Projekt Seidenstraße: Logistik profitiert

Die Hamburg Port Authority (HPA) sieht im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative der chinesischen Regierung noch mehr Potenzial als bislang für den Hamburger Hafen als Hub sowohl auf See- als auch Landseite.

Das hat der Vorsitzende der HPA-Geschäftsführung Jens Meier auf der Konferenz „Hamburg – Gateway zur neuen Seidenstraße“ unterstrichen. Schon heute ist China mit rund 2,6 Millionen (2016) an den Kaikanten umgeschlagenen Containern Hamburgs wichtigster Handelspartner. Und im gleichzeitig größten Hafenbahnhof Europas werden rund 47 Prozent des Hinterlandverkehrs über den Schienenweg transportiert (Modal Split: 42 Prozent Lkw, 11 Prozent Binnenschifffahrt).

Gleichzeitig steigt die Zahl der direkten Zugverbindungen zwischen Hamburg und China sowie den Zwischenstopps in Russland kontinuierlich an: Derzeit bestehen 177 wöchentliche Zugtransporte zwischen dem Hamburger Hafen und insgesamt 32 chinesischen Destinationen. Insgesamt werden 2000 Containerzugverbindungen pro Woche angeboten. Hamburg ist damit der stärkste Player im Markt.

Das setzt Maßstäbe und birgt ein großes Potenzial für Ausbau und Festigung der Kooperation mit China und Russland. „Hierfür sollten wir dringend alle Partner an einen Tisch holen, um dar über zu reden, wie wir die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Güterzugverbindungen zwischen dem Seidenstraßen-Hub Hamburg und Asien standardisieren können“, sagte Meier. Beispielsweise liegt die Maximalgeschwindigkeit der Güterzüge in der EU derzeit bei 400 Kilometern am Tag, weil unter anderem eine EU-Regulierung für Blockzüge fehlt, die ihnen ausreichend Überholmöglichkeiten bietet. Auch eine EU-weite Koordinierung von Baustellen könne zielführend sein, so Meier. „Außerdem ist es momentan noch so, dass an den Außengrenzen der EU viel Zeit verloren geht, weil die bis zu 65 Container fassenden Züge auf den russischen Breitspuren für den EU-Verkehr auf Blockzüge mit maximal 41 Vierzig-Fuß-Containern umgeladen werden müssen.“

Uwe Leuschner, Senior Vice President der DB Cargo AG, betonte: „Die Landbrücke zwischen Hamburg und China, die Container-Züge, sind ein reales Produkt, wo Menschen unterschiedlicher Kulturen schon heute einen Wirtschaftsraum Lissabon-Wladiwostok leben. Diese Brücke hat sich bereits als ein neuer Markt herausgebildet – und Hamburg ist angeschlossen.“ Es gehe um die Vernetzung der Welt. Für dieses Thema sei die Politik seiner Ansicht nach noch nicht genügend geöffnet, und Regularien aus Brüssel, wie beispielsweise die Vorgaben zur maximalen Zuglänge, verlangsamten diesen Prozess.

Schon lange sind den Kunden und Partnern die Stärken des Hamburger Hafens bekannt. „Aber zusätzlich können wir durch den stärkeren Ausbau der Bahnverbindungen zwischen Hamburg und China eine deutlich höhere Planungssicherheit in der Logistikkette gewähren, indem die Redundanz von Wasser-, Schienen- und Luftweg gestärkt wird“, so der HPA-Chef.

Durch seine Lage tief im Binnenland, die über Jahrzehnte optimierten Hinterlandverbindungen, seine Effizienz und Innovationskraft sowie den stetigen Ausbau von analoger und digitaler Infrastruktur sei der Hamburger Hafen prädestiniert als Knotenpunkt der neuen Seidenstraße – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.

Rund 70 Teilnehmer waren der Einladung von Hafen Hamburg Marketing (HHM) zu der Podiumsdiskussion gefolgt. Mitveranstalter des im Hafen Klub stattfindenden Events war neben der HPA auch das Netzwerk Business-International.org. „Was hat Hafen Hamburg Marketing denn überhaupt mit dem Gütertransport per Bahn auf der neuen Seidenstraße zu tun?“, griff HHM-Vorstand Axel Mattern eine oft gestellte Frage in seiner Begrüßung auf. Bevor auch Dr. Karin von Bismarck, Gründerin des Netzwerks Business-International.org, die Anwesenden begrüßte, führte Mattern aus: „Der Hafen ist Europas größte Logistikdrehscheibe und im Handel mit China der führende Hafenplatz. Zur Logistik des Standorts trägt im Zu- und Ablaufverkehr des Hafens der Bahnverkehr entscheidend bei.

