „Durch das plötzliche Nachfragehoch gerät die bedarfssynchrone Logistikkette durcheinander: Es kommt zu Verschiebungen“, erklärt Hamburg Hafen Marketing. Aufgrund seines geringen Gewichtes und Kaufpreises sei der Lkw-Transport von Hygienepapier erst bei kurzen Anfahrtswegen zum Verbraucher von bis zu maximal 500 Kilometern profitabel. Daher brauche es viele Produktionsstätten.
Bei Wepa laufen die Papiermaschinen 24 Stunden am Tag. Nach der Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitern habe die Versorgungssicherheit höchste Priorität, bekräftigt der Vorstandsvorsitzende. Essity, schwedischer Marktführer bei Hygienepapieren, versandte kürzlich innerhalb einer Woche über 66.000 Paletten Toilettenpapier aus seinem Werk in Mannheim. Auch im Zentrallager des mittelständischen Großhandelsunternehmen Bartels-Langness in Neumünster werde zurzeit im Zweischichtsystem und am Wochenende gearbeitet, um täglich 1500 Einzelhändler, Kioske und Tankstellen in Norddeutschland zu beliefern.
Der Verband Deutscher Papierfabriken warnt allerdings davor, dass bekannt gewordene Einschränkungen in der Altpapiersammlung der Kommunen zu Produktionsstörungen führen könnten. Denn Altpapier werde nicht nur bei der Herstellung von Verpackungen, sondern auch in großem Umfang bei der Produktion von Hygienepapieren eingesetzt. Die Herstellung von Papierprodukten, die für die Grundversorgung der Bevölkerung notwendig sind, sollte folglich als systemrelevant eingestuft werden, fordert die deutsche Papierindustrie. bek