„Irini“: Türkei spricht von „Belästigung“

Die im Rahmen der EU-Operation „Irini“ durch die deutsche Fregatte „Hamburg“ erfolgte Ladungskontrolle des türkischen Containerfrachters „Roseline A“ (IMO 9163984) bekommt eine immer größere, außenpolitische Dimension.

Am Mittwoch übte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in der Hauptstadt Ankara scharfe Kritik an dieser Kontrolle, die der Einhaltung eines UN-Waffenembargos diente. Wörtlich erklärte Erdogan: „Was haben sie (die Soldaten des deutschen Boarding-Teams, d. Red.) der zivilen Belegschaft angetan, nachdem sie das Schiff betreten haben? Sie haben sie leider belästigt.“ Das alles sei mit Videoaufnahmen bestätigt worden und werde an entsprechende Stellen weitergeleitet, führte Erdogan aus.

Am Dienstag hatte die EU-Kommission wiederum die türkische Regierung aufgefordert, sich aktiv an der Einhaltung des UN-Waffenembargos gegen Libyen zu beteiligen.

Deutschland beteiligt sich an der EU-Operation „Irini“ seit August mit der Fregatte „Hamburg“, des unter Führung des griechischen Kommodores Theodoros Mikropoulos (Jahrgang 1965) stehenden internationalen Verbandes. Er besteht derzeit unter anderem aus vier Kriegsschiffen aus Frankreich, Griechenland, Italien und Deutschland. Hinzu kommen verschiedenen Luftfahrzeuge und auch Satelliten.

Die Resolution 2292 aus dem Jahr 2016 fordert die Flaggenstaaten von verdächtigen Schiffen dazu auf, bei der Überprüfung von Schiffen mit den Kontrollinstanzen zu kooperieren, betont der Auswärtige Dienst in Brüssel ergänzend. Es sei nämlich das alleinige Ziel dieser offiziellen Kontrollen, so zur Einhaltung des Waffenembargos gegen den von einem verlustreichen Bürgerkrieg heimgesuchten nordafrikanischen Staat beizutragen.

Bei dem besagten Vorfall am Sonntagabend waren speziell für Boarding-Operationen geschulte Soldaten der „Hamburg“ (F 220) rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Stadt Bengasi an Bord des als verdächtig eingestuften Handelsschiffes gegangen, um die Ladung und die Dokumente zu kontrollieren. Stunden später legte die Türkei als Flaggenstaat ein Veto gegen die Durchsuchung des Frachters ein. Der Einsatz musste daraufhin abgebrochen werden.

In dem Bundeswehr-kritischen und in der Regel sehr gut informierten Internet-Blog „augengeradeaus.net“ wird der Vorfall im Mittelmeer sehr aufmerksam begleitet und auch durch entsprechendes Bildmaterial aus türkischen Quellen ergänzt. Blog-Autor Thomas Wiegand, der im Impressum der Seite seine Neutralität betont, kommentiert das Geschehen in seinem Bericht unter anderem mit diesen Worten: „Und damit ist die Deutsche Marine mitten im Informationskrieg zwischen der Türkei und Griechenland, aber auch zwischen der Türkei und der EU angekommen. Ein paar hundert Kilometer weiter östlich ist übrigens die Marine bei ihrer Ägäis-Mission mit der Fregatte ‚Brandenburg‘ (F 215) wiederum auf die Kooperation der Türkei angewiesen.“

Der Kommandant der jetzt in die Schlagzeilen geratenen „Hamburg“, Fregattenkapitän Jan Fitschen (42), hatte noch kurz vor dem Auslaufen ins Mittelmeer erklärt und damit im Nachhinein einen „guten Riecher“ bewiesen: „Wir stehen vor einem Einsatz, der in mehrfacher Hinsicht Schiff und Besatzung vor bisher unbekannte Herausforderungen stellen wird. Fregatte ‚Hamburg‘ wird die erste deutsche seegehende Einheit in der Operation EUNAVFOR MED ‚Irini‘ sein und sicherlich hier und dort auf schwierigem politischen und operativen Terrain Pionierarbeit leisten müssen.“

Der inzwischen laut AIS-Signal im libyschen Hafen Misrat liegende türkische Frachter wurde 1998 auf der P + S-Werft in Wolgast gebaut und als „Schwerin“ in Dienst gestellt. In den Folgejahrzehnten hatte das Schiff mehrere Namens- und Eigentümerwechsel. Aktuell gehört der Frachter nach THB-Recherchen der Firma Arkas Shipping & Transport mit Sitz in Izmir. EHA/dpa

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