Beachtliche Leistungen an der Westküste

Matthias Hüppauff

Sind weiterhin ein prägender Teil der Regionalwirtschaft an der Westküste: die Fischereibetriebe, Fotos: Arndt (1), Wirtschaftsförderung Nordfriesland (1),
Von Dr. Matthias Hüppauff, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordfriesland
Abgesehen vom strategisch günstig gelegenen Elbehafen Brunsbüttel ist Hafenwirtschaft entlang des Wattenmeers eine herausfordernde Aufgabe – sind die natürlichen Voraussetzungen wie Gezeiten und Verschlickung doch sehr hinderlich. Das lässt vermuten, dass die Häfen eher von touristischer Bedeutung sind und der Inselversorgung dienen. Aber bei genauerem Hinsehen kann Schleswig-Holsteins Westküste beachtliche Leistungen vorwei sen.
Muscheln und Krabben
Zuerst die Erzeugerorganisation schleswig-holsteinischer Muschelzüchter e.V., eine Vereinigung von acht Betrieben, die um Sylt und Föhr heimische Miesmuscheln und Austern bester Qualität anbauen und in guten Jahren bis zu 6145 Tonnen Ernte einfahren. Der Verband verfügt über eine Flotte von acht Kuttern und weiteren kleinen Arbeitsschiffen und beschäftigt circa 150 Mitarbeiter. Die Muschelfa brik in Emmelsbüll-Horsbüll gehört zum niederländischen Fischereikonzern Royal Frysk und beliefert Gourmets in Belgien, Frankreich, Italien und Spanien. Positiv bewerteten die Muschelfischer die Gespräche mit dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) in Kiel zur Vertragsverlängerung mit dem Land Schleswig Holstein, die nach anfänglichen Schwierigkeiten in ein vernünftiges Vertragswerk mündeten. Zu den Muschelfischern kommen die Krabbenfischer, deren Flotte in der Deutschen Bucht mit 74 Kuttern und 231 Erwerbsfischern eine wirtschaftliche Größe für die schleswig-holsteinische Westküste darstellt. Überregional beherrschen diese Sparte niederländische Unternehmen (Heiploeg und Klaas Puul).
Um ein marktwirtschaftliches Gegengewicht gegenüber diesen starken Firmen zu bilden, haben sich die norddeutschen Fischer als Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer GmbH (EzDK) mit Sitz in Cuxhaven zusammengeschlossen. In 2013 erzielten die deutschen Krabbenfischer in den insgesamt 20 Häfen einen Rekorderlös. Der Jahresumsatz der EzDK lag bei rund 28 Millionen Euro.
Perspektive Offshore
Bereits in den frühen 2000er Jahren befassten sich die kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaften mit den Chancen der beginnenden Offshore-Planungen in der Nordsee für die Häfen an der Westküste. Mehrere Gutachten und Machbarkeitsstudien wurden erstellt. Verglichen mit manchen britischen Häfen wäre auch in Büsum, Husum, Hörnum oder gar Dagebüll vieles möglich. Schließlich wurden die Häfen schon mehrfach zur Verladung von 6-MW-Windenergieanlagen (WEA) genutzt. Allerdings sind die Kosten und die Hinterlandanbindung nicht zu vernachlässigen. So ist die reine Luft linien entfernung zu den Windparks zwar ein Argument, aber nicht das entscheidende. Cuxhaven, Bremerhaven und Helgoland haben aufgrund ihrer Wassertiefen und Infrastruktur bislang das Rennen gemacht und bauen weiter aus.
Husum dient heute für Windkraftzulieferer als Service-Stützpunkt und glänzt durch eine einzigartige Zusammenarbeit der Hafenanrainer. Senvion (vormals REpower) produziert direkt am Außenhafen von Husum circa 300 WEA pro Jahr. Die benachbarte ATR Landhandel GmbH & Co. KG hat ihre beiden Küstenmotorschiffe mit 2000 Tonnen Tragfähigkeit derart umgebaut, dass sie Futtermittel oder zwölf WEA-Gondeln transportieren können. In wenigen Jahren wurden so bereits über 3000 große WEA-Teile verschifft. Der Hafen Husum rangiert in der Statistik der transportierten Werte seitdem vor Flensburg. Weitere Kooperationspartner sind Raiffeisen HaGe, Schiffsmakler Wilhelm E.F. Schmid GmbH, Energiehandel Eggers, der Landesbetrieb für Küsten- und Naturschutz (LKN) sowie die Husumer Dock- und Reparaturwerft. Letztere hat pro Jahr rund 50 Schiffe im Dock, bis zu beachtlichen 135 Meter Länge. Alle zusammen beschäftigen derzeit 365 Mitarbeiter.
Sinn und Unsinn von Landes-/Bundeshäfen
Die meisten der genannten Häfen sind in Landes- oder Bundeseigentum. Regelmäßig treffen sich ihre Betreiber und Nutzer zum Austausch. LKN und Privatwirtschaft arbeiten mit sehr kurzem Draht zusammen – sicher eine Stärke der Region. Ein Verkauf der Landes- beziehungsweise Bundeshäfen an privatwirtschaftliche oder kommunale Betreiber wird gelegentlich diskutiert und wäre wohl auch im Sinne der Staatskassen. Die meisten Häfen dürften ein Zuschussgeschäft fürs Land bleiben, wenn man mit Vollkosten rechnet. Für die Nutzer überwiegen die Vorteile, wird so doch ein kostengünstiger Zugang zu regional wichtigen Logistikknotenpunkten gewährleistet. Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Aktuell steht der Bundeshafen „Hörnum“ auf Sylt zum Verkauf. Die Übernahme des Landeshafens Dagebüll durch die Hafengesellschaft Dagebüll vor 16 Jahren hat dazu geführt, dass er mit 1,7 Millionen Fahrgästen pro Jahr der drittgrößte Personenhafen Schleswig-Holsteins geworden ist und als „Tor zu den Inseln“ wahrgenommen wird. Perspektivisch kann damit gerechnet werden, dass die Personenschifffahrt an der Nordseeküste weiter zunehmen wird. Aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage erfreuen sich Urlaube in Deutschland großer Beliebtheit. Die Reedereien wie Wyker Dampfschiffs-Reederei (WDR) und Adler können mit wachsendem Personentransportaufkommen rechnen. Auch bleibt Sylt für Kreuzfahrer attraktiv.