„Zukunftsentscheidungen jetzt fällen“

Ein Verband, eine Mannschaft und ein Traditionsfoto gleich zu Jahresbeginn: der Vorstand des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp) kurz vor dem Neujahrsempfang im Hamburger Übersee-Club. Es begrüßten die rund 150 Gäste v. l. . Reihe unten: Gert Tews, Axel Plaß, Stefan Saß, Thomas Hoyer. Reihe Mitte: Johan P. Schryver, Dierk Schulz, Willem van der Schalk, Friedrich Wendt, Bernd Themann. Reihe oben: Jürgen Tonak, Peter Vasilopoulos, Jens Sorgenfrei und Pay-Andres Lüders, Foto: VHSp

Hafen-Enthusiasten: Willem van der Schalk und Angela Titzrath (HHLA), Foto: VHSp

Auch als „Senator a. D,“ geschätzt: Frank Horch und Willem van der Schalk, Foto: Arndt

After-Dinner-Speaker Peter Vasilopoulos: Spediteur aus Überzeugung , Foto: Arndt

Stimmungsvoller Abend: Die Gäste genossen das intensive Tischgespräch, Foto: Arndt
Er ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Hafen-, Logistik- und Industriestandorts Hamburg: Der Verein Hamburger Spediteure (VHSp). Am Mittwoch lud er Spitzenvertreter aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik zum traditionellen Neujahrsessen in den Hamburger Übersee-Club.
VHSp-Vorsitzer Willem van der Schalk, 2018 in dieses Amt gewählt, freute sich auch in diesem Jahr wieder über ein volles Haus mit rund 150 Teilnehmern. Auch das ist unverzichtbar mit diesem gesellschaftlichen Top-Event verbunden: eine klare, unmissverständliche Positionierung eines der wichtigen Branchenverbände zur großen Politik, im Besonderen aber zum Geschehen im Stadtstaat Hamburg. Zum Programm und damit zur Menüfolge des Abends gehört auch das: ein interessanter After-Dinner-Speaker. In diesem Jahr fiel diese Aufgabe Peter Vasilopoulos von der Firma Alfons Köster & Co. GmbH und darüber hinaus VHSp-Vorstandsmitglied zu.
Als Ausdruck einer besonderen Wertschätzung für den Menschen, Macher und langjährigen Wirtschaftssenator wurde in diesem Jahr Frank Horch durch VHSp-Geschäftsführer Stefan Saß und durch Vorsitzer Willem van der Schalk mit launigen Worten besonders begrüßt. Da Horchs Nachfolger im Amte, Senator Michael Westhagemann, zu diesem Event terminbedingt nicht erscheinen konnte, repräsentierte Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhoff die Wirtschaftsbehörde.
Dass der Hafen für Hamburgs Speditions- und Logistikwirtschaft und für den Wohlstand in der 1,8 Millionen Einwohner zählenden Wirtschaftsmetropole von zentraler Bedeutung ist, betonte van der Schalk. Doch damit es so bleibt, müssen in den kommenden Monaten und Jahren wichtige Weichen gestellt werden. Oder wie er es sagte: „Wir müssen langfristig planen und auch handeln und uns besonders im Hamburger Hafen nicht von wichtigen Zukunftsentscheidungen abbringen lassen, sondern sie konsequent durchziehen.“
Und das sind nach Überzeugung des Branchenverbands die wichtigen Aufgaben. Beispiel eins: Die allgemeine Verkehrssituation auf dem Straßennetz des Stadtstaates. Dauerstaus gibt es sowohl auf den wichtigen über Hamburger Gebiet verlaufenden Fernstraßen als auch im nachgeordneten Straßensystem. Dabei tragen zu diesen Staus nicht nur der wachsende Wirtschafts- und Berufspendler-Verkehr bei, sondern auch und gerade eine Art Dauerbaustellen-Belastung, die das gesamte Stadtgebiet erfasst. In der Vergangenheit seitens der Hamburger Verkehrs- und Logistikbranche kritisiert und genauso oft seitens des Senats „vertröstet“ deutet sich eine Wende zum Besseren an. Denn Hamburgs neuer Wirtschafts- und damit auch Verkehrssenator Michael Westhagemann hat das Thema zur Chefsache erklärt. Noch kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres präsentierte er im Hamburger Rathaus ein besonderes Mobilitätsprogramm, das aus 25 Aktionspunkten besteht. Geht es nach Westhagemann, dann gibt es ab sofort nicht nur klare Zuständigkeiten und verbindliche Absprachen, sondern auch erste Ergebnisse bis zur Jahresmitte.
