LNG-Antrieb auf dem Vormarsch

Die in Emden beheimatete Traditionsreederei AG Ems gehört weiter zu den LNG-Pionieren in Deutschland.

Nachdem die Reederei-Gruppe, zu der unter anderem auch das Unternehmen Cassen Eils mit Sitz in Cuxhaven gehört, 2015 mit der RoPax-Bestandsfähre „Ostfriesland“ (IMO 8324622) das erste Schiff unter deutscher Flagge mit einem LNG-Antrieb nachrüstete, ebenfalls 2015 dann mit dem Fahrgastschiff „Helgoland“ (IMO 9714862) den ersten LNG-betriebenen Neubau in Dienst stellte, wird die AG Ems jetzt die Nummer drei mit diesem Antrieb nachrüsten.

Das teilte das Bundesverkehrsministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) am Mittwoch mit. Dessen parlamentarischer Staatssekretär, Enak Ferlemann (CDU), übergab den entsprechenden Förderbescheid am Stammsitz der mittelständischen Reederei-Gruppe. Eingebaut werden soll der neue Antrieb auf einem weiteren Bestandsschiff, und zwar der 1986 gebauten RoPax-Fähre „Münsterland“ (IMO 8601989). Das Schiff wird im Fährverkehr zwischen Emden beziehungsweise dem niederländischebn Eemshaven und der ostfriesischen Insel Ostfriesland eingesetzt.

Über die Höhe des Förderbescheides machten weder das Ministerium noch die Reederei nähere Angaben. Zur Erinnerung: Für die Nachrüstung der 1985 gefertigten „Ostfriesland“ legte die Reederei damals rund 13,5 Millionen Euro auf den Tisch. Auch damals beteiligte sich die öffentliche Hand an den Kosten der Nachrüstung, und zwar mit drei Millionen Euro aus EU-Fördertöpfen.

Die Umrüstarbeiten wurden damals durch das Unternehmen Brenn- und Verformtechnik (BVT) ausgeführt. Wer den Nachrüstzuschlag für die „Münsterland“ bekommt, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Die Antriebsumstellung bei der „Ostfriesland“ erwies sich, da bis dahin konkrete Erfahrungen noch nicht vorlagen, als komplexer als angenommen, was sich auch auf den Ablieferungszeitraum negativ auswirkte. Im Zuge der Antriebsumstellung musste der Rumpf der Fähre getrennt werden, um ein weiteres Rumpfmodul einzubauen. Damit wurde das Schiff 15 Meter länger.

„Mit der Übergabe des ersten Förderbescheides geben wir den Startschuss für die Aus- und Umrüstung von Seeschiffen auf einen umweltfreundlichen Antrieb“, sagte Verkehrsstaatsekretär Ferlemann am Mittwoch in Emden bei der symbolischen Übergabe des Förderbescheides. Damit unterstütze der Bund „die Reeder, die Emissionen in der Schifffahrt zu reduzieren. Gleichzeitig wird mit unserer Förderung der Umstieg auf einen schadstoffärmeren Kraftstoff beschleunigt“, ergänzte Ferlemann. Er wies zudem darauf hin, dass es Ziel des eigenes aufgelegten BMVI-Förderprogramms sei, „den Einsatz von LNG in der Seeschifffahrt voranzutreiben“. Die entsprechenden Fördermittel werden dazu aus der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie zur Verfügung gestellt.

Dass das Thema „Energiewende im Verkehr“ einen sehr hohen Stellenwert für die amtierende Bundesregierung habe, bekräftigte der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Norbert Brackmann (CDU), auf dem am Dienstag in den Räumen der Hapag-Lloyd AG in Hamburg abgehaltenen vierten LNG Round Table.

Er wurde wie in den Vorjahren von den zur DVV Media Group gehörenden Fachzeitschriften „Schiff & Hafen“, dem „THB“ und der „DVZ“ (Deutsche Verkehrs-Zeitung) inhaltlich ausgefüllt. Tagungsmoderator Behrend Oldenburg, zugleich renommierter Verkehrswirtschafts-Fachjournalist, begrüßte rund 90 Teilnehmer aus der maritimen Industrie. Als Systempartner begleiteten der Motorenhersteller MTU, die deutsch-norwegische Klassifikationsgesellschaft DNV GL sowie der Messgeräte-Hersteller für Motorentechnik Imes, die Veranstaltung.

Zugleich wurde auf der Fachveranstaltung die dritte Ausgabe des LNG-Report präsentiert, die einen kompakten Überblick über den aktuellen Einsatz von Flüssigerdgas gewährt, und zwar weltweit.

