DDR-Krane auch im Westen sehr gefragt

Das maritime Cluster in der früheren DDR war das, was man heute als „breit aufgestellt“ be- und umschreiben würde. Bestandteil dieses Verbundes waren zum Beispiel Hersteller von Umschlaggroßgeräten, Schiffsmotoren, Schiffspropellern und vielem mehr. Die DDR-Produkte waren erfolgreich und gefragt. Umschlagkrane etwa wurden in großen Stückzahlen in den einstigen Wirtschaftsraum des „Ostblocks“, den RWG (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe), aber auch nach Übersee in sozialistische „Bruderstaaten“ wie etwa Kuba geliefert. Auch im (ehemaligen) kapitalistischen Ausland fanden die Produkte ihre Abnehmer. Im Zuge der ab 1991 durch die eigens dafür gegründete, bundeseigene Treuhand Gesellschaft mit ihrer Zentrale in Berlin, fanden sich recht schnell Interessenten „aus dem Westen“ für die Übernahme der unterschiedlichen Firmen, die wiederum Bestandteil übergeordneter Kombinate waren. Im Teil 8 der THB-Serie anlässlich „30 Jahre Deutsche Einheit“, widmet sich Serien-Autor Thomas Schwandt diesem Themenkomplex der maritimen Wirtschaft.

Die DDR war schon sehr schnell nach ihrer Gründung 1949 gezwungen, auf eine eigene Produktion zu setzen, etwa wenn es um Haupt- und Hilfsmaschinen für See- und auch Binnenschiffe ging. Konzentriert war dabei die Motorenfertigung an den beiden Standorten Magdeburg und Rostock. Der Volkeigene Betrieb (VEB) Schwermaschinenbau „Karl Liebknecht“ (SKL) in der Industriestadt an der Elbe avancierte 1970 zum Stammwerk des Kombinates Dieselmotoren und Industrieanlagen. SKL produzierte Viertakt-Dieselmotoren im Leistungsbereich von 75 bis 540 PS. Diese Aggregate wurden in mehr als 40 Länder ausgeführt. Über 4000 Schiffe in der DDR waren mit SKL-Motoren ausgerüstet. Dazu gehörten auch sämtliche 26,5-Meter-Kutter der Sassnitzer Hochseefischerei, immerhin 50 an der Zahl. Bis zur Wende 1989/90 arbeiteten rund 9000 Beschäftigte – Sprachgebrauch Ost: „Werktätige“ – bei SKL. Nach der Wiedervereinigung und bereits erwähnter „Privatisierung“ durch die „Treuhand“ wurde das Unternehmen zerschlagen. Auf dem früheren Werksgelände etablieren sich zahlreiche neue Firmen. Einige führen dabei weiterhin das Kürzel SKL in ihrem Namen.

Im Gegensatz zu den Magdeburger Motorenbauern entstanden in den Werkhallen des Dieselmotorenwerks Rostock (DMR) seit Beginn der 1960er-Jahre Zwei-Takt-Kreuzkopf-Großdiesel. 1970 wurde dem DMR der VEB Eisenguß Waren, Hersteller von Schiffspropellern, angegliedert.

Das Unternehmen an der Müritz fertigt noch heute unter dem Label „MMG Mecklenburger Metallguss“ Propeller und ist mit seinen Erzeugnissen im weltweiten Spitzenfeld fest verankert.

In der ersten Privatisierungswelle der Treuhand in den 1990er-Jahren fiel das DMR an die Werft Bremer Vulkan AG. Deren Management schwebte damals die Gründung einer vielseitig aufgestellten „Großwerft“ vor. Doch die ehrgeizigen Expansionspläne nahmen kein gutes Ende. 1996 musst der „Vulkan“ Insolvenz anmelden. Ein Vorgang, der damals wie ein kleines Erdbeben wirkte. Das „Vulkan-Aus“ leitete in der Folge auch den Niedergang des Schiffbaus im kleinsten (gesamt-)deutschen Bundesland Bremen ein.

Drei Jahre nach dem „Vulkan-Aus“ übernahm die Caterpillar Motoren GmbH & Co. KG aus Kiel Teile des DMR. Bei Caterpillar Rostock in Warnemünde werden heutzutage moderne Schiffsaggregate gebaut, die als umweltschonende Dual-Fuel-Motoren ausgelegt sind, also auch mit Flüssiggas (LNG) betrieben werden können.

