Vorwürfe gegen Kapitän der „Glory Amsterdam“

Während die Ermittlungen zur komplizierten Bergung des Frachters „Glory Amsterdam“ vor Langeoog noch andauern, hat das Havariekommando schwere Vorwürfe gegen den Kapitän erhoben.

Dieser habe widersprüchliche Angaben zur Manövrier- und Fahrtüchtigkeit seines Schiffs gemacht und Schleppversuche mit seiner Mannschaft nicht optimal unterstützt, sagte der Leiter des Havariekommandos, Hans-Werner Monsees, am Dienstag in Hannover im Ausschuss für Häfen und Schifffahrt des Landtags. „Wir haben uns gesagt, irgendetwas ist da nicht in Ordnung auf dem Schiff.“

Entweder sei der chinesische Kapitän nicht ehrlich gewesen bei seiner Kommunikation mit den Behörden oder er habe die Lage nicht in den Griff bekommen. „Warum hat er nicht gleich gesagt, was los ist“, sagte Monsees. Möglicherweise habe der 48-Jährige auch Order seiner Reederei erhalten, sich so zu verhalten. Deswegen werde gegen den Kapitän auch ermittelt. Wie die Wasserschutzpolizei nach der Havarie mitgeteilt hatte, besteht der Verdacht, dass erste Bergungsversuche wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Schiffsführung scheiterten und das Schiff daher strandete.

Die „Glory Amsterdam“ hatte sich während eines Sturms am 29. Oktober von ihrem Ankerplatz losgerissen, war rund 12 Stunden über das Meer getrieben und schließlich rund zwei Kilometer vor Langeoog auf einer Sandbank gestrandet. Der Schüttgut-Frachter war zwar unbeladen, hatte aber fast 2000 Tonnen Treibstoff an Bord. Er konnte erst Tage später mit einem Ruderschaden nach Wilhelmshaven geschleppt werden. Seitdem gab es viel Kritik am Umgang der Behörden mit der Havarie und Spekulationen über Pannen bis hin zu einer möglichen Sabotage der Rettungsbemühungen durch die Besatzung des unter der Flagge Panamas fahrenden Frachters aus finanziellem Kalkül.

Mit Videobildern, die ein über der schäumenden Nordsee schwebender Hubschrauber aufzeichnete, führte der Chef des Havariekommandos den Abgeordneten die schwierige Ausgangslage für das Wegschleppen des Frachters vor Augen. „Das war eine deutliche Grenzsituation.“ Während Orkan „Herwart“ habe bis zu neun Meter hohe Wellen gegeben, das Bergungsteam habe nicht per Hubschrauber auf den Frachter gebracht werden können. Es habe Lebensgefahr für die Seemänner bestanden, außerdem habe ein Absturz des Hubschraubers gedroht. Die Videobilder zeigten auch den stark schwankenden Schlepper „Nordic“ unter dem Helikopter.

Um auch ohne ein Übersetzen des Bergungsteams mit einer Rettung zu beginnen, sei der Kapitän gebeten worden, Mitglieder der Besatzung aufs Vordeck zu schicken, sagte Monsees. Das sei zu gefährlich, habe der Kapitän abgelehnt. Die Videoaufnahmen zeigten aber, dass sich dennoch Seemänner an Deck bewegten. Diesen Widerspruch werde der Kapitän noch erklären müssen, meinte der Chef des Havariekommandos.

 

Später sei es dann von der „Nordic“ aus dennoch gelungen, eine Schleppverbindung zu dem treibenden Frachter herzustellen. Diese habe aber nur 45 Minuten gehalten, weil es der Besatzung nicht gelungen sei, die Rettungsleinen ordentlich zu befestigen. Der Schiffspoller, an dem die Leine befestigt war, wurde schließlich mit einem Stück Reling weggerissen.

Das von der niederländischen Bergungsfirma „Smit Salvage“ vorgelegte Konzept zum Freischleppen des Frachters sei vom Havariekommando geprüft und für sicher befunden worden, betonte Monsees.

Die ebenfalls kritisierte Dauer der Bergungsoperation selbst – das ließ Monsees durchblicken – sei von dem Unternehmen möglicherweise auch kommerziell motiviert gewesen. Bezahlt werde die Firma nach Aufwand und Einsatztagen. Obwohl ein Auseinanderbrechen des Frachters nicht gedroht habe, sei vorsorglich Ölbekämpfungsgerät auf die ostfriesischen Inseln gebracht worden, sagte der Chef des Havariekommandos.

Für eine Verbesserung der Havarievorsorge machte sich auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) stark. Sowohl die Abläufe als auch die technische und personelle Ausstattung des Havariekommandos müssten dringend verbessert werden, sagte Lies. Niedersachsen werde seinen Beitrag dazu leisten, der Bund müsse ebenfalls seinen Anteil leisten. dpa/fab

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