Beirut: Maritime Wirtschaft schwer getroffen

Die „Vistamar“ wurde durch die Explosion beschädigt und ist gesunken, Foto: Hasenpusch

Die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ ist jetzt in Beirut im Einsatz, Foto: Deutsche Marine
Der Hafen von Beirut, eine wichtige Logistik-Drehscheibe für den Seeverkehr im nahen und mittleren Osten, fällt auf unabsehbare Zeit als Folge des verheerenden Explosions-Unglücks für die internationale Seeverkehrswirtschaft aus. Das zeichnet sich jetzt ab, nachdem unter anderem auch immer mehr Reedereien berichten, was die Explosion von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat für ihre Aktivitäten bedeutet.
Als gesichert gilt, dass weite Teile der Hafeninfra- und Suprastruktur irreparabel zerstört sind. Große Lagerkomplexe sind durch die Druckwelle regelrecht weggeblasen worden. Der bislang das Hafenbild prägende große Getreidesilo, in dem bedeutende Mengen des im Land benötigten Brotgetreides gelagert waren, ist zerstört. Die Getreidemengen sind verdorben, es besteht Einsturzgefahr. Dort, wo einst das bereits früher von den Behörden als unsicher eingestufte Lagerhaus stand, klafft ein riesiger Krater, der sich mit Wasser aus dem Hafen gefüllt hat. Die Verwüstungen im Beiruter Hafen könnten sich nach Angaben der Vereinten Nationen auch auf die Lage vieler Menschen im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien auswirken. Der Hafen wurde bisher zum Umschlag von humanitären Hilfsgütern genutzt, sagte ein UN-Sprecher.
Die Detonation stellt auch die Schifffahrt mit Stützpunkten in dem Ort am Mittelmeer vor Herausforderungen. So wurde das Büro von Hapag-Lloyd komplett zerstört, das von CMA CGM schwer beschädigt. Die französische Reederei meldet unter ihren 260 Mitarbeitern im Libanon zwei Verletzte und einen Vermissten und sicherte der Regierung umgehend Unterstützung zu. Ihr 11.400-TEU-Carrier „Lyra“ war 1,5 Kilometer vor der Küste außerhalb des Bereichs der vernichtenden Druckwelle.
Neben mehreren Frachtern direkt im Hafen wurde durch die Druckwelle der Detonation auch das Kreuzfahrtschiff „Vistamar“ (IMO 8701193), das als „Orient Queen“ im Hafen von Beirut lag, beschädigt. Das 1989 gebaute Kreuzfahrtschiff sank schließlich am Mittwochabend, zwei Besatzungsmitglieder sollen dabei ums Leben gekommen sein. Das Schiff von Abou Merhi Cruises lag nur 500 Meter vom Explosionsort entfernt.
Nach der Explosion des Ammoniumnitrats am Dienstagabend in einem Lagerhaus im Hafen von Beirut wurden die verantwortlichen Mitarbeiter der Hafenverwaltung durch das Militär unter Hausarrest gestellt. Man wolle klären, ob sie für das Unglück mitverantwortlich seien, hieß es. Wie berichtet (thb.info 5. August 2020) war die Chemikalie an Bord des Frachters „Rhosus“ (IMO 8630344) nach Beirut gekommen. Nachdem die Behörden das Schiff wegen zahlreicher Mängel in die Kette gelegt hatten, wurde die Ladung in das Lagerhaus gebracht. Dort kam es durch einen Brand in einer angrenzenden Feuerwerkfabrik zu der verheerenden Explosion.
Die Bundeswehr bereitet sich unterdessen auf einen größeren Hilfseinsatz vor. Die Bundesregierung hat dem Libanon einen Luftwaffen-Airbus A-310 MedEvac zum Transport Schwerverletzter angeboten, außerdem machte sich die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ von Zypern aus auf den Weg, um den Rettungskräften vor Ort als schwimmende Kommunikationszentrale zu helfen. Das Luftlanderettungszentrum ist alarmiert, die Einheit könnte innerhalb von 96 Stunden in Beirut eine Sanitätsstation in Betrieb nehmen. Der Militärattaché der deutschen Botschaft in Beirut steht in engem Kontakt mit den libanesischen Streitkräften. tja