Großgeräte waren auch in der Hafenwirtschaft der DDR und des besagten RWG gefragt. Mit der wachsenden Handelsflotte und adäquat steigendem Umschlagvolumen benötigten etwa die verschiedenen Häfen in der DDR an der Ostsee, aber auch im Binnenland Kräne mit unterschiedlicher Leistungsstärke und technischer Spezifizierung.

Die einstigen Ardelt-Werke in Eberswalde nordöstlich von Berlin wurden nach dem Krieg wiederaufgebaut. Sie bildeten den Grundstock für den auch im Westen durchaus erfolgreichen VEB Kranbau Eberswalde. Hier war die Ausrichtung klar umrissen: Entwicklung und Bau von Hafenkränen. Den Ingenieuren gelang diese Aufgabe so überzeugend, dass sich die maritimen Umschlaggeräte aus Eberswalde fortan zu einem Exportschlager mauserten. Sie brachten damit wertvolle West-Devisen, auf die der DDR-Staatsapparat angewiesen war. In den 1970er- und 1980er-Jahren bestückten Häfen in aller Welt, darunter Rio de Janeiro, St. Petersburg (damals Leningrad) oder auch Hamburg, ihre Terminals und Umschlageinrichtungen mit technischem Equipment aus der „German Democratic Republic“ (GDR). Mehr als 3000 Beschäftigte sorgten nicht nur für einen guten Ruf des Eberswalder Engineerings, sondern auch dafür, dass heute noch zahlreiche Kräne von einst ihren Dienst versehen. Mehrfach in der Nachwendezeit privatisiert, gehört das inzwischen unter Kirow Ardelt GmbH, Niederlassung Eberswalde, firmierende Unternehmen zur Kranunion in Leipzig.

Das ungeschriebene Seemannsgesetz „Schmeckt das Essen, dann ist das gut für die Stimmung an Bord“, galt natürlich auch auf den Schiffen der ehemaligen DDR. Entsprechend besaß die Versorgung der Seeleute eine hohe Priorität bei der politischen Führung des Landes. Schließlich gehörten die Fahrensleute zu einer Berufsgruppe, der die Tore zur Welt offenstanden. Die Furcht im Machtapparat war daher durchaus groß, dass unzufriedene Seeleute bei Hafenbesuchen im westlichen Ausland verschwinden könnten. „Republikflucht“ wurde zu DDR-Zeiten hart bestraft.

Erfolgte in den Anfängen der DDR-Seefahrt die Ausrüstung und Versorgung der Schiffe noch dezentral, etwa über Großhändler und Konsumgenossenschaften vor Ort in den jeweiligen Häfen, so übernahm ab 1959 der neu gegründete „VEB Schiffsversorgung Rostock“ diese Aufgabe voll umfänglich. Die in Spitzenzeiten rund 700 Mitarbeiter der „SVR“ betreuten jährlich mehr als 8000 Schiffe, neben DDR-Plattformen auch fremdflaggige Schiffe.

Ein ganz besonderes Kapitel der maritimen Wirtschaft der DDR stellten die staatlichen Verkaufseinrichtungen für seemännisches Personal dar, die sogenannten Seemanns Shops. Sie waren zudem als „Duty Free Shop“ oder auch als „Basar“ ein Begriff. Diese „Staatsläden“ gab es in allen größeren Hafenstädten der DDR. In diesen Einrichtungen konnte „Hein Seemann“ mit einer einzigartigen „Währung“ einkaufen: den „Basarberechtigungsscheinen“. Um die Seeleute in westlichen Häfen finanziell nicht im Regen stehen zu lassen – die DDR-Mark war offiziell nicht konvertierbar – und auch um die Motivation für den Job fernab von Zuhause hochzuhalten, erhielt jedes Crewmitglied für jeden Tag auf See zu einem bestimmten Wert besagte Bezugsscheine oder auch „Valutahandgeld“. Die Höhe des Ersatzgeldes orientierte sich dabei am jeweiligen Dienstgrad.

Mit diesen Zahlungsmitteln konnten die Seeleute in den Spezialgeschäften dann jene Waren erwerben, von denen viele Menschen in der DDR nur träumen konnten. Die gute Milka-Schokolade war ebenso im Sortiment wie hochwertige Kosmetik oder begehrte Marken-Textilien aus Westproduktion.

Wohl dem Seemann, der nach Monaten auf See wieder in den „Familienhafen“ einlaufen konnte, „schwer beladen mit den Schätzen des Westens“. schw

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