BSU rät: Lotsen in Echtzeit informieren

Reparatur oder Wiederaufbau? Das ist immer noch unklar, Foto: Wikipedia, Jan Oosterhuis

Die 100 Meter lange „Emsmoon“ zerstörte am 3. Dezember 2015 die Friesenbrücke bei Weener, Foto: Zech
Es muss ordentlich gerummst haben, als der Frachter „Emsmoon“ am 3. Dezember 2105 auf der Ems die Friesenbrücke bei Wee ner im Kreis Leer rammte.
Die längste Eisenbahn-Klappbrücke Deutschlands an der Bahnstrecke vom niederländischen Groningen nach Leer in Ostfriesland ist seitdem außer Betrieb. Die juristische Aufarbeitung des Unfalls dauert an, ebenso die Diskussion über einen Wiederaufbau. So hofft die Papenburger Meyer Werft statt einer schnellen Reparatur für veranschlagte rund 30 Millionen Euro auf einen Wiederaufbau mit breiterer Durchfahrt, damit neue Kreuzfahrtschiffe die Engstelle auf der Ems besser passieren können. Bauzeit und Kosten sind jedoch derzeit nicht absehbar.
Ursache der Kollision waren Fehler auf der Schiffsbrücke. Die Staatsanwaltschaft warf dem Kapitän (53) vor, entgegen den Vorschriften dem Lotsen (57) das Steuer überlassen zu haben. Zudem hätten ein Ausguck und ein Radarbeobachter gefehlt. Der Lotse wiederum habe nicht auf die Durchfahrtserlaubnis des Brückenwärters gewartet.
Inzwischen liegt dem THB dazu auch der abschließende Bericht der Hamburger Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) über die Havarie vor. Darin heißt es: „Die Kollision wurde durch einen beidseitig missverständlichen Funkverkehr zwischen Brückenwärter und Lotsen hervorgerufen.“ Der Lotse sei von einer Passage einer offenen Klappbrücke vor Durchfahrt des angekündigten Zuges ausgegangen. Dabei habe der Brückenwärter um 18.11.57 Uhr letztmals bekannt gegeben, dass die Züge um 18.23 und 18.38 Uhr fahren, und habe der „Emsmoon“ bestätigt, dass sie erst mal herankommen könne. Um 18.15.21 Uhr meldete sich der Lotse bei der Hochspannungsleitung, genau 1481,6 Meter (8 kbl.) vor der Brücke und fragte, ob er den Frachter so laufen lassen oder verlangsamen solle. Der Brückenwärter erwiderte darauf, dass der Zug drei Minuten später komme und um 18.25 bis 18.26 Uhr durchfahre. Darauf antwortete der Lotse, dass er das Schiff so weiter laufen lasse. Um 18.21.57 Uhr warnte der Brückenwärter die Schiffsführung, dass sie abstoppen müsse und die Brücke noch geschlossen sei. Unmittelbar darauf kam es um 18.23 Uhr zur Kollision. Die Sichtweite betrug 20 Kilometer bei mäßigen südlichen Winden. Trotzdem konnten die Schifffahrtssignale an der Brücke nicht rechtzeitig erkannt werden. Dahinter störten helle Lichter einer Fa brik mit ihren Dampfwolken an Backbordseite sowie die Decksbeleuchtung eines Baggers auf der Steuerbordseite des Flusses. Die Signaltafel an der Steuerbordseite der Durchfahrt wurde durch die Anstrahler des Brückenbauwerks empfindlich gestört.
Der Lotse führte den Sprechfunkverkehr mit der Verkehrszentrale und dem Brückenwärter, stand selbst am Ruder und bediente den Maschinentelegrafen. Der mutmaßliche Ausguck und der Wachoffizier befanden sich wahrscheinlich in den Brückennocken, um die Scheinwerfer für die Anstrahlung der Seezeichen auf der Ems zu bedienen, während der Kapitän sich möglicherweise an der Steuerbord-Radaranlage aufhielt, die sich in Reichweite des Maschinentelegrafen befindet. Diese Situation führte dazu, dass der Lotse den Sprechfunkverkehr über UKW sowie die Radarbildschirme nicht voll konzen triert verfolgen konnte. Es gab nur wenige Möglichkeiten, die Geschwindigkeiten zu variieren und die Ankunftszeit an der Friesenbrücke zu verzögern. Bei der gegebenen dreiminütigen Verspätung des Zuges hätte zur Zeit der Meldung um 18.15.21 Uhr an der genau 1481,6 Meter (8 kbl.) entfernten Hochspannungsleitung möglicherweise ein kontrolliertes Stranden im spitzen Winkel die Kollision mit der geschlossenen Brücke noch verhindern können. Ein Aufstoppen im Fahrwasser wäre nicht mehr möglich gewesen.
Da der UKW-Sprechfunkverkehr bei dem Unfall eine wesentliche Schwachstelle war, hat die BSU umfangreiche Sicherheitsempfehlungen an die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), die Reederei und Schiffsbesatzung sowie die Lotsenbrüderschaft herausgegeben. Es wurden die Vereinbarungen zwischen der WSV und Deutscher Bahn AG bemängelt, die durch Verfahrensanweisungen ersetzt werden sollten, in denen klare Prozeduren im UKW-Sprechfunkverkehr über den Status der Brücke sowie die Stellung der Si gna le enthalten sind. Es wird weiter empfohlen, feste Vor signale am Rand des Fahrwassers zu installieren und die Lotsen in Echtzeit auf ihren mobilen Computern über die Brückensignale zu informieren. Das Informationssystem der Verkehrszentrale Emden sollte so angepasst werden, dass in einer großmaßstäblichen elektronischen Karte eingezeichnete Bauwerke und Brückensignale eingezeichnet und überwacht werden können. Außerdem sollten die Warteplätze zwischen Papenburg und Emden fortlaufend ausgebaggert werden. Die Tragweiten der Brücken- und Schleusensignale unter Berücksichtigung von Störlichtern sollten veröffentlicht und die Beleuchtung der Brücken verbessert werden. Die verantwortlichen Wachoffiziere sollten nur in kurzen Phasen dem Lotsen die Ruder- und Kommandoelemente auf der Ems überlassen. Gegebenenfalls müsste in besonderen Situationen und abhängig von der Brückenausrüstung der Schiffe ein zweiter Lotse angefordert werden. FBi