Lotsen kritisieren langsamen NOK-Ausbau

Das Reis-&-Curry-Essen des Lotsengesangsvereins Knurrhahn ist jedes Jahr im März der Höhepunkt des großen Treffens der Seelotsen in Kiel.
Auch diesmal hatten die sieben deutschen Lotsenbrüderschaften ihre Abordnungen zur Jahreshauptversammlung geschickt, um in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt über dringende Fragen des Seeverkehrs zu diskutieren. Dabei standen viele Themen auf der Agenda.
Die 750 deutschen Lotsen sorgen sich weiter um Nachwuchs und Infrastruktur. Die Verzögerungen bei der Vertiefung von Elbe und Weser und auch der schleppende Fortgang der Arbeiten am Nord-Ostsee-Kanal stehen da ganz oben. „Der Ausbau des Kanals ist lange beschlossene Sache“, sagte Frank Gülzow, neuer Vorsitzender des Lotsengesangverein Knurrhahn, der als Veranstalter des Reis-&-Curry-Essens den Schlusspunkt des Treffens markiert.
Unmut löse aber die schleppende Umsetzung aus.
Nachdem dafür schon heftige Kritik aus Dänemark an die Adresse der deutschen Politik und Verkehrsverwaltung kam, schlug der Lotse jetzt in die gleiche Kerbe. „Für uns und unsere Kunden ist nur schwer nachvollziehbar, warum die Instandsetzung der kleinen Schleusen in Holtenau zehn Jahre dauern soll. Anderswo werden in dieser Zeit ganze Kanäle gebaut“, erklärte Gülzow. Sämtliche Bauvorhaben auf dem Wasser hinken hinter dem Zeitplan zurück. Das Beispiel der neuen Seeschleuse von Ijmuiden zeige, dass es auch anders gehe. Die Anlage werde in nur drei Jahren gebaut. Dabei ist das niederländische Bauwerk deutlich größer als die fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel und auch technologisch anspruchsvoller. Der Spatenstich für die 5. Schleusenkammer in Brunsbüttel war 2012. Die Fertigstellung ist jetzt für 2020 geplant.
Besonders drückt der Schuh in diesem Frühjahr aber auch in Kiel. Von April bis Juli muss zusätzlich zu den beiden kleinen Schleusen auch noch eine der großen Kammern in Holtenau gesperrt werden. Baggerungen und Bauwerksuntersuchungen stehen dann an. „Um den Zustand der mehr als hundert Jahre alten Schleusenmauern zu ergründen, sollen etwa 1000 Löcher gebohrt werden. Mein erster Gedanke war: Jetzt wird die Sprengung vorbereitet“, sagt Gülzow mit einem Hauch Sarkasmus. Er und seine Kollegen fragen sich, ob es im 21. Jahrhundert nicht schonendere Varianten der Untersuchung gibt.
Kritik gab es auch an der Subventionspolitik der Bundesregierung für deutsche Reeder. Statt den Reedereien Subventionen über den Lohnsteuereinbehalt der Seeleute zu gewähren, schlug Gülzow vor, diese Vergünstigungen lieber den Seeleuten direkt zukommen zu lassen. Dabei berichtete er aus dem Alltag auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Da komme es vor, dass deutsche Offiziere teilweise für eine Monatsheuer von 1000 Euro fahren. In dem Zusammenhang wurde von den Lotsen Verständnis für die Bremer Reederei German Tanker Shipping geäußert, die im vergangenen Jahr aus Protest aus dem Verband Deutscher Reeder ausgetreten ist. Die Lotsen fordern eine Subventionierung der deutschen Schifffahrt unter stärkerer Einbindung deutscher Seeleute in die Besetzung der Schiffe.
Der in Rostock ausgebildete Kapitän (Jahrgang 1958) ist seit Januar neuer Vorsitzender des Lotsengesangvereins. Er löste Kapitän Helmut Bork ab, der im Dezember in den Ruhestand verabschiedet wurde. Bork hatte 20 Jahre den Lotsengesangverein mit seinen 220 Mitgliedern geführt.
Einen Wechsel gab es auch an der Spitze der Bundeslotsenkammer. Die Vertretung der 750 deutschen Lotsen hat jetzt eine Kieler Doppelspitze. Als Stellvertreter für den Vorsitzenden Hans-Herrmann Lückert wurde der Ältermann der Kieler Lotsenbrüderschaft NOK II, Kapitän Stefan Borowski, bei der Versammlung gewählt. Borowski folgt dem in den Ruhestand wechselnden Kapitän Christian Stubklev von der Lotsenbrüderschaft Wismar/Rostock/Stralsund. FB/FBi