„Peking“ wird neues maritimes Wahrzeichen

Foto: Harren & Partner
Große Erleichterung in Hamburg über die logistische Punktlandung bei der Rückführung der Viermastbark „Peking“ von New York nach Norddeutschland.
Joachim Kaiser, Vorstandsmitglied der Stiftung Hamburg Maritim, dem „Motor“ dieser Aktion, spricht den zahlreichen Akteuren für das Erreichen der ersten Etappe im Rückführungsprozess Dank und Anerkennung aus. Er ist seit Wochen in New York und begleitet auch die Rückreise an Bord.
Das Einschwimmen in den Bremer Spezialfrachter „Combi Dock III“ habe jedenfalls „gut geklappt“. Damit das erfolgen konnte, musste sie in den zurückliegenden Monaten auf der Caddell-Werft in New York für den Transport über den Atlantik vorbereitet werden.
Joachim Kaiser, Kapitän und selbst viele Jahrzehnte zur See gefahren: „Die Kapitäne der beiden alten Schlepper haben einen großartigen Job gemacht, als sie die ‚Peking‘ ganz behutsam ins abgetauchte Dockschiff bugsierten.“ Auch die Mannschaft des Halbtauchers habe präzise wie ein Uhrwerk gearbeitet. „Sie hat die Leinen übernommen, den Rumpf genau auf die vorbereiteten Kielpallen positioniert und sogleich mit dem Leerpumpen der gefluteten Ballast tanks begonnen.“ Viele Stunden später, bei Einbruch der Dunkelheit, stand der ehemalige Flying-P-Liner bereits trocken.
Seitdem die kostbare Fracht mit ihrem Lastenträger „Combi Dock III“ am Mittwochnachmittag in New York Anker auf ging, wird im künftigen Heimathafen Hamburg nicht nur der weitere Reiseverlauf genau begleitet. Die Arbeit am Konzept für „den Tag danach“, geht weiter – heißt: die Einbettung des ab Anfang August bei der Peters-Werft in Wewelsfleth von Grund auf zu sanierenden 106-jährigen Segel-Veterans.
Das schleswig-holsteinische Schiffbauunternehmen veranschlagt für diese Arbeiten gut drei Jahre und stellt sich schon jetzt auf die eine und andere „Wundertüte“ ein. Denn man weiß aus dem umfangreichen Vorbereitungsprozess vor der Rückführung, dass zum Beispiel der Rostfraß dem genieteten Stahlkasko ganz erheblich zugesetzt hat. Bei den Aufbauten sieht es nicht besser aus. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es für die „Peking“, was die Grundsubstanz betrifft, fünf vor zwölf war.
Beim Auf-Vordermann-Bringen des Oldies wird das Prinzip gelten: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Oder wie es die Stiftung Hamburg Maritim formuliert: „Es ist vorgesehen, die Res taurierung so durchzuführen, dass in den nächsten 20 Jahren mit keinen neuen großen Investitionen zu rechnen ist.“ Damit nimmt die Einrichtung, die sich als Wahrer des maritimen Erbes von Hamburg sieht, all jenen schon jetzt den Wind aus Segeln, die schwimmendes „Groschengrab“ für die Hansestadt befürchten. Tatsächlich kann auch aus dem Vollen geschöpft werden. Denn dank der satten Bundeszuwendung sind allein für die Sanierung der bei Blohm + Voss gebauten Lady – inklusive des aufwendigen Rücktransports mit dem Bremer Spezialfracher – rund 26 Millionen Euro eingeplant.
Für Dr. Carsten Brosda, Hamburgs Senator für Kultur und Medien, ist die Überführung der „Peking“ in die Alte Welt jedenfalls „die erste Etappe einer aufregenden Reise, an deren Ende das Schiff ein festes Zuhause in seinem Heimathafen Hamburg bekommen soll“.
Auch Börries von Notz, Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg, denkt in einem großen Kontext. Der Rücktransport des einstigen Flying-P-Liners sei ein „wichtiger Schritt“ im Rahmen der Vorbereitung, den ehemaligen Frachtsegler zum ersten und größten Objekt eines künftigen Deutschen Hafenmuseums zu machen. Ein Projekt, das der Bund ebenfalls finanziell intensiv begleitet: mit rund 94 Millionen Euro.
Von Notz skizziert dieses Bild: Das Dockschiff, in dessen Frachtraum die „Peking“ zurück nach Europa reise, kam vor der Ankunft in New York aus Venezuela. Die Fahrt führt dann von New York über Brunsbüttel zur Peters-Werft in Wewelsfleth, wo die „Peking“ restauriert wird. Diese weltumspannenden Wege und Beziehungen, die schon mit der Überfahrt des Seglers verbunden seien, würden eines der wesentlichen Themen des Deutschen Hafenmuseums darstellen, das in den kommenden Jahren in Hamburg entstehen werde. Vier potenzielle Standorte sind derzeit im Gespräch.
Würden nur die reinen „Shiplover“ das Sagen haben, wäre die Entscheidung: Beides, ein künftiges Deutsches Hafenmuseum und eine top-sanierte „Peking“ gehören in den Hansahafen und damit direkt einbezogen in das historische 50-er Schuppen-Ensemble, das heute in einem kleinen Abschnitt bereits das Hamburger Hafenmuseum beherbergt. Auch das spräche für diesen Standort: Direkt gegenüber ragt die „Elphi“ in Hamburgs Höhe. Sie hat es binnen weniger Monate seit ihrer Eröffung geschafft, neben dem Michel oder der Köhlbrandbrücke zum neuen Wahrzeichen von Deutschlands größter Hafenstadt zu werden. EHA
Technikwunder Flying-P-Liner
Die Viermastbark „Peking“ galt vor mehr als 100 Jahren, als die Segelschifffahrt noch eine zentrale Rolle im Weltseeverkehr spielte, als das herausragende Transportgefäß. Zum Beispiel beim Transport von Salpeter aus Chile. Dieser in der Atacamawüste gewonnene Rohstoff wurde als Stickstoffdünger ebenso benötigt wie für die Herstellung von Schwarzpulver. Bis zur Eröffnung des Panamakanals 1914 fuhren die „Peking“ und ihre Schwestern über das legendäre, aber hochgefährliche Kap Horn, um nach Europa zu gelangen. Die für die Hamburger Laeisz-Reederei gebaute „Peking“ hatte mehrere Schwestern, zu denen auch die „Pommern“, heute ein Museumsschiff in Finnland, die „Passat“, heute stolzes Museumsschiff vor Travemünde und die „Kruzenshtern“ gehört. Letztere lief 1926 als deutsche „Padua“ vom Stapel und ging nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparation nach Russland. Sie dient weiterhin als russisches Segelschulschiff. Die „Kruzenshtern“ ist regeläßiger Gast auf maritimen Großereignissen in Norddeutschland. EHA