Der Botschafter der Volksrepublik China in Berlin, Zhanguo Gao, beschrieb Hamburg als „Ort für Innovation und Logistik“. Er steht dem Konzept Seidenstraße, und den daraus geschlossenen Partnerschaften mit betroffenen Ländern, positiv gegenüber, sieht aber stetigen Ausbaubedarf. „Natürlich bringt das Projekt Seidenstraße auch Probleme mit sich, die angegangen werden müssen. Die Beteiligten können diese gemeinsam lösen und sich mit Wissen einbringen“, erklärte Gao. Im Endeffekt komme es auf Geduld und gute Zusammenarbeit an.

Die Herausforderung der Carrier liegt laut Carsten Pottharst, Managing Director InterRail Europe GmbH, in der Organisation der Warenströme. Dabei betont er die gute Zusammenarbeit mit der DB Cargo AG und greift auf ein aktuelles Beispiel zurück: „Unser neuestes Produkt bringt Container von China nach London. Der erste Zug ist Silvester 2016 in Yiwu gestartet und war nach 17 Tagen auf der Insel.“ Aufgrund geringerer Volumina stehe die Schiene laut Pottharst nicht in Konkurrenz zu der See, obwohl dem Bahnverkehr ein großes Wachstum bevorsteht. „In den nächsten fünf Jahren sehe ich den Transport aller Güterarten via Seidenstraße“, so Pottharst.

Von chinesischer Seite wird der Gütertransport auf der neuen Seidenstraße derzeit subventioniert. „Diese staatlichen Zuschüsse werden auch kritisch gesehen. Oftmals wird vermutet, dass bei Einstellung der Subventionen die Verkehrsangebote eingeschränkt werden“, weiß Nicolai Noeckler, Verantwortlicher der Geschäftseinheit Asien und Pazifik bei Trans Eurasia Logistics. Im Falle der Seidenstraße ermöglichten die Subventionen den Kick-off überhaupt erst, der chinesische Staat gab somit das Startsignal und schickte Güterzüge auf die lange Strecke. Eine Reduzierung der staatlichen Zuschüsse ist mit der Auslastung der Züge verbunden. Noeckler erklärte: „Der Westbound-Verkehr ist derzeit größer als der Eastbound-Verkehr, die Züge fahren zum Teil leer zurück. Wenn wir eine bessere Auslastung in beiden Richtungen erreichen, würden weniger Subventionen benötigt.“

Die Herausforderung für die beteiligten Personen aus allen Ländern sieht Karin von Bismarck in der Digitalisierung. „Begriffe wie Industrie 4.0 bündeln, was viele Menschen und kleine Unternehmen verunsichert. Das Neue und noch nicht ganz Greifbare ist einfach noch ein unkalkulierbarer Faktor, der die Beteiligten vor Herausforderungen stellt. Unsere Aufgabe ist es aufzuklären, welche Wege es gibt und wohin die Digitalisierung führt.“ Die neue Seidenstraße eröffnet der Logistik und den europäisch-asiatischen Transporten neue Perspektiven. Karin von Bismarck ist sich sicher, dass alle Bereiche profitieren werden. „Und da die Seidenstraße mit ihren Korridoren auf jeden Fall weiter ausgebaut wird, ob mit oder ohne Zustimmung der Unternehmen, sollten einfach alle das Beste daraus machen, ihre Chancen wahrnehmen und davon profitieren“, rät die Vorsitzende des Wirtschafts clubs Russland e.V.

Der Podiumsdiskussion, die von charakterPR-Inhaberin Melanie Graf moderiert wurde, schlossen sich Fragen aus dem Publikum an. Während des abschließenden Get-togethers konnten in persönlichen Gesprächen mit den anwesenden Experten Themen aus der Praxis besprochen werden. FBi

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