Brackmann hatte seinen Impulsvortrag unter die Überschrift gestellt „LNG im politischen Diskurs – Die Strategie der Bundesregierung für den Ausbau alternativer Kraftstoffe in der Schifffahrt“. Der Bundestagsabgeordnete betonte, wiederholt, den besonderen Stellenwert von Flüssigerdgas auf dem Weg zu einer „grüneren Schifffahrt“, und das sowohl auf nationalem Gebiet, vor allem aber im internationalen Rahmen. Dabei dränge vor dem Hintergrund der auch im internationalen Rahmen vereinbarten Klimaschutzeckdaten die Zeit. Was daher benötigt werde, sei „ein Kraftstoff, der bei einem möglichst geringen Aufwand verlässlich dazu beiträgt, die vereinbarten Umweltziele zu erreichen“. Damit nicht genug, so Brackmann weiter: „Gleichzeitig dürfen wir mit diesem Kraftstoff nicht den Weg für die Weiterentwicklung anderer, neuer technischer Ansätze versperren“. Zu den alternativen Kraftstoffen, die diesen Spagat schafften, gehört nach seiner Überzeugung daher LNG. Denn die Emissionsbilanz von verflüssigtem Erdgas sei, im Vergleich zum heute noch verbreiteten Schweröl, deutlich besser. So würden die Partikel- und Schwefelemissionen dank LNG um „nahezu 100 Prozent“ verringert. Bei den ebenfalls klimaschädlichen Stickstoffemissionen ergäbe sich eine Reduktion von gut 70 Prozent. Was die reinen Treibhausgase betrifft, ließen sich diese durch den LNG-Einsatz um 20 Prozent reduzieren. Brackmann: „Wir dürfen ja nicht übersehen: Auch LNG ist ja ein fossiler Brennstoff.“ Trotz dieses Schönheitsfehlers bleibe Flüssigerdgas aber „kurz- und mittelfristig eine richtige Option, um spürbar Emissionen zu reduzieren“, zeigte sich Brackmann überzeugt.

Damit die deutschen Reedereien sich für den Alternativkraftstoff erwärmen, habe der Bund eine besondere Förderrichtlinie auf den Weg gebracht. Die entsprechenden Zuwendungsbescheide für Projekte, die aus diesem Programm finanziell flankiert werden könnten, gingen in diesen Tagen auf den Postweg an die entsprechenden Unternehmen.

Brackmann kündigte an, dass es 2019, aufbauend auf den Erfahrungen des ersten Programms, einen erneuten Förderaufruf geben werde. Dafür werde der Bund nochmals weiteres Geld reservieren.

Dass auch und gerade die deutsche maritime Wirtschaft die Bedeutung von LNG als ersten, wirksamen Beitrag zum Umweltschutz erkannt habe, lässt sich für Brackmann an den zahlreichen Initiativen ablesen. So fahre inzwischen mit der „WES Amelie“ das erste deutsche Containerschiff mit Flüssigerdgas. Voraussetzung dafür war eine entsprechende technische Nachrüstung.

Und auch die Kreuzfahrtindustrie, die den Anspruch hat, sich aktiv für mehr Umweltschutz einzusetzen, weil das ihre Kunden, die Seereisenden so erwarteten, setzt auf LNG. Mit dem auf der Meyer-Werft gebauten Cruise-Liner „AIDAnova“ komme jetzt das erste große Passagierschiff in Fahrt, das von Anfang an für einen LNG-Betrieb entwickelt worden sei.

Auch in der Binnenschifffahrt werde der Wert von LNG-Antrieben erkannt. Gerade im Benelux-Raum seien bereits verschiedene Binnenschiffe mit diesem Antrieb im Einsatz. Brackmann: „Das alles zeigt mir, dass die Branche dazu bereit ist, sich auf Innovationen einzulassen.“ Auch die deutsche Zuliefererindustrie erkenne dabei das Marktpotenzial und bringe entsprechende Produkte auf den Markt.

Dass es auf dem Weg zu einer größeren Verbreitung von LNG noch zahlreiche Hürden gibt, räumte Brackmann ein. So lägen ihm inzwischen zahlreiche Klagen von Reedereien vor, in den von den „zum Teil sehr restriktiven Vorschriften zur Bebunkerung der Schiffe mit LNG in den Häfen“ die Rede sei. Brackmann: „Hier fehlt es eindeutig an einer einheitlichen Regelung, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa.“ Er habe sich jedenfalls zum Ziel genommen, dieses dicke Brett zu durchbohren, wissend, dass gerade bei den Bundesländern, ein sehr langer Atem vonnnöten sei.

Und auch diese Aufgabe müsse beschleunigt angepackt werden: der Aufbau einer flächendeckenden Versorgungsinfrastruktur. Denn bislang müsste das in Deutschland nachgefragte LNG mehrheitlich mit Tank-Lkw aus Benelux herangeführt werden, wo sich entsprechende LNG-Terminals befänden. Dass nun auch in Deutschland ein zen trales LNG-Terminal entstehen soll, werde von der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt. Es müsse jedoch klar privatwirtschaftlich betrieben werden. Mit Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade hätten bis heute drei Standorte ihren Hut in den Ring geworfen. Brackmann stellte klar: „Wir bevorzugen keinen Standort.“ Sehr wohl würden für den Bau einer solchen Anlage auch öffentliche Fördergelder bereitgestellt, wofür es verschiede Töpfe gebe.

Jörg Erdmann, Senior Director Sustainability Management bei Hapag-Lloyd, ging in seinem Grußwort auf die Nachhaltigkeitsstrategie ein. Die Reederei setze ebenfalls auf LNG bei der alternativen Kraftstoffversorgung ihrer Flotte. Zudem werde sie auch einen Teil der Schiffe mit Abgasnachbehandlungssystemen nachrüsten. eha

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