Deutsche Reeder wollen mehr Logistik

Zehn Jahre nach dem Ausbruch der Banken- und dann der Schifffahrtskrise gewinnt in den Kontorhäusern der deutschen Reedereien wieder Zuversicht die Oberhand.

In den Unternehmen glaube man mehrheitlich daran, dass die Nachfrage nach Schiffstransporten in absehbarer Zeit wieder ein Niveau erreichen werde, das „man vor der Schifffahrtskrise 2008 gewohnt war“, sagte Claus Brandt, Leiter des maritimen Kompetenzzentrums der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, am Donnerstag in Hamburg. Brandt und sein Team präsentierten die 10. Reederstudie in Folge.

Im Rahmen der diesjährigen Befragung von Entscheidungsträgern wurde als Sonderaspekt auch die US-Außenhandelspolitik unter Präsident Donald Trump behandelt. Brandt dazu: „Viele Reeder befürchten, dass ein eskalierender Handelsstreit die weltweite Arbeitsteilung und die damit verbundenen Warenströme nachhaltig beeinträchtigen könnte.“ Aktuelle Strafzölle der USA, Gegenmaßnahmen der EU und Chinas sowie Sanktionen und Handelsbeschränkungen bedrohten aus Sicht der Branche den freien Welthandel und damit auch die Unternehmen selbst. Doch „unabhängig von aktuellen Handelskonflikten erwartet eine Mehrheit der Reeder weiterhin langfristiges Wachstum“, führte Brandt weiter aus, um zu ergänzen: „Zwei Drittel sind der Ansicht, dass der Welthandel auf einen stabilen Wachstumskurs einschwenken wird.“

Was den Beschäftigungsgrad der von deutschen Reedereien unterhaltenen beziehungsweise gemanagten Frachter betrifft, „berichteten neun von zehn Reedern von ausgelasteten Flotten“, so Brandt. Die Mehrheit wolle weder Schiffe verkaufen noch verschrotten. Der Experte: „Nach Jahren der Konsolidierung gibt es in der Branche einige Hoffnungsschimmer, wenn auch zarte.“

Brandt verwies darauf, dass die deutsche Flotte durch die lange Schifffahrtskrise deutlich geschrumpft sei. Bei der letzten offiziellen Veröffentlichung vor einem Jahr umfasste sie noch rund 2700 Schiffe, das sind etwa 1000 weniger als zu den besten Zeiten. Brandt kann sich vorstellen, dass der Trend in Richtung von 2000 Einheiten geht.

Was das in der Vergangenheit äußerst emotional besetzte Thema „deutsche Schiffe unter deutscher Flagge“ betrifft, dominiere inzwischen in den Firmenzentralen eine nüchterne Betrachtung. Ein Grund für Brandt: der Generationswechsel im Management. Die jüngeren Entscheider seien stark durch das Zusammenwachsen Europas geprägt. So könnten sich aktuell 40 Prozent der Befragten vorstellen, dass „die deutsche Flagge in absehbarer Zeit sogar durch eine europäische Flagge ersetzt wird“.

Auf der anderen Seite betonten die verschiedenen Gesprächspartner, dass sie als besonderen Wert einer deutschen Flotte den Erhalt des vorhandenen maritimen Know-hows für den Schifffahrtsstandort Deutschland sehen. Auch vor diesem Hintergrund wollten gut 58 Prozent der befragten Reedereien in mehr Personal investieren, an Land wie an Bord.

Zu den wichtigen, mittelfristigen Kursanpassungen gehört, dass sich Reedereihäuser sehr intensiv mit neuen Geschäftsfeldern beschäftigen, und zwar auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Es gelte, die Wertschöpfungskette zu verlängern etwa durch die Einführung von Logistikdienstleistungen. Brandt: „Wer als Reeder zukunftsfähig bleiben will, erweitert sein Leistungsspektrum.“ Das gelte im Besonderen für die großen Reedereihäuser. EHA

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