Deutschland braucht starke Handelsflotte



Mit einem klaren Bekenntnis zu einem leistungsstarken maritimen Standort Deutschland begeisterte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) die rund 320 Teilnehmer beim diesjährigen Spitzenessen des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) in Hamburg.
Albig fiel bei dem „Reederessen“ die Rolle des traditionellen Gastredners zu. Dabei stellte der in Bremen geborene, amtierende Chef der Kieler Landesregierung her aus, wie stark die maritime Wirtschaft auch seinen eigenen Lebenslauf mit beeinflusst habe: vom Großvater, der zur See fuhr, über seinen Vater, der in der Deutschen Marine diente, bis zu seinem Sohn, der beim Kieler Schifffahrtsunternehmen Sartori & Berger eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann absolviert und diese im vergangenen Jahr als Landesbester in Schleswig-Holstein abgeschlossen habe.
Albig ging intensiv auf die weiterhin schwierige Lage von großen Teilen der deutschen Handelsschifffahrt ein, was ihn sehr bedrücke. Dabei hätten gerade die deutschen Küstenländer und der Bund an verschiedenen „wichtigen Stellschrauben“ gedreht, um den vor allem mittelständisch geprägten deutschen Reedereien wirksam unter die Arme zu greifen. Albig nannte hier beispielhaft den hundertprozentigen Lohnsteuereinbehalt für Seeleute oder den Beibehalt der Tonnagesteuer. Auch das ist Bestandteil des Gesamtpaketes: die Entwicklung eines Lösungskonzeptes rund um die mehrere Milliarden Euro umfassenden, notleidenden Schiffskredite bei der HSH Nordbank. Es komme darauf an, das Gesamtproblem geordnet im Sinne einer Marktstabilität zu lösen.
Albig stellte wiederholt klar, dass ein in besonders hohem Maße von einem funktionierenden Seehandel abhängiges Land wie Deutschland auch in Zukunft auf eine starke Handelsflotte angewiesen sei. Der Ministerpräsident wörtlich: „Ich kann mir kein Deutschland vorstellen, das am Ende ohne eine eigene Flotte dasteht.“ Und auch das ist für Albig klar: Auch wenn allerorten von und über die Chancen der Digitalisierung gesprochen wird, komme die Weltgemeinschaft ohne einen physischen Seegüterverkehr nicht aus. Der Ministerpräsident: „Ich glaube nicht dar an, dass alle Turnschuhe in Zukunft nur noch von 3-D-Druckern produziert werden.“
Zu einem starken maritimen Cluster in Deutschland gehört für Albig auch eine weiterhin am Weltmarkt erfolgreich agierende Werftindustrie sowie eine facettenreiche und leistungsfähige Hafenwirtschaft. Ausdrücklich sprach er sich auch vor den Reedern noch einmal für die Fahrrinnenanpassung der Elbe aus. Denn sie sei der Garant dafür, dass Hamburg seine Rolle als Deutschlands größter Universalhafen erfolgreich erfüllen könne. Albig wörtlich: „Auch für Schleswig-Holstein ist Hamburg unser Tor zur Welt.“
VDR-Präsident Dr. Alfred Hartmann wertete das Bekenntnis Albigs zu einem starken maritimen Standort als „eine der besten Reden, die ich dazu seit langem gehört habe“. Auch Hartmann stellte noch einmal die schwierige Lage vieler deutscher Schifffahrtsunternehmen heraus. Der VDR-Präsident und zugleich Chef einer erfolgreichen Reederei: „Seit 2012 haben wir rund 25 Prozent der Schiffe vom Standort Deutschland verloren – immerhin rund 1000 Schiffe.“ Damit sei auch der Verlust von gut bezahlten Arbeitsplätzen an Bord und an Land einhergegangen.
Auch Hartmann lobte und dankte zugleich für den Einsatz der deutschen Politik, um den Verlust des maritimen Know-hows aus der Schifffahrt aufzuhalten. Dieser Einsatz bewirke, dass die deutsche Flagge und damit auch die Beschäftigungsperspektiven für deutsche Seeleute gestärkt würden“. EHA