„Gorck Fock“-Kommandant holte tief Luft

Zupackend: Erfahrene Besatzungsangehörige auf der Back „Gorch Fock“ beim Verholen auf de Weser von Fassmer zu Lürssen. Schlepper „Greif“ ist Kopfschlepper, Foto: Eckardt

Heut geht’s an Bord: „Gorch Fock“-Crew bei Fassmer, Foto: Eckardt

Sein Schiff: Nils Brandt, Foto: Eckardt

Momentaufnahme: kurz vor dem Zu-Wasser-Lassen, Foto: Eckardt
Es ist geschafft: Das mit Abstand bekannteste Schiff der Deutschen Marine, die „Gorch Fock“, kommt wieder in ruhigeres Fahrwasser.
Der 30. Oktober 2019 wird im Schiffstagebuch der 1958 bei Blohm + Voss gebauten Dreimastbark einen besonderen Platz einnehmen: Denn an dem Tag wurde nicht nur der Weg für die Übernahme der mit der seit 2015 mit der Sanierung als Generalauftragnehmer befassten Elsflether Werft durch die Bremer Lürssen-Gruppe frei gemacht. Noch am gleichen Tag erfolgte, begleitet von einem größeren Medienaufgebot, auch die physische Übernahme des sich inzwischen in einem grünen Rumpfkleid zeigenden Seglers durch Lürssen.
Seit Ende Juni des Jahres hatte sich das der Ausbildung des Offiziersnachwuchses der Deutschen Marine dienende Schulschiff physisch, aber nur übergangsweise bei der Fassmer-Werft in der Unterweser-Stadt Berne befunden. Sie und den Lürssen-Standort Vegesack trennen gerade einmal gut 500 Meter.
Die Übergabe war sehr genau geplant worden. Dazu gehörte unter anderem auch, dass eine 30 Mitglieder starke Gruppe der Gorch-Fock-Kernmannschaft vor dem eigentlichen Verschleppen des Schiffes von Fassmer zum Lürssen-Standort an Bord des Schulseglers ging. Dabei fehlte ein Mann nicht, der in den zurückliegenden Monaten besonders intensiv Anteil am Schicksal des Segelschulschiffes genommen hatte: Kapitän zur See Nils Brandt. Er hatten am 28. Juni 2014, während der Kieler Woche, im Rahmen eines besonderen Zeremoniells, das Kommando über das Traditionsschiff von Kapitän zur See Helge Risch übernommen. Damals sagte er unter anderem, dass damit für ihn „ein lange gehegter Traum in Erfüllung“ gegangen war.
Das Verholen der Bark führten die beiden Assistenzschlepper „Greif“ und „Rönnebeck“ aus. Auf einer Freifläche der ehemaligen Hegemann-Werft soll der Großsegler dann bis Herbst 2020 wieder so hergerichtet werden, dass das Schiff der Deutschen Marine als Ausbildungs- und auch Repräsentationsplattform wieder zur Verfügung steht.
Die „Gorch Fock“ sorgte in den zurückliegenden vier Jahren im Zuge des zunächst einmal als unkompliziert eingestuften Reparaturauftrages bei der Elsflether Werft dann fortwährend für Negativ-Schlagzeilen. Denn es zeigte sich nach und nach, dass aus dem einfachen Reparaturauftrag immer deutlicher eine Generalsanierung wurde. Mit gravierenden Folgen: Die anfänglich kalkulierten zehn Millionen Euro reichten nicht mehr aus. Neue Kostenansätze folgten in Serie und pendelten sich schließlich bei 135 Millionen Euro ein. Das Schiff wurde damit zu einem Politikum erster Ordnung. Der Bundesrechnungshof meldete sich in Sachen „Gorch Fock“ ebenso zu Wort wie der Steuerzahlerbund. Letzterer forderte im Februar dieses Jahres sogar den Totalausstieg aus der Sanierung. Hieß damals: Abwracken. Zudem forderte der Verband damals, dass Deutschland den Bau eines neuen Schulschiffes prüfen oder mit anderen Staaten zusammen ein Schulschiff betreiben sollte. „Das alles wäre für den Steuerzahler günstiger“, so der Verband damals.
Auch diese Nachrichten sorgten damals für Aufsehen: Die ehemalige Führung der Elsflether Werft soll Millionen Euro, die für die „Gorch Fock“-Sanierung bestimmt waren, in dubiose Nebengeschäfte gelenkt haben. Zur unendlichen Geschichte gehörte dann auch, dass die Werft in Elsfleth Insolvenz anmelden musste. Unter anderem waren 130 Jobs gefährdet. Seit dem 30. Oktober ist jetzt vor allem der Blick wieder nach vorn gerichtet. Die erfolgreiche Lürssen-Werft-Gruppe erwarb für gut 3,5 Millionen Euro die Elsflether Werft. Alle Mitarbeiter werden übernommen.
Die Deutsche Marine will unbedingt an der Ausbildung ihres Offiziersnachwuchses auf einem Segelschulschiff festhalten. Vor allem auch deshalb, weil gerade auf einem Segler die angehenden Marineoffiziere und damit auch Menschenführer so am besten die besonderen Gesetze der See erlernen und verstehen können. Und: In der Marine ist man auch weiter fest davon überzeugt, dass ein Schiff wie die „Gorch Fock“ für junge Männer und Frauen, die vor der Berufswahl stehen, so etwas wie ein wichtiges Entscheidungskriterium dafür ist, zur Marine zu gehen. EHA/CE