„Baggerarbeiten besser in Eigenregie durchführen“

Verdienen auf der Elbe und im Hamburger Hafen seit Jahr und Tag gutes Geld: die vor allem aus dem Benelux-Raum stammenden Firmen mit ihren Spezial-Baggerschiffen wie hier die „James Cook“ im Sommer 2018, Foto: Arndt

Briefautor Jürgen Grzeskowiak, Foto: privat
Seit gut einem Jahr sind Spezialschiffe damit beschäftigt, die Fahrrinnenanpassung der Elbe durchzuführen. Neben dieser Maßnahme müssen aber auch im Hamburger Hafengebiet und im Fluss Unterhaltungsbaggerungen durchgeführt werden. THB-Leser Jürgen Grzeskowiak, viele Jahre Technischer Leiter beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Cuxhaven, hat sich in einem ausführlichen Brief an den THB mit dem Thema kritisch auseinandergesetzt.
„Um nicht im Baggerschlick zu ersticken, zahlt Hamburg jährlich über 100 Millionen Euro Steuergelder. Tendenz: steigend. Der größte Teil geht an ausländische Unternehmen. Mehrere Gutachten und Analysen sprechen dafür, die Baggerarbeiten aus ökonomischer und ökologischer Sicht in „Eigenregie“ durchzuführen.
Hier bedarf es allerdings einer strukturellen Veränderung der Arbeitssysteme. Alleine die uneffektive Arbeitsweise der eingesetzten Laderaumbagger im Hamburger Hafen mit 20 Prozent Baggerleistung und 80 Prozent Transport-Revierfahrt zur Tonne „E3“ spricht für den schlechten Wirkungsgrad. Das heißt, für einen Bagger mit bis zu 33 Besatzungsmitgliedern im Schichtbetrieb müssen 75 Personen, einschließlich Vertretungen, mit einem Kostenaufwand von rund 4 Millionen Euro pro Jahr vorgehalten werden.
Kein Wunder, dass ein Törn von 15 Stunden 100.000 Euro kostet. Umgerechnet liegt der Preis einer Einsatzstunde bei rund 6700 Euro. Bei einem Laderaumvolumen von 14.500 Kubikmeter ergibt sich ein Preis von 6,90 Euro pro Kubikmeter gebaggertes und transportiertes Baggergut.
Im Gegensatz dazu hat der Unterzeichner im Juni 2018 der HPA (Hamburg Port Authority) vorgeschlagen, die Arbeiten in „Eigenregie“ durchzuführen.
Hierbei handelt es sich um den Einsatz von Bagger ohne Laderaum und Baggergut-Transportschiffen. Dabei liegt der Wirkungsgrad des Baggers bei rund 80 Prozent, wobei 20 Prozent für den Wechsel der Transportschiffe anfallen. Für die Geräte werden weit weniger Besatzungsmitglieder als auf einem Laderaumbagger benötigt.
Die Größenordnung der kleinsten Arbeitseinheit besteht aus einem leistungsstarken Bagger und einem Baggergut-Transportschiff von etwa 4000 Kubikmeter Laderaumvolumen. Je nach Entfernung zur Verbringstelle können bis zu 5 Transportschiffe in das System integriert werden. Entsprechend der Vielzahl der eingesetzten Transportschiffe liegen der gebaggerte und der transportierte Kubikmeter-Preis weit unter den jetzigen Ausgaben.
In einer „Fachtechnischen Stellungnahme“ der HPA im Juli 2018 hat diese dem Unterzeichner mitgeteilt, dass eine strukturelle Systemumstellung beziehungsweise die Arbeiten in Eigenregie aus wirtschaftlichen Gründen nicht umgesetzt werden. Die in diesem Schreiben aufgeführten realitätsfremden Argumente stießen dabei wegen der Unsachlichkeit und technisch nicht nachvollziehbaren Äußerungen bei Experten auf sehr große Verwirrung.
Ebenfalls sorgte das Auftreten des (langjährigen, d.Red.) hafenpolitischen Sprechers der CDU in der Hamburger Bürgerschaft, Ralf Niedmers, für Aufsehen, indem er bei der Chefin der Pella-Sietas-Werft mit identischen Bauplänen und Ideen, wie vom Unterzeichner und seinem Arbeitsteam entwickelt, vorstellig wurde.
Auf die Art und Weise dieses Vorgehens angesprochen, reagierte der Abgeordnete Niedmers damals nicht. Einerseits hält man bei der HPA das System für wirtschaftlich nicht geeignet, andererseits verwendet die Politik diese Vorschläge zu ihren Gunsten.
Auch dem (ehemaligen, d.Red.) FDP-Bürgerschafts-Abgeordneten Michael Kruse wurden diese Pläne über die möglichen Einsparungspotenziale im Juli 2018 übermittelt. Dieser ging jedoch ebenfalls auf diese Vorschläge nicht ein.
Schleswig-Holstein will nach Erfüllung der Hamburg zugestandenen Kontingentierung der Verklapp-Menge bei der Tonne „E3“ eine Zustimmung nicht weiter verlängern.
Sollte anschließend eine Verklappung des Baggerguts in die Ausschließliche Wirtschaftzone (AWZ) erforderlich werden, dann wird sich damit wegen des höheren Zeitaufwandes für die längere Revierfahrt der gebaggerte Kubikmeter-Preis spürbar erhöhen.
Nach der aktuell laufenden Elbvertiefung ist entsprechend der Historie mit einem höheren Aufkommen der Baggerarbeiten zu rechnen.
Diese Arbeiten verursachen dann weitere jährliche Kostensteigerungen, die dann zusätzlich vom Steuerzahler aufgebracht werden müssen.“ EHA
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