„CSCL Indian Ocean“: Havarie wegen falscher Verkabelung

Sechs Tage nach der Havarie konnte die "CSCL Indian Ocean" freigeschleppt werden (Bild: Hasenpusch)
Eine falsche Verkabelung innerhalb des zusätzlich eingebauten Sicherheitssystems Safematic war Ursache für die Havarie der „CSCL Indian Ocean“.
Das geht aus dem Abschlussbericht hervor, den die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) jetzt veröffentlicht hat. Bei der Aktivierung des Systems sei die Ruderanlage blockiert worden. Warum Safematic ausgelöst wurde, konnte nicht nachgewiesen werden, heißt es in der Schlussfolgerung. Dafür würden im Voyage Data Recorder (VDR) „nicht genug Daten gespeichert“. Auch die Fehlerlogs der Maschinenraumcomputer hätten keine Ursache angezeigt. Ebenso wenig sei aufgezeichnet worden, ob die Schiffsführung die Ruder anlage nach deren Ausfall zu reaktivieren versuchte. „Wünschenswert wäre also, dass moderne Ruderanlagen ein eigenes Fehlerlog abspeichern, damit Fehler künftig besser ausgewertet und vermieden werden können“, so die BSU.
Ein Zusammenhang mit der Passage der Hochspannungsleitung im Moment des Ruderausfalls konnte nicht nachgewiesen werden. „Ein Einfluss muss als unwahrscheinlich gesehen werden, da keinerlei Kurzschluss- oder Brandspuren entdeckt wurden“, stellt die BSU dazu fest.
Für die Bergung des 19.000- TEU-Frachters mussten keine Container gelöscht werden, um den Tiefgang zu verringern. Sollte das in einem ähnlichen Fall notwendig werden, sei zu bedenken, dass es in Europa bislang nur einen Schwimmkran gibt, der die erforderliche Arbeitshöhe erreicht, um Container aus dieser überdurchschnittlichen Höhe zu löschen.
Empfehlungen für Klassifizierer
Die BSU spricht im Zusammenhang mit der Havarie meh rere Sicherheitsempfehlungen aus. Die Reederei China Shipping Container Lines (CSCL) sollte demnach ihre Schwesterschiffe dahingehend kontrollieren, ob dort die Safematic ebenfalls falsch verkabelt ist und ob die Kabel der Hydraulik-Locking-Anlage in einem Schaltschrank enden. Die China Classification Society als zuständige Klassifikationsgesellschaft sollte die regelmäßige Überprüfung der Safematic um ein Rudermanöver im Safematic-Modus erweitern. Dem Hersteller der Ruderanlage empfiehlt die BSU, die Technik mit einer internen Fehleraufzeichnung auszustatten. Vor diesem Hintergrund soll das Bundesverkehrsministerium (BMVI) der IMO vorschlagen zu prüfen, ob Solas durch eine entsprechende zu ergänzen ist. Und noch ein ganz allgemeiner Tipp an das BMVI: Es empfehle sich, die bestehenden Fachkonzepte zur Thematik „Havarien von Großcontainerschiffen“ ständig weiter zu entwickeln.
Die Havarie hatte sich Anfang Februar ereignet (THB 5. Februar 2016): Die unter der Flagge von Hongkong fahrende „CSCL Indian Ocean“ war auf der Reise von Felix stowe nach Hamburg, als vor Brunsbüttel die Lotsen wechselten. Auf der Brücke befanden sich neben den beiden Elblotsen der Kapitän, ein Wachoffizier, ein Rudergänger und ein Ausguck, als Alarm ertönte, der zunächst nicht zugeordnet werden konnte. Kurz darauf wurde klar, dass das Ruder nicht mehr reagierte. Der verantwortliche Lotse empfahl sofort „Stop engine“ und „Full astern“. Der Anker sollte gesetzt und das Bugstrahlruder aktiviert werden. Zwei entgegenkommende Fahrzeuge wurden informiert und konnten rechtzeitig ausweichen. Inzwischen war ein Besatzungsmitglied in den Rudermaschinenraum gelaufen und hatte dort die Ruderanlage neu gestartet. Die Ruder reagierten dann wieder, doch die nun angeordneten Manöver „Hart Steuerbord“ und „Halbe voraus“ zeigten keine ausreichende Wirkung mehr, sodass der Frachter südlich der Tonne 116 auf Grund lief.
Schleppversuche mit zunächst sechs und am fol genden Tag mit sieben Schleppern blieben erfolglos. Die Koordinierung des dritten Freischleppversuchs übernahm das Havariekommando. Nach umfangreichen Vorbereitungen gelang es knapp eine Woche, nachdem die „CSCL Indian Ocean“ auf Grund gelaufen war, das Schiff zurück in die Fahrrinne zu ziehen, sodass der Frachter seine Fahrt zum Hamburger Hafen fortsetzen konnte.
Erst 2015 abgeliefert
Die „CSCL Indian Ocean“ (IMO 9695157) war erst im vergangenen Jahr von der koreanischen Werft Hyundai Heavy Industries abgeliefert worden. Das 400 Meter lange und 59 Meter breite Schiff mit einer Tragfähigkeit von 184.320 tdw erreicht eine Geschwindigkeit von bis zu 18 Knoten und einen maximalen Tiefgang von 16 Metern. Zum Unfallzeitpunkt war der Carrier mit 6620 Containern beziehungsweise 92.177 Tonnen beladen – bei einem Tiefgang von 12,1 Metern.
Aufgrund des großen öffentlichen Interesses an der Havarie eines der größten Schiffe weltweit betont die BSU, „dass sich der Unfall nicht aufgrund der Größe des Frachters ereignete. Auftretende technische Störungen stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schiffsgröße, sondern können auf jedem Fahrzeug trotz aller Redundanzen von Anlagen und Überprüfungen vor Befahren eines inneren Reviers auftreten“, resümiert die BSU.
Auf diesen letzten Punkt hatte bereits die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Havarie der „CSCL Indian Ocean“ hingewiesen (THB 5. April 2016). In diesem Zusammenhang erwähnte die Regierung, dass in Kooperation mit der Bundesanstalt für Wasserbau, den Reedern, der Ha fenbehörde Hamburgs und den Seelotsen vorweg Simula tionen durchgefahren und zusammen mit theoretischen Risikoanalyseergebnissen be wertet worden seien. Dabei sei festgestellt worden, „dass die avisierten außergewöhnlich großen Fahrzeuge das Revier der Außen- und Unterelbe unter Einhaltung zusätzlicher Auflagen in einer schifffahrtspolizeilichen Genehmigung mit derselben Sicherheit befahren können wie die übrige Schifffahrt“. fab