LNG-Förderrichtlinie als Impulsgeber für die Branche

Wissensträger (v.l.): Siebe Rooijakkers (Damen Shipyards), Rüdiger Kruse (MdB/CDU), Tim-Oliver Frische, Hans. J. Gätjens (BV), Stefan Müller (MTU), Frank Schnabel (Schramm Group) und Jörg Kaufmann (BSH) mit dem Exemplar der dritten Ausgabe des LNG-Reports, Foto: Arndt

Zufrieden mit der Veranstaltung (v.l.): Dr. Daniel Chatterjee, Stefan Müller und Carsten Panke von der Firma MTU, Foto: Arndt

Ging auf die Pläne in Brunsbüttel ein: Frank Schnabel, Foto: Arndt

Ist in Hamburg bereits Normalität: Übergabe von LNG per Truck an Kreuzfahrtschiffe während der Hafenliegezeiten, Foto: Arndt

R. Kruse, Foto: Arndt
Die Bundesregierung verspricht sich von der neuen nationalen LNG-Förderrichtlinie einen entscheidenden Impuls für die Nutzung des als umweltfreundlich eingestuften Treibstoffs in der Schifffahrt.
„Die Kurve geht nach oben“, brachte es Rüdiger Kruse, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Hamburg, am vergangenen Donnerstag in der Hansestadt auf dem von der DVV Media Group beim BSH veranstalteten „LNG-Round Table“ auf den Punkt. Er fand zum dritten Mal in Folge statt. Ein Höhepunkt der von rund 100 Teilnehmern aus dem In- und Ausland besuchten Fachveranstaltung war die Präsentation des „LNG Reports“. Auch er liegt zum dritten Mal vor und stand unter der redaktionellen Federführung von Tim-Oliver Frische, leitender Redakteur der Verlagsgruppe und zugleich Moderator der Fachkonferenz. Redaktionelle Zuarbeit zu dem knapp 80-seitigen Werk leisteten die in der Verlagsgruppe erscheinenden Fachzeitschriften THB, DVZ (Deutsche Verkehrs-Zeitung) und Schiff & Hafen.
Kruse wies darauf hin, dass in einem ersten Schritt rund 30 Millionen Euro bereitstehen, sei es für die Nachrüstung von Bestandsschiffen oder für echte Neubauprojekte, die von vornherein für einen Flüssigerdgas-Betrieb vorgesehen sind. Kruse geht von projektbezogenen Zuwendungen in der Größenordnung von einer bis 1,5 Millionen Euro aus. Jetzt sei es an den Reedereien, entsprechende Vorhaben auf den Weg zu bringen. Doch nicht nur die sind gefordert. Auch Berlin muss noch liefern: Die Ausführungsbestimmungen zu der Richtlinie liegen derzeit nicht vor. Kruse erwartet, dass das „noch vor Weihnachten“ erledigt sein sollte. 30 Millionen Euro, das ließ Kruse allerdings auch durchblicken, seien jedoch zunächst der Anfang. Entwickelt sich eine rege Nachfrage, müsse über eine Aufstockung nachgedacht werden. Das jedoch müsse dann unter der neuen Bundesregierung beschlossen werden.
Und auch das hält der Bundespolitiker für sinnvoll: Die inhaltliche Erweiterung des Zuwendungsbereichs einer solchen nationalen LNG-Förderrichtlinie. Damit würde nämlich dem Trend zu intermodalen Transportketten Rechnung getragen. Erdgasantriebe seien schließlich auch für die Binnenschifffahrt oder auch für den Lkw-Sektor, dann als sogenanntes „CNG“ (Compressed Natural Gas), interessant. Letzteres betonte im Verlauf der Diskussion jedenfalls Axel Kröger. Geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Logistik-Gruppe Zippel Spedition. Das inhabergeführte Unternehmen definiert sein Kerngeschäft in der Organisation und Durchführung von intermodalen Transportketten mit dem Schwerpunkt Seehafen-Hinterlandverkehr. Sein Unternehmen verfolge eine klare ökologische Ausrichtung, weil die Kundschaft zunehmend danach verlange, so Kröger.