Beim VHSp kommt dieses entschlossene Handeln jedenfalls gut an. Van der Schalk: „Es geht darum, die Zugangswege zur Industrie, dem Handel und auch dem Hafen sicherzustellen.“ Auch und gerade bei der Politik müsse sich die Einsicht durchsetzen, dass „Staus nicht nur den Wirtschaftsverkehr beeinflussen, sondern auch die Entscheidungen unseres Personals für die Wahl der Arbeitgeber“.
Zum Themenkomplex Verkehrswege-Weiterentwicklung gehört für den VHSp auch, dass wichtige Infrastrukturprojekte vorangebracht werden. Dazu gehört zum Beispiel das Ersatzbauwerk für die in den 1970er-Jahren in Betrieb genommene Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen. Sie ist nicht nur die entscheidende straßenseitige Klammer für den östlichen und den westlichen Hafenteil, sondern spätestens seit dem Wegfall des Freihafenstatus zum 31. Dezember 2012 auch eine allgemeine Transitstrecke für den Wirtschafts- und den Pendlerverkehr. Täglich wird die Brücke dabei von rund 38.000 Fahrzeugen aller Art befahren. Eine Tagesmenge, für die dieses Bauwerk seinerzeit niemals ausgelegt war. Und das hat Folgen: Die Brücke wird voraussichtlich bis 2030 ihre technische Lebensdauer erreichen. Was bedeutet: Sie muss bis dahin ersetzt werden. Wie das am besten passieren sollte, dazu hat der VHSp auch eine klare Vorstellung: „Wir machen uns stark für einen Tunnel, und zwar ohne Fahrradwege.“
Einen wichtigen Allianzpartner hat Hamburgs Speditions- und Logistikwirtschaft dabei schon jetzt an ihrer Seite: den Hafen- und Terminaldienstleister HHLA, dessen Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath, ebenfalls Gast des Abends, sich bereits Anfang 2018 wiederholt für eine Tunnellösung ausgesprochen hatte. Ihre wesentliche Motivation: Damit entfällt unter anderem eine Limitierung nach oben hin, die die ganz großen Containerschiffe schon heute daran hindert, den Hochleistungs-Containerterminal CTA zu erreichen.
Auch das muss nach Überzeugung des VHSp entschieden werden: das künftige Aufgabenpaket der Hamburg Port Authority (HPA), dessen Chef, Jens Meier, ebenfalls zu den Gästen der Traditionsveranstaltung gehörte, muss unbedingt entkernt werden. Das auch vor dem Hintergrund knapper finanzieller Ressourcen.
Ein anderes wichtiges Thema ist aus Sicht des VHSp, dass sich ein Welthafen wie Hamburg das Heft des Handelns bei einem Zukunftsthema wie der „maritimen Seidenstraße“ nicht aus der Hand nehmen lassen darf. Ein Seehafen, der in der Vergangenheit besonders stolz darauf war, dass er der führende Fernost-Hafen in der europäischen Nordwest-Range ist. Dass es in den zurückliegenden knapp drei Jahren ausgerechnet dem im Binnenland gelegenen Duisburg in der öffentlichen Wahrnehmung gelungen ist, sich als Dreh- und Angelpunkt dieser maritimen Seidenstraße zu positionieren, ärgert van der Schalk: „Ich habe immer noch nicht ganz verstanden, welche handwerklichen Fehler von uns in Hamburg gemacht wurden, um uns das Zepter von Duisburg aus der Hand nehmen zu lassen.“ Der VHSp-Chef erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass „der erste Zug aus China in Hamburg bei der HHLA ankam“. Selbstkritisch fragt er heute: „Haben wir alle damals nicht daran geglaubt und uns innerlich gegen diesen neuen Weg gesperrt?“
Auf diese und weitere damit zusammenhängenden Fragen nach Antworten zu suchen und diese auch zu finden, könnte auch mit dem neuen Chef in der Wirtschaftsbehörde Westhagemann beherzt angegangen werden, hofft van der Schalk. Ermutigende Ansätze dafür gebe es jedenfalls. Dazu zählte der VHSp-Vorsitzer den von Westhagemann ebenfalls noch im Dezember auf den Weg gebrachten Dialog mit den verschiedenen Interessengruppen. Van der Schalk: „Es ist gut, diesen Dialog regelmäßig mit uns zu führen und dabei Dinge direkt zu besprechen und eben nicht über die Medien auszutragen.“
Mit etwas leichterer Kost wartete After-Dinner-Speaker Peter Vasilopoulos nach dem Hauptgang des Abendessens auf. Sein spannender Weg von einem einstigen „Spedi-Azubi“ hin zu einem erfolgreichen Logistik-Unternehmer wurde nicht nur aufmerksam verfolgt, sondern auch mit reichlichem Lachen begleitet. EHA