Maritimer Fahrplan entsteht

Austausch: Experten diskutierten in Berlin

Arbeitsplatz Brücke: Die Digitalisierung wird auch diesen Bereich in den nächsten Jahren umfassend verändern , Fotos: Arndt (gr.), Fabarius (kl.)
Der maritime Standort Deutschland bekommt eine digitale Agenda.
Sie soll auf der 10. Nationalen Maritimen Konferenz im April 2017 in Hamburg verabschiedet werden. Das betonten die Akteure der maritimen Wirtschaft am Freitag auf dem vorbereitenden Branchenforum in Berlin. Offiziell eingeladen hatten die Bundesministerien für Wirtschaft und Verkehr sowie die Hamburger Wirtschafts behörde.
So eröffneten die parlamentarischen Staatssekretäre Uwe Beckmeyer (Bundeswirtschaftsministerium/BMWi) und Enak Ferlemann (Bundesverkehrsministerium/ BMVI) gemeinsam mit Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch die Veranstal tung.
Beckmeyer rief dazu auf, bis zur Konferenz im April einen gemeinsamen Fahrplan für die maritime Zukunft zu entwickeln. Nur die Zusammenarbeit mit Partnern ermögliche es, den wirtschaftlichen Wandel aktiv zu gestalten. Dabei gehe es auch darum, Arbeitsplätze zu sichern. Die Bundesregierung werde den Prozess mit entsprechenden Maßnahmen flankieren. Auf der Konferenz in Hamburg werde die digitale Agenda für die maritime Wirtschaft verabschiedet, deren Zeithorizont sich bis ins Jahr 2025 erstrecke.
2016 sei für die maritime Wirtschaft viel erreicht worden, betonte Enak Ferlemann. So verzichte die Bundesregierung in diesem Jahr beispielsweise zugunsten der Branche auf Steuereinahmen: „Ein einmaliger Vorgang, hoffentlich gibt uns am Ende der Erfolg Recht.“ Bezogen auf die Digitalisierung dürfe nicht der Fehler gemacht werden, zu glauben, dass die Schiff fahrts in dus trie am Ende ohne die Mitwirkung von Menschen funktioniere. Zwar werde die Automatisierung schneller voranschreiten, als viele glauben, aber „wir dürfen den Menschen keine Angst machen, sondern wir müssen uns als eine attraktive Branche positionieren“, die die Menschen begeistern könne.
„Die Digitalisierung bietet mehr Chancen, als wir heute möglicherweise erkennen können“, zeigte sich auch Dr. Alfred Hartmann, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), überzeugt. Zwar gebe es seit Jahrzehnten innovative Technik an Bord von Seeschiffen, beispielsweise elektronische Seekarten oder Satellitenkommunikation. „Aber“, so Hartmann weiter, „die massenhafte Sammlung und Vernetzung von Daten birgt noch ganz andere Potenziale.“ Die Digitalisierung werde die Prozesse und Geschäftmodelle von Reedereien und Logistikdienstleistern verändern. Die Branche habe kein Kosten-, sondern ein Einnahmeproblem und sei am meisten durch die Überkapazitäten im Markt belastet, stellte Hartmann weiter fest.
Digitalisierung bezieht sich nicht nur auf das Schiff, das zweifelsohne im Zentrum steht. Es gilt auch, die Häfen und Werften umfassend in die virtuelle Welt zu integrieren. Doch bei aller Euphorie über technische Neuerungen besteht eine große Hürde für die praktische Umsetzung: das geltende Recht. So werde es noch dauern, bis beispielsweise ein unbemanntes Schiff in Fahrt gesetzt wird, dämpfte die Kanzlei CMS zuletzt die teilweise hohen Erwartungen an die Automatisierung (THB 5. Dezember 2016). Das maritime Recht müsse dafür komplett umgeschrieben werden.
Da ein solcher Prozess viel Zeit beanspruche, müsse die Branche einstweilen mit den aktuellen rechtlichen Bedingungen zurechtkommen, obwohl das aktuelle Seerecht zu „Maritim 4.0“ nicht passe. Zu klären sei dabei auch, wer das Recht an den Daten besitze. Diese Frage sei in Deutschland bislang weitgehend ungeklärt – ebenso wie mögliche Pflichten, die erhobenen Daten auch sinnvoll zu nutzen, etwa zur Vermeidung von Unfällen.
Weitere Herausforderungen: Es bestehe hoher Investitionsbedarf, es mangele an Fachkräften und es fehlten auch Standards. fab/EHA