Reeder sind klare Fürsprecher einer weiteren Globalisierung
Ein klares Bekenntnis zur Fortsetzung der Globalisierung legen sowohl die deutschen Reeder als auch die Volksrepublik China ab.
Rund 280 Teilnehmer des traditionellen maritimen Festessens des Verbands Deutscher Reeder (VDR) wurden in den Räumlichkeiten der Handelskammer Zeuge dieses besonderen Schulterschlusses. Dem VDR war es gelungen, den chinesischen Botschafter in Berlin, Shi Mingde (Jahrgang 1954), für den Festvortrag zu gewinnen. VDR-Präsident Dr. Alfred Hartmann betonte, „dass freier Handel nicht nur zu mehr Wohlstand führt, sondern auch hilft, Grenzen zu überwinden, Länder und Kulturen zu verbinden“. Gerade in Zeiten von mehr Protektionismus und Abschottung, müsse die Schifffahrt „ein besonders starker Fürsprecher der Globalisierung sein“. Die deutschen Reeder stünden mit dieser Überzeugung nicht allein. Hartmann erinnerte daran, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping erst Anfang November auf dem APEC-Gipfel festgestellt habe, dass die „Globalisierung eine unumkehrbare historische Entwicklung ist“.
Deutschlands Reedereien hätten ihre Geschäftsbeziehungen ins Reich der Mitte in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich vertieft. So entstanden auf chinesischen Werften bis heute mehr als 1000 Schiffe für deutsche Auftraggeber und damit jedes dritte Schiff der deutschen Handelsflotte. Hartmann weiter: „Das enorme Wirtschaftswachstum Chinas und vor allem dessen Beitritt zur WTO hat es deutschen Reedern ermöglicht, zum Marktführer in der Containerschifffahrt zu werden.“ Und auch beim wichtigen Thema „Schiffsfinanzierung“ erweisen sich Banken in China als immer bedeutsamere Partner für deutsche Schifffahrtsunternehmen.
Dass die chinesische Handelsflotte inzwischen die deutsche überholt habe, bewertete der VDR-Präsident „als ganz natürliche Entwicklung“.
Für ermutigend hält Hartmann auch Chinas Vision von der „maritimen Seidenstraße“. Dazu gehörten auch „enorme Investitionen in die Infrastruktur“. So würden etwa in Zentralasien auf diese Weise „ganze Regionen neu erschlossen“.
Ein besonders Lob zollte der VDR-Chef auch Chinas Engagement etwa im Rahmen der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO. Dabei sei die Regierung in Peking davon überzeugt, dass eine schifffahrtsbezogene Gesetzgebung nur auf internationaler Ebene und nicht durch nationalstaatliche Alleingänge entwickelt werden könnte. So sei zum Beispiel China – „ein Schlüsselland“ bei der Frage, welchen Weg die IMO bei der Senkung von CO2-Emissionen in der Schifffahrt einschlagen soll.
In seinem gut 35-minütigen, in perfektem Deutsch und zudem frei gehaltenen Vortrag beleuchtete der chinesische Botschafter eine Vielzahl von Aspekten aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Verkehr und Kultur. Dabei erwies sich Shi Mingde zudem als ein profunder Kenner Deutschlands. Immerhin nahm er 1972 ein Studium in der ehemaligen DDR auf, erlebte später im Rahmen seiner Tätigkeit bei der chinesischen Botschaft in Ost-Berlin „die Wende“ und in den Folgejahrzehnten das neue, langsam zusammenwachsende Deutschland. Shi Mingde, seit 2012 Botschafter in Berlin, wörtlich: „Ich kenne also Ossis und Wessis.“
Wiederholt stellte er in seinem facettenreichen Vortrag die besonders engen wirtschaftlichen, politischen und auch kulturellen Beziehungen zwischen seinem Land und der Bundespublik heraus. Das habe auch dazu geführt, dass China heute für Deutschland der größte Handelspartner sei. Hamburg als größter deutscher Universalhafen spiele dabei für China eine herausragende Rolle. Der Botschafter: „Hamburg war immer Europas Tor nach Asien. Und das wird es auch bleiben.“ Jedes dritte Containerschiff, das den Hamburger Hafen anlaufe, stamme aus China.
Dass sich das von ihm repräsentierte Land heute auf vielen Gebieten einen Spitzenplatz im Weltvergleich erarbeitet habe, wertete Shi Mingde als eine von vielen herausragenden Leistungen des chinesischen Volkes, zugleich aber auch vieler kluger Entscheidungen der Regierungen des klar zentral geführten Staates. Dazu gehört für ihn auch die Umstellung der einstigen „Planwirtschaft“ kommunistischer Prägung durch die „Marktwirtschaft“, wobei dabei sehr wohl ein chinesischer Sonderweg eingeschlagen worden sei. Peking gelang es in den zurückliegenden Jahrzehnten, „mehr als 700 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien“ und damit auch entsprechende Existenzängste zu beseitigen. Shi Mingde: „Wir sind stolz auf diese Erfolge.“ Dabei räumte er durchaus selbstkritisch ein, dass es in China immer noch ein Wohlstandsgefälle zwischen den ländlich geprägten Regionen und den urbanen Zentren gebe. Ein hoch sensibles Thema sei dabei die Rolle der sogenannten Wanderarbeiter, von denen es landesweit gut 350 Millionen Menschen gäbe. Während die erste Generation froh gewesen sei, auf diese Weise ein Einkommen für ihre tief im Binnenland lebenden Familien zu erzielen und dabei auch widrige Lebensbedingungen in den Mega-Städten akzeptierten, sei inzwischen „die zweite Generation der Wanderarbeiter“ herangewachsen. Und sie fordere so etwas wie eine Gleichbehandlung in den Städten ein. Ausdruck eines wachsenden Wohlstands in China sei auch die rasante Motorisierung. Shi Mingde: „Vor zehn Jahren gab es fünf Millionen Radfahrer in Peking, heute gibt es sechs Millionen Autos in der Stadt. Peking ist ein einziger Parkplatz geworden.“ Die Luftschadstoffbelastung sei dramatisch. Überhaupt habe das dauerhaft hohe Wachstum des BIP auch seinen Preis. Flüsse und Gewässer seien hoch belastet, die Luft in den Städten ebenfalls – eine Situation, wie sie weite Teile Europas in den 1970er Jahren kannten. Peking steure jetzt gegen. Umweltschutz sei ein zentrales Thema. Daher verfolge sein Land auch besonders aufmerksam, wie Deutschland die Energiewende umsetzt. Damit sei die Bundesrepublik auch auf diesem Gebiet ein wichtiger Partner. Entschieden bekannte sich Shi Mingde für sein Land zur Fortsetzung der Globalisierung. „Wir leben vom Freihandel, und wir profitieren vom Freihandel.“ Spontanen Beifall gab es dafür: „Wir halten nichts von „America first“.“ EHA