Lehren aus „Glory Amsterdam“-Havarie ziehen

Die Aufarbeitung der Havarie der „Glory Amsterdam“ hat viele Defizite beim Schutz der Küste aufgezeigt, Foto: Hasenpusch
Der BSU-Abschlussbericht zur Havarie der „Glory Amsterdam“ ist eine „hilfreiche Quelle für den deutlichen Verbesserungsbedarf im deutschen Küsten- und Notfallschutz“. Das betonte jetzt Dieter Harrsen, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN).
Dabei sei es aus Sicht der SDN eher hinderlich für eine unabhängige Untersuchung gewesen, dass die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung und das Havariekommando demselben Ministerium unterstehen und derselbe Referent die Dienst- und Fachaufsicht ausübt. Schließlich sei es „dem verantwortlichen Havariekommando im Verlauf von insgesamt 12,5 Stunden nicht gelungen, erfolgreich auf eine Situation zu reagieren, die in der Seefahrt alles andere als ungewöhnlich ist und deren erhebliches Gefahrenpotenzial sowohl bordintern als auch extern frühzeitig erkannt worden war“. Scheinbar eindeutige Ursachen für das Scheitern seien „mit den unzulänglichen Englischkenntnissen des chinesischen Kapitäns der ‚Glory Amsterdam‘ und einer vermeintlichen baulichen Unzulänglichkeit des Notschleppers ‚Nordic‘ auch schon weit vor dem Unfallbericht publiziert worden“. Aus Sicht der SDN stellt sich die Frage, wie mit solchen oder ähnlichen Fällen künftig an der deutschen Küste umgegangen werden soll.
Eine der schon früh propagierten Hauptursachen für das Scheitern des Notschlepp einsatzes werde auch im Unfallbericht in einer „vermeintlichen baulichen Unzulänglichkeit des Notschleppers ‚Nordic‘ gesehen“. Demnach reiche die den vom Bundesverkehrsministerium herausgegebenen Richtlinien entsprechende Abwinschfläche für Hubschrauberversetzungen nicht aus, bei starken Schiffsbewegungen das Boarding-Team gefahrlos aufzuwinschen. Zudem fehle dem Schiff eine zweifelsfrei erkennbare Beschriftung oder sonstige Kennzeichnung als im hoheitlichen Auftrag agierendes Fahrzeug, wie es in anderen europäischen Ländern bei von privaten Reedereien gecharterten Notschleppern praktiziert würde. Aus Sicht der SDN wird „hier teilweise eine Scheindebatte“ geführt. Dass in den vielen Jahren zuvor, in denen die „Nordic“ Einsätze fuhr, dieses Problem scheinbar nicht bestand, werfe „einige zweifelnde Fragen auf, insbesondere zur Unabhängigkeit der BSU bei Ermittlungen im eigenen Hause“.
Einmal mehr zeigt sich nun auch in einem Bericht des BSU das „verworrene Zusammenwirken verantwortlicher Stellen in einem maritimen Notfall vor der deutschen Küste“, stellt der SDN fest. Das Havariekommando (HK) solle zwar im Falle komplexer Schadenslagen einerseits alle Maßnahmen des maritimen Notfallmanagements koordinieren, verfüge aber andererseits aufgrund seiner besonderen rechtlichen Stellung als gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer über keine eigenen Führungs- und Einsatzmittel. „Als ‚Kommando‘ war das HK ja noch nicht einmal in der Lage, direkt mit den am Geschehen Beteiligten zeitnah zu reden, den Havarieablauf aktuell zu beobachten oder gar einen eigenen Beobachter (OSC) an den Ort der Havarie zu schicken“, so der SDN.
Das SDN-Fazit: Der Küste bleibt auch 20 Jahre nach der „Pallas“-Havarie das sichere Gefühl, weiterhin durch von Menschen geschaffene Umstände hochgefährdet zu sein. fab