Thyssenkrupp von Stahlgeschäft ausgebremst
Die lange schwachen Stahlpreise haben die Erholung des Industriekonzerns Thyssenkrupp empfindlich gebremst. Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr rutschte der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) um zwölf Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro ab, wie das Unternehmen am Donnerstag in Essen mitteilte. Einsparungen von fast einer Milliarde Euro stabilisierten dabei das Ergebnis.
Der Umsatz schmolz um acht Prozent auf 39,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente Konzern 296 Millionen Euro, vier Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Zahlen lagen knapp im Rahmen der Erwartungen. Die Dividende will Thyssenkrupp mit 15 Cent pro Aktie allerdings nur stabil halten, Analysten hatten mit einer Erhöhung gerechnet.
Angespannte Finanzlage
Der Vorschlag für die Ausschüttung berücksichtigt - wie Thyssenkrupp mitteilte - unter anderem die Finanzlage. Die hat sich wieder verschärft. So verringerte sich in den zwölf Monaten bis Ende September das Eigenkapital um mehr als ein Fünftel auf 2,6 Milliarden Euro. Das lag vor allem daran, dass der Konzern wegen des Zinstiefs seine Rückstellungen für Pensionszahlungen erhöhen musste. Die Schulden stiegen um drei Prozent auf 3,5 Milliarden Euro an.
Damit lag das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital bei gut 134 Prozent und damit rund 30 Prozentpunkte höher als ein Jahr zuvor. Seit Jahren schon ringt Thyssenkrupp mit der wichtigen Marke von 150 Prozent. Wird dieser Wert übertroffen, können Banken nämlich einige Kreditverträge kündigen. Thyssenkrupp betonte angesichts von acht Milliarden Euro jederzeit verfügbarer Gelder solide finanziert zu sein.
Cashflow überraschend verbessert
Einen Lichtblick gab es beim Mittelzufluss aus dem laufenden Geschäft (Cashflow). Dieser wuchs um 72 Prozent auf 198 Millionen Euro. Das heißt, Thyssenkrupp hat mehr Geld eingenommen als ausgegeben. Im Geschäftsjahr 2014/15 war das erstmals seit neun Jahren gelungen. Zuletzt hatte der Vorstand selbst bestenfalls einen ausgeglichen Cashflow in Aussicht gestellt.
Ursprünglich wollte der Konzern seinen operativen Gewinn auf bis zu 1,9 Milliarden Euro steigern. Wegen des heftigen Verfalls der Stahlpreise bis weit ins vergangene Geschäftsjahr hinein senkte das Management aber bereits im Mai seine Prognose auf nur noch gut 1,4 Milliarden Euro. Im neuen Geschäftsjahr strebt der Vorstand nun einen bereinigten Gewinn vor Steuern und Zinsen von rund 1,7 Milliarden Euro an. Allein 850 Millionen Euro sollen dabei weitere Sparanstrengungen liefern.
Neue Problemsparte
Als Stütze erwiesen sich wieder einmal das Aufzugsgeschäft und die Komponentenfertigung, die beide ihren Gewinn steigerten. Dagegen entwickelte sich der Großanlagenbau, zu dem die U-Boot-Sparte gehört, wegen schwacher Aufträge zu einem Sorgenkind und verdiente deutlich weniger. Ein Sanierungsprogramm soll nun Besserung bringen. Allerdings muss Thyssenkrupp das ohne den dafür ursprünglich vorgesehenen Manager durchziehen. Dieser hatte vor wenigen Tagen seinen Hut genommen, weil er gegen die konzerneigenen Regeln der guten Unternehmensführung verstoßen hatte.
Um 36 Prozent sackte sogar der Gewinn der europäischen Stahlsparte ab. Sie hatte lange unter dem durch massive Importe aus China ausgelösten Preisverfall zu leiden. Zuletzt erholten sich die Preise aber auch dank der Einführung von Strafzöllen in der EU wieder, so dass sich die Aussichten für dieses Geschäft etwas aufgehellt haben.
Verkauf von Brasilien-Werk nahe?
Seit Jahren kämpft die Sparte schon mit der Branchenkrise. Der Vorstand sucht inzwischen aktiv nach einem Befreiungsschlag. Im Sommer bestätigte das Unternehmen Gespräche über einen Zusammenschluss seiner hiesigen Stahlsparte mit dem europäischen Stahlgeschäft des indischen Industriekonglomerats Tata. Seitdem war aber wenig zu hören.
Derweil reduzierte das brasilianische Problemstahlwerk seinen Jahresverlust deutlich. Der viel zu teure Bau der Anlage hatte Thyssenkrupp vor wenigen Jahren in eine tiefe Krise gestürzt. Inzwischen läuft das Werk stabiler. Langfristig will Thyssenkrupp sich von der Anlage trennen. Zuletzt hatte es Gerüchte über einen Verkauf an den argentinischen Stahlkonzern Ternium gegeben. (dpa-AFX)