„Größe allein kann nicht alles sein“

Die globale Schifffahrtsindustrie ist von einer nachhaltigen Erholung weiterhin noch ein großes Stück entfernt.

„Wir haben es mit der längs ten Schifffahrtskrise zu tun, die es je gegeben hat“, stellte Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg, am Dienstag zum Auftakt des 5. Hamburger Schifffahrtsdialogs vor den rund 350 Gästen der maritimen Verbundwirtschaft fest. Das Symposium wird dabei neben der Handelskammer auch von der Hamburger Wirtschaftsbehörde, dem Bundeswirtschaftsministeri um (BMWi), dem Verband Deutscher Reeder (VDR) sowie dem Zentralverband der Deutschen Schiffsmakler (ZVDS) getragen.

Melsheimer erinnerte daran, dass im Jahr 2012, als diese Fachveranstaltung erstmals ausgerichtet wurde, Schifffahrtsexperten noch von einer Branchenerholung bis 2014 ausgingen. Diese Einschätzungen hätten sich leider nicht bestätigt, stellte Melsheimer fest. Die Folgen dieser Branchenschwäche seien allerorten zu erleben, wie er selbst im Rahmen eines kürzlich erfolgten Besuches in Dubai erfuhr. Besorgniserregend sei, dass vor allem die kleinen und mittelgroßen Reedereien inzwischen immer häufiger an die Grenzen ihres finanziellen Spielraumes stießen und beispielsweise angesichts weiterhin unzureichender Charter- und Frachtraten Mühe hätten, ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit fremdfinanzierten Schiffen nachzukommen.

Doch auch für die sogenannten Branchenriesen werde die Luft inzwischen dünner. So sei derzeit der Trend zu weiteren Fusionen oder Übernahmen zu beob achten. Er habe allerdings Zweifel, ob Größe allein die Antwort auf die Lösung der Branchenprobleme sei. Melsheimer beschrieb sein Gefühl mit dem Sprichwort: „Man sagt, wenn zwei Kranke ins Bett gehen, steht kein Gesunder auf.“

„Schmerzen“ bereitet Melsheimer auch die weiterhin ausbleibende Fahrrinnenanpassungen von Unter- und Außenelbe. Ein Projekt, das für ihn auch über die Zukunfts- und langfris tige Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens entscheidet. Von der Antragstellung zur Vertiefung beziehungsweise Verbreiterung in Teilbereichen seien bis heute gut 15 Jahren vergangen. Er stelle sich schon die Frage, ob am Ende Juristen das alleinige Sagen zu diesem Thema haben sollten. Als „Lichtblick“ bewertete Melsheimer hingegen den kürzlich vorgelegten Entwurf zum neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP). Hier seien immerhin zentrale, gerade auch für den Seehafenhinterlandverkehr relevante Projekte der höchsten Prioritätsstufe zugeordnet worden. Der Kammerpräses nannte beispielhaft den Bau der Autobahn A26-Ost. Auch bei den für den Hamburger Hafen wichtigen Schienenverkehrsanbindungen würden im Wortsinne bedeutende Weichenstellungen für die Kapazitätserweiterung gestellt.

Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch verwies auf das starke Engagement des Senats, um Deutschlands führenden Schifffahrts- und Hafenplatz, aber auch die deutsche Reedereiverkehrswirtschaft als Ganzes zu stärken. Beispielhaft nannte er hier den 100-prozentigen Lohnsteuereinbehalt. Der Sachverhalt werde jetzt noch von der EU-Kommission geprüft, doch hoffe er, dass diese Maßnahme in wenigen Monaten wirksam werden könne. Noch nicht ganz am Ziel seien hingegen der VDR und die Gewerkschaft ver.di über die geplanten Veränderungen der Schiffsbesetzungsverordnung (SchBesV). Hier hoffe er auf eine baldige Verständigung zwischen den beiden Partnern. Horch sprach sich dafür aus, die Schifffahrt noch umweltfreundlicher auszugestalten. Hamburg habe hier bereits wichtige Vorarbeit geleistet, etwa über die verschiedenen Landstromversorgungskonzepte. Sie zielten zwar zunächst nur auf die Kreuzschifffahrt ab, sollen aber im Rahmen von Pilotvorhaben auch auf die Handelsschifffahrt ausgeweitet werden.

Ein wichtiger Baustein für eine emissionsarme Schifffahrt ist für Horch der Einsatz von LNG. Im Hamburger Hafen arbeite man mit Nachdruck an einem Versorgungsterminal mit einer Lagerkapazität für rund 15.000 Kubikmeter. Holger Schlien kamp, Unterabteilungsleiter „Industrie für Mobilität der Zukunft“, stellte ebenfalls das große Interesse seines Ministeriums am Einsatz von LNG in der Schifffahrt her aus. Ein entsprechendes Um- und Nachrüstungsprogramm werde aufgelegt. VDR-Präsident Alfred Hartmann sprach sich dafür aus, dass mit LNG fahrende Schiffe in deutschen Häfen künftig problemlos diesen Alternativtreibstoff während der Lade- und Lösch ope ra tio nen bunkern können. Der ZVDS-Vorsitzende Christian Koopmann ging unter anderem auf die zum 1. Juli weltweit in Kraft tretende „Bruttomasseverifizierung für Seecontainer“ ein. Hier seien weltweit noch längst nicht alle Staaten optimal vorbereitet, sagte er. Wettbewerbsverzerrungen als Folge einer abweichenden Überwachung der Vorschriften in den jeweiligen Staaten müssten unbedingt vermieden werden. EHA

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