„Nein zur Elbvertiefung mag man sich nicht vorstellen“

Die maritime Verbundwirtschaft in Norddeutschland hofft heute Vormittag auf eine positive Entscheidung des Leipziger Bundesverwaltungsgerichtes zur Fahrrinnenanpassung der Elbe.

„Falls die geplante Elbvertiefung vom Bundesverwaltungsgericht wider Erwarten nicht genehmigt wird, mag man sich die Folgen für den Hamburger Hafen und für den maritimen Standort Hamburg insgesamt gar nicht vorstellen“, brachte es Kapitän Christian Suhr, Vorsitzender des Nautischen Vereins zu Hamburg (NV Hamburg), am Dienstagabend in der Hansestadt beim traditionellen Schifffahrtsessen auf den Punkt. Mit rund 430 Gästen hatte der NV Hamburg einen neuen Teilnahmerekord aufgestellt. Zu den Besuchern gehörten Vertreter aus den unterschiedlichen Sparten der maritimen Branche in Hamburg sowie in Norddeutschland.

Auch der Haupt-Gastredner des Abends, der Hamburger Europa-Parlamentarier Knut Fleckenstein (SPD), nutzte die Gelegenheit, um nicht nur ein klares Bekenntnis zur Elbvertiefung abzulegen, sondern auch, um deutlich zu machen, dass wenn es mit dieser Maßnahme doch nichts werden sollte, auf keinen Fall Brüssel dafür verantwortlich gemacht werden könne. Denn bei der EU-Kommission stand die Anpassung der Elbe, die Deutschlands größten Universalhafen mit der offenen See verbindet, nicht infrage, betonte Fleckenstein, der über viele Jahre hinweg im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments (EP) mitwirkte und der seit Kurzem dem Auswärtigen Ausschuss angehört. Der EP-Parlamentarier nutzte auch die Gelegenheit, um einen typisch deutschen Aspekt im Zusammenhang mit der Elbvertiefung anzuschneiden: das Verbandsklagerecht. Es bewirke inzwischen in Deutschland, dass praktisch jedes größere Infrastrukturvorhaben in die Länge gezogen werde. Zwar stehe außer Zweifel, dass ein zentraler Aspekt wie der Umweltschutz so umfangreich wie möglich berücksichtigt werden solle. Das Pro blem sei aber, dass man nur in Deutschland dieses Verbandsklagerecht kenne, nicht aber in den anderen EU-Staaten. Was also zugespitzt dazu führen müsste – um die Wettbewerbsgleichheit zu gewährleisten –, dass es entweder alle haben oder keiner. Für Fleckenstein ist jedenfalls der Zeitpunkt gekommen, in der EU über den weiteren Umgang mit diesem Verbandsklagerecht offen und frei von Denkschranken zu diskutieren.

Was die Weiterentwicklung der EU-Seehafenverkehrswirtschaft betrifft, spielt für sie das neue Port Package III in Zukunft eine Rolle. Ein Sachverhalt, an dem über viele Jahre hinweg gearbeitet wurde. Nach Überzeugung Fleckensteins hat das EP entscheidend dazu beigetragen, eine Verordnung auf den Weg zu bringen, die nichts mehr mit dem ursprünglichen Ziel der EU-Kommission, frei nach dem Motto „Open Size fits all“, zu tun habe. Vielmehr sei es gelungen, „dass jetzt grundsätzliche Spielregeln vorgegeben werden , die die Umsetzung aber nach wie vor den Häfen überlassen“. Ausdrücklich wertete es Fleckenstein als Erfolg, dass zum Beispiel so etwas wie eine „Zwangsliberalisierung der Hafendienste kein Thema mehr ist“. Oder: „Die Wichtigkeit der Lotsendienste für die Sicherheit im Hafen wird respektiert.“

Kurzstreckenverkehr stärken

Doch was wird das neue Port Package nun für den drittgrößten europäischen Seehafen, Hamburg, verändern? Fleckenstein ist überzeugt: „Nicht viel.“ Was die weitere Ausgestaltung des Seeverkehrs innerhalb der EU betrifft, sprach sich der EP-Abgeordnete einmal mehr dafür aus, den europäischen Kurzstreckenseeverkehr zu stärken. Nach seiner Überzeugung wird „das volle Potenzial des Seeverkehrs“ zum Beispiel „aufgrund unnötiger Verwaltungsauflagen, gerade bei der Zollabfertigung, nicht ausgeschöpft“. Es sei aber doch absurd, „dass Schiffe, die ausschließlich zwischen Häfen und zwei verschiedenen Mitgliedstaaten verkehren, Zollförmlichkeiten erbringen müssen, und zwar sowohl, wenn das Schiff den Abfahrthafen verlässt, als auch erneut, wenn es den Bestimmungshafen erreicht“.

Mit Blick auf sein neues Wirkungsfeld ging Fleckenstein auch auf die neuen Freihandelsabkommen der EU ein. Zwar habe sich das Abkommen mit den USA, also TTIP, durch den Präsidentenwechsel in den Staaten erledigt. Doch mit Kanada werde das Abkommen nun doch abgeschlossen. Fleckenstein: „Das CETA-Abkommen ist das beste Freihandelsabkommen, das die EU verhandelt hat.“

Für den NV-Hamburg-Vorsitzenden Christian Suhr gibt indes die Weiterentwicklung des maritimen Standortes Deutschland Anlass zu wachsender Sorge. So stellte er fest: „Die Anzahl von Schiffen unter deutscher Flagge ist im letzten Jahr deutlich zurückgegangen, und auch die Ausbildung und Beschäftigung von deutschen Seeleuten ist weiter rückläufig.“ Wenn man dies allein damit zu begründen versuche, dass die andauernde Schifffahrtskrise an der Entwicklung schuld sei, mache man es sich zu einfach.

Auszeichnung

Mit großer Freude erfüllt den erfahrenen Nautiker hingegen, dass die in Deutschland entwickelte duale Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann allen Stürmen der Zeit trotzt. „Das ist ein Erfolgsrezept“, stellte Suhr fest. Und weil das so ist, ehre der NV Hamburg alljährlich die Leistungsbesten aus der Hansestadt während des Schifffahrtsessens. Stellvertretend dafür zeichnete er Steffen Sauerborn aus, der jetzt seine Ausbildung bei der Reederei Maersk mit einer „Eins“ abgeschlossen hatte.

Die Kapitänsrede hielt in diesem Jahr Thilo Natke von Hapag-Lloyd Cruises, der in seinem launigen und zugleich faktenreichen Vortrag über die Entwicklung in der Expeditions-Kreuzschifffahrt referierte. EHA

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