„MSC Zoe“: Verbände fordern Konsequenzen

Der von der Bundesstelle für Seeunfall-Untersuchung (BSU) veröffentlichte Abschlussbericht zur Havarie der „MSC Zoe“ (IMO 9703318) vor eineinhalb Jahren im Seegebiet zwischen den Niederlanden und Deutschland (thb.info 25. Juni 2020) hat vielfältige Reaktionen hervorgerufen. Der THB fasst sie an dieser Stelle zusammen. 342 Container hatte der Box-Carrier im Sturm auf seinem Weg nach Bremerhaven verloren.

„Schifffahrt ist der sicherste Weg, Menschen und Waren zu transportieren“, betont Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder (VDR). „Seit Jahren sinkt die Zahl der Unfälle in der Schifffahrt. Vor diesem Hintergrund sollten wir die Empfehlungen der Untersuchung insbesondere im Blick auf die Lasch-Systeme nutzen, um im Rahmen der IMO die im Verhältnis zur Weltflotte kleine, aber steigende Zahl von ultragroßen Containerschiffen auch für solche Ausnahmesituationen noch sicherer zu machen“, erklärt Nagel. Eine entsprechende Empfehlung hatte auch die BSU in ihrem Fazit gezogen. Demnach müsse das Bundesverkehrsministerium auf die internationale Organisation einwirken, um das technische Regelwerk für Bau und Betrieb großer und sehr großer Containerschiffe anzupassen.

Laut VDR gingen gemäß einer Studie des World Shipping Council in den vergangenen Jahren weltweit durchschnittlich etwa 1500 Boxen pro Jahr über Bord von Containerschiffen. Das ist nach Meinung des VDR angesichts der im gleichen Zeitraum transportierten Menge von jeweils weit mehr als 100 Millionen TEU ein verschwindend geringer Anteil. „Wichtig ist für uns aber auch: manche haben ja vorab behauptet, es mache eben einen Unterschied, ob Seeleute oder Hafenarbeiter die Container laschen. Der Bericht ist hier eindeutig: das spielt in der Praxis keine Rolle“, so Nagel.

Auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) äußert sich zum BSU-Abschlussbericht, der mit den maritimen Fachbehörden aus den Niederlanden als ebenfalls betroffener Küstenstaat und den Flaggenstaat der „MSC Zoe“, Panama, abgestimmt wurde. „Wir begrüßen den Bericht der BSU. Die bereits aus der Politik geäußerte Forderung, Containerschiffe grundsätzlich von der deutschen Nordseeküste zu verbannen, lehnen wir ab. Längere Wegstrecken für die Schiffe schaden dem Wirtschaftsstandort Deutschland und der Umwelt“, erklärte Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des ZDS. Hintergrund: Die niederländischen Behörden hatten eine Warnung für ultragroße Box-Carrier ausgesprochen, das südliche Verkehrstrennungsgebiet nicht zu befahren. Dort würde die Gefahr von Grundberührung bestehen. Das BSU hatte festgestellt, dass es dafür keine ausreichenden Bewertungsgrundlagen für eine Entscheidung geben würde. Das nördliche Verkehrstrennungsgebiet sei zwar tiefer, bedeute aber einen Umweg und ähnliche Havarien seien auch dort nicht auszuschließen.

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) geht im Zusammenhang mit der Havarie von Folgen für die Lebensräume Wattenmeer und südliche Nordsee aus, die die Gebiete noch auf unabsehbare Zeit stark belasten würden. „Es darf nicht sein, dass die Sicherheit von Nordsee, Natur und Mensch den Bedingungen des Kommerzes ausgeliefert wird“, kritisiert Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der SDN, zu unkonkrete Aussagen im BSU-Abschlussbericht.

Der Verein bemängelt insbesondere den Punkt, ob eine mögliche Bodenberührung des Schiffes eine wesentliche Rolle für die Havarie gespielt habe. Die zuständigen deutschen Behörden wollten auf ein eindeutiges Votum im Abschlussbericht warten – und das gibt es nicht. Aus Sicht der Schutzgemeinschaft steht „in jeden Fall fest“, dass auf der Schifffahrts-Route acht Seemeilen vor der Küste und den ostfriesischen Inseln besondere Wind- und Wellenbedingungen sowie Tideverhältnisse zu beträchtlichen Eintauch- und Rollbewegungen großer Schiffe führen können. Und das bedeute, andere Schiffe ähnlicher Abmessungen könnten bei ähnlichem Wetter und Wellengang in eine vergleichbare Gefahrenlage geraten. Die SDN fordert deshalb „Prävention statt Reaktion“. Alle Möglichkeiten müssten ausgeschöpft werden, um künftig eine Havarie möglichst zu vermeiden. tja

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