Dass die Einbeziehung von Binnenschiffen in eine staatliche LNG-Förderung bereits funktioniert, zeigten die Niederlande ergänzte Kruse. Die staatliche Begleitung von LNG-Projekten in der Schifffahrt decke jedoch nur einen Teil der damit verbunden Zusatzkosten ab. Der Löwenanteil sei durch die Unternehmen zu tragen, hob Dr. Hans J. Gätjens, Chef der in Hamburg ansässigen Deutschlandzentrale der Klassifikationsgesellschaft Bureau Veritas (BV) hervor. Das Unternehmen betreut aktuell knapp 30 Schiffe in der fahrenden Flotte, hinzu komme eine Reihe von Projekten. In Anspruch genommen werde der Fördertopf unter anderem durch die Betreiber von Containerschiffen, die im Rahmen von Feeder-Verkehren zum Einsatz kommen. Ein Segment, das im Zuge der seit 2009 währenden Schifffahrtskrise starken Schwankungen bei den Charterraten ausgesetzt sei. Ein deutsches Vorzeige-Projekt sei dabei die Nachrüstung des Bestandsschiffes „Wes Amelie“ der Reederei Wessels aus Haren/Ems, für das BV die technische Begleitung sicherstellte. Gätjens wörtlich: „Ohne die Förderung läuft so ein Umrüstungsprojekt nicht. Doch darüber hinaus muss für den Eigner auch die Charterrate stimmen.“ Damit LNG zu einem größeren Durchbruch kommen kann, müsse jedoch auch das Versorgungsnetzwerk ausgebaut werden. Das sei gerade für die Reedereien mit interkontinentalen Verkehren sehr entscheidend. Diese Aufgabe komme vor allem den großen Gas-Produzenten zu, stellte Gätjens fest. Eine wichtige Rolle spiele aber auch der Staat, zeigte sich im Verlauf der von Tim-Oliver Frische moderierten Diskussionsrunde. Immerhin gibt es in Deutschland allein über 700 sogenannte Behördenschiffe verschiedener Größe und Leistungsstärke sowie unterschiedlichen Alters.
Das herausragende Einzelvorhaben realisiert dabei das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg, Deutschlands höchste maritime Behörde. Kurz vor Weihnachten 2016 erfolgte durch den Bund die Bestellung eines Ersatzbaus für das rund 30 Jahre alte Forschungs-, Wracksuch- und Vermessungsschiff ‚„Atair“. Mit diesem rund 114 Millionen Euro teuren Neubau leite das BSH nicht nur die Erneuerung ihrer Spezialschiffsflotte ein, berichtete Jörg Kaufmann, Leiter Abteilung Schifffahrt beim BSH. Der auf der Fassmer-Werft entstehende Neubau sei auch das erste große, dem Bund gehörende Schiff, das von Anfang an für ein Dual-Fuel-Antriebskonzept ausgelegt sei. Immerhin: Die damit verbundenen Zusatzkosten belaufen sich auf gut ein Drittel der Gesamtkosten des Schiffes. Bis zur Auftragsvergabe vergingen am Ende knapp sechs Jahre berichtete Kaufmann. Nach derzeitiger Planung soll der Ersatzbau um 2020 abgeliefert und dann in Dienst gestellt werden. Die neue „Atair“ sei dann für die maritime Behörde der große Erfahrungsträger für weitere Ersatzbauten. Denn das steht für Kaufmann fest: Eine Nachrüstung der zur Bestandsflotte gehörenden Spezialschiffe komme für das BSH nicht in Frage, weil die Einheiten dafür zu alt seien und zudem nicht über den Platz verfügten, um die zahlreichen Zusatzaggregate unterzubringen. So beanspruche allein der Tank einen erheblichen Raum.
Für Frank Schnabel, Mitglied der Geschäftsführung der mittelständischen Hafen-, Logisitik- und Schifffahrtsgruppe Schramm Group aus Brunsbüttel, konzentriert sich jetzt alles darauf, das Großprojekt „LNG-Import-Terminal für Deutschland“ voranzubringen. Dafür sei Brunsbüttel der ideale Standort. Diese Sichtweise werde nicht nur durch die neue „Jamaika“-Landesregierung in Kiel getragen. Auch die Investorengruppe, bestehend aus den beiden niederländischen Unternehmen Gas unie und Vopak sowie der deutschen Firma Oiltanking, sehe das so. Mit einer Investitionsentscheidung rechnet Schnabel im Laufe des Jahres 2018. Die Inbetriebnahme des Terminals, der mit rund 500 Millionen Euro veranschlagt wird, könnte 2022 erfolgen. Zum Nutzerkreis gehöre neben der Schifffahrt auch die vor Ort verankerte Industrie, so Schnabel. EHA