Schwedische Papierindustrie wechselt von Lübeck nach Kiel

Die ausgeprägte Volatilität auf den globalen Forstproduktenmärkten bekommt einmal mehr ein Hafen- und Logistikdienstleister empfindlich zu spüren.

Ab Mitte 2016 wird die Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) auf einen Schlag rund 650 000 Tonnen Papier an den Mitbewerber Kiel verlieren. Das Ladungspaket stammt von der schwedischen SCA AB (Svenska Cellulosa Aktiebolaget) und Iggesund Paper (Holmen Group). Die Mengen werden seit vielen Jahren über das in den 1990er Jahren neu gebaute Terminal Schlutup der LHG an der Mecklenburger Straße umgeschlagen. Die Anlage besteht aus einer überdachten Lagerfläche von 80 000 Quadratmetern (plus 20 000 Quadratmeter Vordächer), einer 230 Meter langen Kaifront, zwei RoRo-Pontons sowie gut 3,3 Kilometer Anschlussgleisen.

Für die LHG stellt diese Entscheidung einen schweren Rückschlag dar. Denn als Folge der Verlagerung der Logistik-Aktivitäten in den Ostuferhafen der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt verliert der LHG-Terminal Schlutup gut die Hälfte seines Mengenaufkommens. Damit sind die Jobs von gut 80 Mitarbeiter akut bedroht. „Wir haben noch am Mittwoch die Mitarbeiter über die auch für uns überraschende Entscheidung unterrichtet“, bestätigte LHG-Geschäftsführungsmitglied Prof. Dr. Sebastian Jürgens dem THB. Für die LHG entsteht damit binnen weniger Monate ein zweiter Brennpunkt. Denn auch am City-nahen Nordlandkai ist es durch die Verlagerung von gut 420 000 Tonnen Papier des finnischen Kunden UPM-Kymmene nach Ros tock zu einem Auslastungsproblem gekommen (THB 12. November 2014). Als substanzieller Kunde im Forstproduktensegment ist jetzt noch der schwedische Stora Enso-Konzern verblieben. LHG-Top-Manager Jürgens betonte gegenüber dem THB, dass man intensiv um den Fortbestand des Logistik-Kontraktes für das Terminal Schlutup gerungen habe. In Kiel freut man sich indes über den Zugewinn, wobei man sich noch sehr gut daran erinnert, dass auch Kiel in den frühen 1990er Jahren ein größeres Forstprodukten-Ladungspaket an den Mitbewerber Lübeck verloren hatte.

Die beiden schwedischen Unternehmen werden den Ostuferhafen ab dem Sommer 2016 regelmäßig gleich mit mehreren Schiffen anlaufen und dabei jährlich bis zu einer Million Tonnen Forstprodukte, Stückgüter und Rohmaterialien umschlagen. Von Kiel aus werden dann die Forstprodukte innerhalb Deutschlands sowie in zentral- und osteuropäische Märkte weiterverteilt.

„Der Seehafen Kiel hat mit großem Engagement ein Konzept entwickelt, das uns überzeugt hat, als wir zusammen mit Iggesund Terminalalternativen für den Umschlag der Frachtvolumen von Iggesund Paperboard und SCA Paper untersuchten“, sagte Magnus Svensson, Geschäftsführer von SCA Logistics.

Dr. Dirk Claus, Geschäftsführer der Seehafen Kiel GmbH & Co. KG kommentiert die aktuelle Entwicklung mit den Worten: „Dieses Projekt ist ein großer Erfolg für Kiel. Es bedeutet einen enormen Wachstumsschub für unseren Hafen.“ Der Hafen kann für das Neugeschäft im Wesentlichen auf bestehende Infra- und Suprastruktur zurückgreifen. Dazu gehört unter anderem der Liegeplatz Nr. 1 mit einer Länge von 400 Metern und einer durchgehenden Wassertiefe von zehn Metern. Er ist mit einer 2013 installierten, schwerlastfähigen RoRo-Rampe ausgestattet und verfügt über zwei Hafenkrane. An diesen Schiffsliegeplatz schließen sich zwei große Papierlagerhallen direkt an, die auch für Cellulose und Pappe nutzbar sind. Weitere Hallenkapazitäten will der Hafen bis Sommer schaffen. Während die Seehafen Kiel die Hafenanlagen und Lagerflächen zur Verfügung stellt, wird der Umschlag durch die Seehafen Kiel Stevedoring GmbH ausgeführt. Mit dem Kontrakt verbunden ist zudem die Schaffung von gut 50 neuen Arbeitsplätzen. Heftige Kritik an der Verlagerungsankündigung kommt von der Gewerkschaft Ver.di. Landesfachbereichsleiter Verkehr, Gerhard Mette, wirft in Medieninterviews der Landesregierung eine Mitschuld vor. Die Kritik wird seitens der Landesregierung entschieden zurückgewiesen. Dort verweist man auf mögliche negative Nachwirkungen der zahlreichen Arbeitskämpfe bei der LHG in den zurückliegenden Jahren (siehe

Frage der Woche

 

Seite 16). EHA

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