Maritime Zulieferer erwarten erneut Auftragsrückgänge

Die deutschen Schiffbau-Zulieferer erwarten für das laufende Geschäftsjahr erneut einen rückläufigen Auftragseingang.

„Betrug das Wachstum der Auftragseingänge 2013 noch 11,2 Prozent, so konnte 2014 nur ein Plus von 4,3 Prozent festgeschrieben werden. Dieser Trend wird sich auch 2015 fortsetzen“, sagte am Dienstag Dr.-Ing. Alexander Nürnberg, Vorstandsvorsitzender VDMA Marine Equipment and Systems sowie Geschäftsführer der McGregor Hatlapa GmbH in Uetersen, bei der Vorlage der Geschäftsergebnisse für 2014 in Hamburg. Bei den Bestellungen neuer Schiffe hat es die erwartete Konsolidierung gegeben. Hier kam es weltweit im vergangenen Jahr zu einem Rückgang von 35 Prozent. Das ist ein neuer Tiefstand seit 2002 mit 1500 Eingängen für Schiffsneubauten. Für 2015 stehen derzeit 1300 Aufträge in den Büchern.

Auch im Offshore-Öl- und -Gas-Bereich gibt es eine starke Investitionszurückhaltung. Die ursprünglich erwartete höhere Nachfrage ist bedingt durch den niedrigen Ölpreis nicht eingetreten, so Nürnberg. Zugleich verwies er auf eine Verschiebung der Exportmärkte.

Die drei großen Schiffbaunationen sind weiterhin China, Korea und Japan. Die noch bis 2013 vielversprechenden Wachstumsmärkte Brasilien und Russland liegen am Boden. Der schwache Ölpreis hat auch diese beiden Länder hart getroffen. 2014 wurden weltweit 1985 Seeschiffe bestellt (Vorjahr: 3066), davon 919 (1429) in China, 325 (547) in Südkorea, 426 (547) in Japan, sieben in Brasilien (30), drei in Russland (10) und 184 (207)in der EU-28, davon 13 (10) in Deutschland. Der weltweite Auftragsbestand an Schiffen liegt bei 6148 (5994) Einheiten.

Zulieferer behaupten sich

Trotz Werftenkrise in China und extrem hartem Preiskampf in der internationalen Seeschifffahrt können sich insbesondere die Schiffbau- und Offshore-Zulieferer auf den Weltmeeren behaupten, berichtete der VDMA-Manager. Die deutsche Branche erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 11,9 Milliarden Euro. Das war eine Zunahme von + 1,7 Prozent. Die Exportquote erreichte 74 Prozent. Seit 2011 verzeichnet die Branche wieder beständig wachsende Umsätze, dabei ist das Bild jedoch uneinheitlich: Während 40 Prozent der Unternehmen 2014 Wachstum meldeten, musste jede dritte Firma noch Umsatzeinbußen hinnehmen. Von den Rückgängen waren insbesondere Zulieferer mit großer Abhängigkeit von bestimmten Segmenten des Schiffsneubaus betroffen. Dagegen konnten die auf der Absatzseite breiter aufgestellten Unternehmen weiter von dem Wachstum der maritimen Märkte profitieren.

Die Zahl der Arbeitsplätze bei den rund 400 Zulieferer-Unternehmen sank im vergangenen Jahr um ein Prozent auf bundesweit rund 67.000 Beschäftigte. 2015 könnte der Rückgang wieder ausgeglichen werden. Beim Gesamtumsatz geht Nürnberg von einer leichten Steigerung in Höhe von zwei bis drei Prozent auf über zwölf Milliarden Euro aus. „Die maritime Industrie in Deutschland ist noch immer weitaus mehr als der Bau von Mega-Yachten und U-Booten. Darum kennt die Branche das Auf und Ab der Auftragseingänge, die wechselnde Auslastung in der Produktion und die Schwankungen bei den Marktpreisen“, ergänzte VDMA-Vorstand und Geschäftsführer SKF Blohm + Voss Industries GmbH in Hamburg, Dipl-Ing. Martin Johannsmann. „Wir sehen diese Entwicklung als Chance, um im weltweiten Wettbewerb unsere führende Rolle auszubauen. Wir investieren jetzt, um der Volatilität der Märkte entgegen zu wirken. Eine Steigerung der Produktivität und der Beweglichkeit, durch neue Ansätze wie Industrie 4.0, sind die gewünschten Ergebnisse.“

Im weltweiten Vergleich steht die deutsche Schiffbau- Zulieferindustrie bei Produktion und Export weiterhin an erster Stelle.

