Schrumpfkurs „Schwarz-Rot-Gold“

Weiter unter Stress: Schifffahrt unter deutscher Flagge, Foto: Arndt

Maritime Kernkompetenz „Made in Germany“: TT-Line Fährschiff, Foto: Arndt
Die Zahl der ausgeflaggten deutschen Seeschiffe schrumpft schneller als die Anzahl der Frachter unter deutscher Flagge.
Das geht aus den jüngsten Statistiken des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit dem Stichtag 30. Juni 2018 hervor, die der THB ausgewertet hat.
Danach betrug die Zahl der ausgeflaggten Schiffe nur noch 1898 Einheiten und damit 12,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Unter Schwarz-Rot-Gold waren im internationalen Seeschifffahrtsregister (ISR) noch 169 Einheiten registriert und damit neun weniger als vor einem Jahr. Das entspricht einem Rückgang um 5,1 Prozent.
2019 muss die CDU/CSU-SPD-geführte Bundesregierung die 2015/2016 beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung der Seeschifffahrt unter deutscher Flagge noch einmal einer kritischen Würdigung unterziehen. Einschließlich der ausschließlich in nationalen Hoheitsgewässern eingesetzten Schiffe und Boote, im Besonderen die Fähre für die Ver- und Entsorgung der verschiedenen Inseln, gab es Ende Juni insgesamt 2207 mit deutschem Interessenhintergrund bereederte Seeschiffe. Das entspricht noch knapp zwei Drittel des Bestandes, der zum Höhepunkt, nämlich dem Jahr 2010, erreicht worden war.
Bemerkenswert ist, dass der langjährige Anstieg der Tonnage unter EU-Flaggen offenbar zum Erliegen gekommen ist. Die Quote betrug nach THB-Berechnungen 45,5 Prozent und blieb damit gegenüber den beiden Vorquartalen praktisch unverändert. In Branchenkreisen wurde die Vermutung geäußert, dass für das Stagnieren der Quote Verkäufe von EU-geflaggten Schiffen aus dem Portfolio der HSH Nordbank verantwortlich sein könnten.
Die Quote der EU-geflaggten Schiffe ist maßgeblich dafür verantwortlich, mit welchem Wohlwollen die Brüsseler EU-Kommission die Gewährung des Tonnagesteuervorteils für alle deutsch bereederten Schiffe weiter beurteilt, und zwar unabhängig von der Flaggenführung. Ziel der EU ist, dass mindestens 60 Prozent der nationalen Tonnage unter EU-Flaggen fährt, mindestens muss aber der Ausgangsstand von 2004 (27,1 Prozent) übertroffen werden.
Portugal als zahlenmäßig bedeutendstes deutsches Ausflaggungsziel in der EU rutschte erstmals seit Ende 2016 wieder unter die Marke von 10 Millionen BRZ. In Kreisen der Registerbetreiber wird aber die Hoffnung geäußert, dass Portugal mit der kürzlich beschlossenen Einführung der Tonnagesteuer als internationaler Schifffahrtsstandort wieder attraktiver wird. Dabei will das kleine Land auf der Iberischen Halbinsel an seine alte, epochenprägende Seefahrertradition anknüpfen. Ein wichtiger Baustein in diesem maritimen Gesamtkonzept ist besagte Tonnagesteuer, die rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres gilt. Die Berücksichtigung un dem Tonnagesteuer-Regime ist dabei jedoch an verschiedene Auflagen geknüpft. Dazu gehört zum Beispiel, dass das Schiffseigentum oder das Schiffsmanagement physisch an Portugal gebunden ist. Zudem muss bei Anwendung der Tonnagesteuer das Schiff unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaates erfolgen. Zu den Anreizen gehören für einen Wechsel nach Portugal gehört unter anderem, dass Eigentümer besonders umweltfreundlicher Schiffe belohnt werden.
Für Robert Lorenz Meyer, Präsident der Internationalen Portugiesischen Reedervereinigung EISAP ist „die Verabschiedung der Tonnagesteuer in Portugal ein Meilenstein für die europäische Schifffahrt“. Nach der Einführung des Madeira-Registers (International Shipping Register of Madeira, „MAR“) sei „dieser Schritt logisch und konsequent“, um sich als Top-Standort für Reedereien gerade aus der EU empfehlen. Der Verbandschef weist darauf hin, dass Portugal aktiv darum werben wird, Reedereien für eine Direktansiedlung in dem Land zu gewinnen.
Das luxemburgische Register, das 2014 mit 33 deutsch bereederten Schiffen seinen Höhepunkt erreicht hat, ist inzwischen in seiner Bedeutung zurückgefallen. Aktuell sind noch neun Schiffe mit deutschem Interessenhintergrund im Großherzogtum registriert. roe/EHA