Mehr Streitfälle durch Corona

Neu im Vorstand: Dr. Martin Harren (links) und Nicolaus Bunnemann, Fotos: Harren Shipping Group, Atlantic Lloyd
Dr. Martin Harren, Geschäftsführer der Harren Shipping Group (Cuxhaven), und Nicolaus Bunnemann, Managing Partner bei Atlantic Lloyd (Hamburg), sind in den Vorstand des Schutzvereins Deutscher Rheder gewählt worden. Martina Peterson von der Reederei Hans Peterson & Söhne und Peter Harren von High Sea Maritime Investment hatten nach zwölfjähriger Zugehörigkeit zum Vorstand entschieden, sich nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen. Mitglieder, Vorstand und Geschäftsführung des Schutzvereins Deutscher Rheder dankten beiden für ihr langjähriges Engagement.
Auf der erstmals virtuell abgehaltenen Mitgliederversammlung legte der Vorstandsvorsitzende Dr. Kurt Klemme (Reederei Nord) den Bericht für das Geschäftsjahr 2019 vor, der ein positives finanzielles Bild zeichnete. So wurde im vergangenen Jahr ein Überschuss in Höhe von 162.227,42 Euro erwirtschaftet (2018: 156.756,02 Euro), der der Rücklage des Vereins zugeführt worden ist. Diese habe dadurch einen neuen Höchstwert von rund 5,97 Millionen Euro erreicht und übersteige damit die versicherungsrechtlichen Anforderungen deutlich. Angesichts des soliden finanziellen Fundaments wurde beschlossen, die Beiträge und den Selbstbehalt für 2021 unverändert zu lassen.
Im Berichtszeitraum 2019 konnten für die Mitglieder des Schutzvereins Deutscher Rheder Ansprüche in Höhe von 14,1 Millionen Euro (2018: 17,4 Millionen Euro) durchgesetzt bzw. abgewehrt werden. Die Anzahl der beim Verein versicherten Schiffe habe sich gemäß dem allgemeinen Trend in der deutschen Flotte im aktuellen Geschäftsjahr 2020 leicht verringert. Wie Geschäftsführer Michael Wester berichtete, sind zurzeit 1005 Einheiten beim Schutzverein versichert (Oktober 2019: 1116), was einem Rückgang von rund zehn Prozent entspricht. Die Gesamttonnage des versicherten Schiffsbestandes reduzierte sich im Jahr 2020 in ähnlichem Umfang auf circa 20 Millionen BRZ (2019: 22 Millionen). Für das laufende Geschäftsjahr werde daher mit einem niedrigeren Beitragsaufkommen gerechnet.
Ein Tätigkeitsschwerpunkt des Schutzvereins liegt im aktuellen Geschäftsjahr auf dem Thema Bunker. Aufgrund der neuen Marpol-Regularien und der damit einhergehenden Entwicklung neuartiger schwefelarmer Produkte war befürchtet worden, dass es zu einer Zunahme von Streitigkeiten in Zusammenhang mit mangelhaften Brennstoffen kommen würde. Erfreulicherweise habe sich dies jedoch nicht bestätigt. Auch wenn vereinzelt Abweichungen von der Bunkerspezifikation zu beobachten waren, bewege sich die Anzahl neuer Streitfälle, bei denen es um diese Problematik geht, in etwa auf dem Niveau der Vorjahre.
Auch im laufenden Jahr haben den Schutzverein Deutscher Rheder viele Anfragen zum Thema Sanktionen erreicht. Angesichts sich ständig ändernder Gesetze und Verordnungen und der großen Anzahl von betroffenen Ländern gestalte es sich insbesondere für die internationale Schifffahrt und damit für die Mitglieder des Vereins zunehmend schwierig, sämtliche einschlägige Vorgaben einzuhalten.
Die größte Herausforderung für die Vereinsmitglieder stelle im Jahr 2020 allerdings die Corona-Pandemie dar. Im Frühjahr ging es dabei vor allem um die Frage, ob laufende Verträge trotz der Auswirkungen der Pandemie erfüllt werden müssen. Inzwischen habe sich der Schwerpunkt auf Themen verlagert, bei denen es um die Auswirkungen positiver Corona-Tests bei Besatzungsmitgliedern sowie die praktische Durchführung von Crewwechseln geht. Dabei führten insbesondere die in vielen Häfen äußerst restriktiven Vorgaben zu enormen Belastungen für die Besatzungen, die trotz größter Anstrengungen der Reedereien häufig mehrere Monate länger als vorgesehen an Bord bleiben müssen. Daraus würden sich in vielen Fällen Streitigkeiten unter Frachtverträgen über die Verantwortlichkeit für die entstehenden Mehrkosten und Zeitverluste ergeben. Diese Entwicklung sei maßgeblich für die Zunahme der Anzahl registrierter Streitfälle im aktuellen Jahr verantwortlich. bek