"Schummeln geht nicht" - Fischer fühlen sich von Quoten gegängelt

Das Wort Überfischung hört Dieter Hullmann nicht gern. "Alle sprechen von überfischten Meeren", sagt der geschäftsführende Vorsitzende der Fischerei-Genossenschaft Elsfleth, die insgesamt 24 in Brake und Emden beheimatete Fischkutter betreut.

"Komischerweise sind die Erträge seit 20 Jahren gleich." Klar bemerkten die Fischer auch Schwankungen in den Beständen. "Aber die hat es schon immer gegeben. Das sind naturbedingte Phänomene." Ob Scholle, Seezunge, Kabeljau, Steinbutt, Rochen oder selbst der Dornhai: Es gehe ihnen gut.

Das sehen nicht nur Umweltschützer und Meeresbiologen anders, sondern auch die Fischereiminister der EU-Staaten. Jedes Jahr legen sie auf Grundlage von wissenschaftlichen Gutachten deshalb Fangquoten fest. Sie geben an, wie viele Tonnen einer bestimmten Fischart in einem Jahr gefangen werden dürfen. Die Quoten für 2017 für den Nordostatlantik und die Nordsee werden am Montag bekanntgegeben, die für die Ostsee stehen schon fest. Vom Dorsch in der westlichen Ostsee sollen 56 Prozent weniger gefangen werden als in diesem Jahr, weil Forscher einen Zusammenbruch des Bestandes fürchten. Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) sprach nach der Entscheidung von einer "schmerzhaften, aber angesichts der Bestandssituation erforderlichen Quotenreduzierung".

Konsequenzen hat das auch für Dieter Hullmann. Einer seiner eigenen vier Kutter, die "BRA 4 Destiny", ist in der Ostsee unterwegs. Kapitän ist sein Sohn Timo. In wenigen Tagen entscheidet die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, ob er dort weiter auf Fischfang gehen darf. "Weil die Quote so drastisch gesenkt wurde, wird überlegt, dass Nordsee-Kutter nicht mehr in der Ostsee fischen dürfen." Sollte das der Fall sein, würde er klagen, sagt Hullmann.

1922 gegründet

Sein Familienbetrieb mit Sitz in Brake an der Unterweser ist seit der Gründung 1922 auch immer in der Ostsee unterwegs gewesen.

Dass Schiffe im Hafen bleiben, weil die Quote bereits abgefischt wurde, passiert immer wieder. Bei Hullmann sind das schon mal bis zu drei Wochen. Normalerweise bleiben seine Kutter zwei, drei Tage im Hafen, um dann wieder eine Woche auf See zu sein. In Cuxhaven liegt die 35 Meter lange "Iris" der Erzeugergemeinschaft Kutterfisch schon das ganze Jahr am Pier. "Normalerweise würde sie auf Seelachsfang gehen, die Quote ist jedoch so gering, dass sie auf andere Kutter aufgeteilt wurde", erklärt die Kutterfisch-Zentrale, die insgesamt zehn Schiffe betreut.

Hullmann sagt, ein weiteres Problem für die Fischer sei die sogenannte Anlandeverpflichtung, die ab 2017 in der Nordsee gilt. Sie besagt, dass kein Fischer mehr unbeabsichtigt gefangene Fische zurück ins Meer werfen darf. Alle ins Netz gegangenen Fische müssen an Land gebracht werden. "Wenn ich als Beifang Steinbutt habe, die Quote dafür aber schon abgefischt habe, muss ich die Reise abbrechen und sofort an Land", erklärt Hullmann mögliche Konsequenzen.

Zusätzliche Quoten

Die EU-Kommission wird deshalb für den Übergang zusätzliche Quoten vorschlagen. Trotzdem sagt Hullmann: "Das Rückwerfverbot ist der falsche Weg." Denn der Beifang fehle im Biosystem der Nord- und Ostsee. Stattdessen werde er zu Fischmehl verarbeitet und lande in norwegischen Lachsfarmen.

Die Idee, selektiv zu fischen, finde er ja gut. Es müssten dafür aber neue Netztechniken entwickelt werden, um unerwünschten Beifang effektiv zu vermeiden, betont Hullmann, der zehn Jahre lang selbst zur See gefahren ist. So wie es mit neuartigen Netzen beim Krabbenfischen schon geschafft wurde.

Wer den Fischern unterstellt, sie könnten ja - so weit entfernt vom Land - weiterhin unbemerkt Beifang über Bord werfen, wird von Hullmann eines Besseren belehrt: Es gebe Kameras an Bord, ein elektronisches Logbuch, stündliche Meldungen über die Position, Fangeintragungen, Kontrollen auf See und im Hafen. "Die Fischerei ist die am besten kontrollierte Branche Deutschlands", sagt Hullmann. (dpa)

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