Fährreeder streichen Tausende von Jobs

Immer gravierendere Einschränkungen im innereuropäischen Reiseverkehr zwingen Fährgesellschaften dazu, Routen einzustellen und in der Folge Personal im Land- und Bordbetrieb zu entlassen. Daneben ist auch die arbeitnehmerfreundlichere Variante gegeben: Mitarbeiter werden in den Zwangsurlaub geschickt beziehungsweise müssen etwaige Überstunden abbauen.

Vor besonders gravierenden Eingriffen stehen dabei nach den aktuell beim THB eintreffenden Informationen Reederei-Unternehmen in Skandinavien. Das Besondere: Es sind Länder, die eigentlich für besonders arbeitnehmerfreundliche und soziale Strukturen bekannt sind und somit auch gern als Vorbild herangezogen werden.

Den ersten größeren Paukenschlag in puncto Personalabbau führt die norwegische Reederei Color Line aus. Vor dem Hintergrund der in dem dünn besiedelten Land – 5,4 Millionen Einwohner – explodierenden Coronavirus-Fälle musste das in Oslo ansässige Unternehmen die Reißleine ziehen. Zum Hintergrund: Mit Stichtag 17. März waren landesweit über 1300 Menschen mit dem Virus infiziert und es lagen Meldungen über drei Sterbefälle vor. Die norwegische Regierung ordnete eine Schließung der Grenzen für Passagierverkehre und Einschnitte in das öffentliche Leben an. Der Güterverkehr ist aber ausgenommen.

Color Line, die beispielsweise zu den wichtigsten Reederei-Kunden in Kiel gehört und dafür zwei moderne RoPax-Fähren, ergänzt um eine Nur-Fracht-Fähre, einsetzt, hat vor dem Hintergrund entschieden, dass rund 2000 Mitarbeiter in den Zwangsurlaub geschickt werden. Zur Fracht: Vorerst fährt nur noch die Frachtfähre „Color Carrier“ (IMO 9132002) auf der Achse Kiel–Oslo. „Die Abwicklung des Schiffes im Hafen ist sichergestellt“, versicherte Ulf Jahnke, Sprecher des Kieler Hafens, dem THB auf Anfrage. „Wir sind arbeitsfähig und wollen es bleiben“, betonte er und verwies auf Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter, etwa in den Sozialräumen.

Zum Eingriff im Personalkörper stellte Color-Line-Chef Trond Kleivdal klar: „Die Beurlaubungen können kurzfristig aufgehoben werden, weil wir sicherstellen wollen, dass wir schnell wieder in Gang kommen, wenn die Behörden den Passagierverkehr zwischen Norwegen, Schweden, Dänemark und Deutschland wieder zulassen.“ Zum Hintergrund: In Norwegen erhalten Arbeitnehmer in einem solchen Fall für 20 Tage weiter ihren vollen Lohn, danach bekommen sie 80 Prozent.

Einen harten Einschnitt gibt es auch bei der schwedischen Stena Line als Folge der Covid-19-bedingten Zäsur im Passagierverkehr. In dem von Göteborg aus geführten Traditionsunternehmen fallen jetzt rund 950 Arbeitsplätze dem Rotstift zum Opfer, weil es zu „dramatischen Rückgängen“ (O-Ton) im Passagierverkehr mit Schweden, Dänemark, Polen, Deutschland und auch Lettland gekommen sei.

Bei den betroffenen Mitarbeitern geht es um Beschäftigte bei Stena Line Scandinavia AB. Der Abbau werde dabei sowohl seefahrendes Personal als auch Mitarbeiter in der Land-Organisation treffen. Im Einzelnen gehe es um neun Schiffe unter schwedischer Flagge. „Wir haben keine andere Wahl. Wir sind dazu gezwungen, unsere Operationen an die veränderten Marktbedingungen anzupassen. Wir müssen die Kosten senken“, so Niclas Mårtensson, CEO von Stena Line.

Auch die dänische DFDS-Gruppe sieht sich zu einem Personal-Cut gezwungen. Es geht um rund 600 Mitarbeiter, die ihren Job verlieren. Zudem zieht die Reederei auch das Auflegen von Tonnage in Betracht. Immerhin: Dänischen Medienberichten zufolge ist die Regierung in Kopenhagen entschlossen, der unverschuldet in Schieflage geratenen Schifffahrt über ein besonderes Maßnahmenpaket unter die Arme zu greifen. EHA/dpa

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