Mensch – Meer – Klima – Corona

Corona trifft die Menschheit als Ganzes. Doch die Virus-Pandemie bürdet bestimmten Zielgruppen noch zusätzliche Lasten und auch Leiden auf. Das ist bitter. Medizinisches Personal gehört dazu, aber auch Polizei, Feuerwehren oder seefahrendes Personal.

Viele, die sich für einen Arbeitsplatz in der Schifffahrt entschieden haben, reizt es, „auf Achse zu sein“. Sie stimuliert das Leben in und mit der Natur, beflügeln fremde Kulturen und unbekannte Länder oder Kontinente. Die wortgewaltige deutsche Sprache hält dafür ein wunderbares Wort bereit: Fernweh. Doch sie hat auch das Wort-Gegenbild geschaffen: Heimweh.

Durch Corona wissen wir heute, dass hunderttausende von Seeleuten weltweit weiterhin mehr unter Heim- als Fernweh leiden. Viele von ihnen können seit Monaten nicht von Bord, weil Corona-Schutzauflagen das verhindern. Zehntausende Seefahrer können nicht an Bord, sind damit also „zwangsbeurlaubt“ und können ihre Familien nicht mehr oder nur unzureichend ernähren. Das belastet gewaltig.

Da ist es ein Mut machendes Zeichen, wenn in diesen Tagen eine Nachricht um den Globus eilt: Dass nämlich Impfstoffe vorliegen, um die Menschen vor Corona zu schützen. So könnte langsam das Tor zu einer Rückkehr zur Normalität geöffnet, später auch aufgestoßen werden. Nichts wünschen sich die Menschen zum Jahresausgang 2020 sehnlicher.

Die Reederverbände und die IMO wissen, dass die Verfügbarkeit dieser Impfstoffe Crew-Wechsel wieder in den Bereich des Möglichen rücken lässt. Sie fordern daher: Seeleute müssen in den kommenden Monaten mit höchster Priorität geimpft und damit geschützt werden. Denn sie sind systemrelevant, so wie andere, eingangs erwähnte Berufsgruppen. Ohne einen funktionierenden Seehandel, der nur durch Menschen an Bord von Schiffen ausgeführt werden kann, ist die globale Arbeitsteilung unmöglich. Und das hätte dramatischen Folgen für alle.

Es gilt daher, jetzt schnell und konzentriert zugunsten der Seeleute zu handeln, sie also in der Coronaschutz-Impfprioritäten-Rangfolge ganz oben anzusiedeln, die benötigte Infrastruktur, etwa in den Häfen, beschleunigt aufzubauen und unbürokratische Prozesse zu etablieren. Das Genannte hat auch viel mit Logistik zu tun. Doch wer sollte sich besser mit dieser Materie auskennen, als die Logistiker, damit auch die Schifffahrt, selber?

Wenn also die Schifffahrt systemrelevant ist, dann muss sie aber auch das leisten: einen substanziellen Beitrag zum Umweltschutz. Genau das macht das Gros dieser Industrie natürlich seit Jahr und Tag: saubere Treibstoffe, emissionsfreie Antriebe, Rumpf-Schutzanstriche, die die Meeresumwelt nicht belasten oder Ballastwasser-Management-Systeme.

Also alles im „grünen Bereich“? Leider nein. Denn diese Bilder und Nachrichten stehen für eine Kehrseite der maritimen Medaille: Containerfrachter, ganz neue Schiffe und wahre Transportriesen, die Teile ihrer Container-Ladung in einer Art und Weise verlieren, als würden sie unterwegs „nur“ Ballast abwerfen. Wenn nach den Gründen gefragt wird, heißt es schnell: das extrem schlechte Wetter war schuld. Doch Schifffahrt und Wetter? Beides ist untrennbar miteinander verbunden, seit es Schifffahrt gibt – also seit über 5000 Jahren.

Derzeit vergeht kaum eine Woche, in der nicht von besonderen Containerverlusten im Seegebiet „XY“ die Rede ist. Wenn aber diese „Box“-Abwürfe zur Normalität gehören sollten, dann würde das den guten Ruf der Schifffahrt als umweltfreundlicher Verkehrsträger dauerhaft schädigen. Und das ganz gleich, wie viel für den Klimaschutz, etwa durch modernste Antriebe, getan wird. Man stelle sich dieses Bild vor: Wöchentlich verunglücken auf deutschen Straßen gleich mehrere Lkw-Langholz-Transporter, was zu hohen Schäden und auch zu vielen Opfern führt. Es gäbe einen öffentlichen Aufschrei, jede Menge Druck auf die Politik und den Ruf nach drastischen Auflagen für die Holz-Transporteure.

Anders sieht es derzeit noch aus, wenn Hunderte Container auf See über die Kante gehen. Man sieht es nicht. Nur der Seemann weiß: das sind gefährliche treibende Kollisionsgegner. Und: Jede Box schädigt die maritime Umwelt. Die Schifffahrt muss ein ureigenes Interesse daran haben, auch beim Thema Ladungssicherung vorbildhaft zu wirken.

Aktuelle Beispiele dafür kommen aus Häfen wie Kiel oder Stockholm. Es geht darum, die Seeschiffe während der Hafenliegezeiten von ihrem Hilfsdiesel-Betrieb zu erlösen und diese dann mit Landstrom zu versorgen. Das senkt die Emissionsbelastung in den Häfen, schützt damit Menschen, Klima und die Umwelt. Der norddeutsche Seehafen setzt diesen Stromversorgungsvorgang sogar bildhaft in Szene: mit einer innovativen LED-Wand an dem Trafo-Gebäude. Vom „leuchtenden Vorbild“ zu sprechen, liegt dabei schnell auf der Hand. Natürlich nur bildhaft gesprochen.

Ihre Meinung zum Beitrag: eckhard.arndtnoSpam@noSpamthb.info

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