Langfristiger Service als Wettbewerbsvorteil

Der globale Wettbewerb nimmt auch in der Schiffbau-Zulieferindustrie weiter zu. Die deutschen Anbieter punkten hier mit langfristigen Service-Angeboten und Verfügbarkeitszusagen. Damit rechnen sich die hochwertigen deutschen Produkte für den Betreiber über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Die Branche nutzt den engen Kontakt zu den Reedern, um deren Schiffe über die gesamte Lebenszeit ökologisch und ökonomisch auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und so die Rentabilität zu gewährleisten.

Dazu müssen und werden die Zulieferer weiter investieren. „Investitionen in den Bau neuer Produktionsanlagen am Standort Deutschland sind in unserer Branche eine Voraussetzung für den internationalen Erfolg. Die reibungslose Fertigung auch bei ,Losgröße 1‘ ist in der digitalen Vernetzung ein entscheidender Wettbewerbsvorteil“, erläuterte Johannsmann. „Hinzu kommt die Lösungs- und Systemkompetenz der deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferer.“

EU-Ausland und China ziehen an, Korea sinkt

Die Auslandsgeschäfte der deutschen Zulieferer verteilen sich 2014 unverändert zu 46 Prozent auf Asien und zu 37 Prozent (+1 Prozentpunkt) auf das europäische Ausland. China ist weiterhin der größte Auslandsmarkt mit 27 Prozent und hat seine Bedeutung nochmals erhöhen können (+2). Rückgänge wurden verzeichnet in Korea mit 11 Prozent (-3) und Osteuropa mit 3 Prozent (-1). Die Branche bezieht ihre Auftragseingänge derzeit aus dem Containerschiffbau (große Einheiten) und dem Spezialschiffbau (zum Beispiel Arbeits- und Kreuzfahrtschiffe).

Die Schiffbauindustrie ist der größte Abnehmer der Zulieferprodukte. Daneben haben indirekte Lieferungen über andere Zulieferer (System- oder Paketlieferanten) große Bedeutung. Auch die Direktlieferungen an Reedereien haben anteilig im vergangenen Jahr zugelegt. Der After-Sales-Anteil am Umsatz liegt 2014 bei 23,7 Prozent.

Offshore-Exploration: Öl-Preis bremst Investitionen

Die Exportaktivitäten der deutschen Zulieferer werden insbesondere gebremst durch Auftragsverschiebungen der Öl- und Gas-Konzerne aufgrund des geringen Weltmarktpreises für diese beiden Rohstoffe. Mittelfristig sehen die deutschen Hersteller aber gute Chancen. „Verlässlichkeit, Verfügbarkeit, Qualität und Lösungen zur Kostensenkung in den Prozessen sind die Anforderungen der Offshore-Öl- und -Gas-Investoren“, bekräftigte Nürnberg.

Gute Chance: Industrie 4.0 in der maritimen Wirtschaft

Die Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft kommt immer schneller in Fahrt. Erweiterte Kundenerwartungen und neue Geschäftsideen sind die Folge. Dies führt in der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie zu größeren Ausschlägen bei den Auftragseingängen und zu kürzeren Zyklen.

Die digitale Evolution in den Unternehmen wird genutzt für schnellere und zielorientiertere Forschung, Entwicklung und Umsetzung in marktreife, intelligente Produkte und Systeme, deren Kundennutzen durch vielfältige Sensorik und intelligente Steuerung kontinuierlich erhöht wird.

„Industrie 4.0 ist in seiner Gesamtheit für die maritime Industrie eine gute Chance, sich weiter im globalen Wettbewerb zu behaupten und mit neuen Ideen Marktanteile zu gewinnen“ bestätigte Martin Johannsmann. „Dazu benötigen wir natürlich die ,besten Köpfe‘. Nachwuchssicherung ist daher eine der wichtigsten Aufgaben für die Unternehmensleitung.“ FBi

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