Lübeck: Kombi-Drehscheibe gut verankert

Für Kombiverkehre ist es entscheidend, dass möglichst viele Sattelauflieger kranbar sind, Foto: Arndt
Damit der intermodale Verkehr Bahn-Schiff-Lkw noch erfolgreicher weiterentwickelt werden kann, müssen nicht nur Terminalkapazitäten weiter ausgebaut werden. Auch die Verzahnung der Fahrpläne zwischen Fähr- und RoRo-Schiffen sowie den KV-Operateuren muss noch weiter verfeinert werden.
Das schälte sich als wiederholt vorgetragene Forderung auf dem 6. logRegio-Logistikforum in Lübeck heraus, das jetzt mit gut 120 Teilnehmern aus der Verkehrs- und Logistikwirtschaft in der Travestadt ausgerichtet wurde (THB 14. September 2016). Und auch das wurde auf der Veranstaltung mit Referenten und Gästen aus dem benachbarten Ausland deutlich: Lübecks Chancen als führender Intermodal-Hub-Standort an der Ostsee sind gut und eröffnen weitere Wachstumsperspektiven.
Davon ist jedenfalls Antje Falk, seit der Eröffnung des Baltic Rail Gate-Terminals (BRG) im Jahr 2003 als Geschäftsführerin in dieser LHG-Tochtergesellschaft tätig, überzeugt. Mit rund 97.000 Einheiten im kombinierten Verkehr in 2015 weist der Terminal einen Umschlagrekord aus. Für Falk das Ergebnis einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung, aber auch der guten Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gliedern der Logistikkette. Seit seiner Inbetriebnahme vor gut 13 Jahren wurde in den BRG, dessen zweiter Gesellschafter die Kombiverkehr KG ist, immer wieder investiert. Sicher ist: Der Terminal, der auf eine Umschlagkapazität von rund 140.000 Sendungen jährlich ausgelegt ist – also Container, Wechselbrücken oder Trailer – könnte um ein „Modul 2“ in direkter Nachbarschaft ergänzt werden. Voraussetzung: Die Mengen müssen stimmen. Falk hält es für denkbar, dass diese zweite Ausbaustufe mittelfristig gezündet werden könnte. Mehr Menge heißt aber auch: Der seeseitige Verkehr müsste um weitere Linien erweitert werden. Und: Die aktuell niedrigen Ölpreise und damit in der Folge auch die günstigen Dieselkosten erschweren die Marktchancen des kombinierten Verkehrs (KV), stellten verschiedene Referenten heraus. Dieser Druck auf die KV-Partner, also Spediteure und Logistiker sowie die Schienen-Operateure, wird zusätzlich durch Dumpingpreise von Lkw-Transportunternehmern aus Ost- und Südosteuropa verschärft: Seit geraumer Zeit wandert bereits mehr Ladung ab, also „from ship to road again“.
BRG-Chefin Falk hat die Zusammensetzung der Sendungsströme im KV aufmerksam verfolgt. Ihre aktuelle Zwischenbilanz: Der Trailer-Anteil nimmt über Lübeck beständig zu, was zulasten des Containers geht. Das bedeutet für den BRG konkret: Hatten Container 2011 noch einen Anteil von 70 Prozent und Trailer von gut 30 Prozent am Gesamtumschlag des Terminals, sind es derzeit „nur“ noch 30 Boxen und der Rest Trailer sowie Wechselbrücken. Bei diesen Transportgefäßen ist es für die Intermodal-Beteiligten wichtig, dass der Anteil der sogenannten „kranbaren“ Trailer, deren Gesamtkonstruktion entsprechend ausgelegt ist, möglichst hoch ist.
Für den BRG haben Falk und ihre Mitarbeiter so etwas wie eine persönliche Bestands- und Momentaufnahme erstellt. Der Kern der Botschaft: Ein gutes Drittel aller Sattelauflieger ist nicht kranbar. Mit anderen Worten: Das ist potenzielle Ladung auch für den intermodalen Verkehr, wenn die Unternehmen von dessen Nutzen überzeugt und in der Konsequenz zu entsprechenden Investitionen in kranbares Material bewegt werden.
Ein weiteres Argument für das Vorantreiben des intermodalen Verkehrs ist in den Augen von Stev Etzrodt, Prokurist und Leiter Verkauf und Intermodal bei der Spedition Bode aus Reinfeld bei Lübeck, der sich abzeichnende Lkw-Fahrermangel. Rund 200.000 Lkw-Fahrer werden allein in Deutschland in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Dadurch böten sich für den umweltfreundlichen kombinierten Verkehr interessante Chancen, da die Güter ja transportiert werden müssen. EHA