Baukosten für Windparks auf See senken

Auch längere „Wetterfenster“ bringen Kosteneinsparungen, Foto: Siemens
Um den kommerziellen Erfolg von Offshore-Windparks langfristig sicherzustellen und die Technik für Investoren weiter attraktiv zu halten, sucht der Anlagenbauer Siemens nach Möglichkeiten, die Baukosten deutlich zu senken.
„Wir arbeiten intensiv daran und haben einige Punkte identifiziert, wo noch Einsparpotenzial schlummert, beispielsweise in der Logistik“, sagte Björn de Sousa, kaufmännischer Leiter des Projektmanagements Offshore bei Siemens, im Interview mit der THB-Schwesterpublikation DVZ.
So hat sich die Siemens Division „Wind Power and Renewables“, die auch zu de Sousas Aufgabenbereich gehört, intensive Gedanken über die logistische Versorgung der Windkraftwerke mit Komponenten für die Stromerzeugung gemacht. „Unser Ziel ist eine hochindustrialisierte Wertschöpfungskette, um die Stromgestehungskosten bei Offshore-Wind bis 2020 auf unter zehn Cent pro Kilowattstunde zu senken“, so de Sousa.
Den Weg dorthin sollen unter anderem zwei 140 Meter lange Spezialschiffe ebnen: Das eine befördert Maschinenhäuser und Generatoren, das andere die Rotorblätter. Erstmals präsentiert wurde diese Transportlösung auf der internationalen Windfachmesse EWEA im vergangenen November in Paris (THB 19. November 2015). Im Rahmen eines Langzeitvertrags mit dem Transportdienstleister Deugro Danmark A/S wird Siemens die eigens in den Niederlanden konstruierten Schiffe nutzen, um die bestehenden dänischen Produktionsstandorte sowie die neuen Werke in Cuxhaven und im britischen Hull in einer Art Pendel-Werksverkehr mitein ander zu verbinden. Statt die bis zu 75 Meter langen Rotorblätter und die rund 360 Tonnen schweren Maschinenhäuser per Kran zu verladen, sollen sie künftig im RoRo-Verfahren auf die Schiffe verladen und zu den Montagehäfen befördert werden. „Wir merken, dass es zunehmend schwieriger wird, die Anlagenteile per Schwertransport auf der Straße in die Montagehäfen zu transportieren“, beschreibt de Sousa die Entwicklungen der vergangenen Jahre. Das habe einerseits mit dem zunehmenden Gewicht der Teile zu tun, andererseits würden die Straßentransporte vermehrt Restriktionen aufgrund der verschlissenen Infrastruktur unterliegen.
Neu ist das RoRo-Verfahren für Siemens nicht. Experten des Unternehmens haben das Konzept aber weiterentwickelt, und Deugro wird dafür spezielle Transportfahrzeuge bereitstellen. Dabei handelt es sich auch um selbstfahrende Schwerlasttransporter, die in der Lage sind, die schweren Maschinenhäuser an Bord der Schiffe zu bringen. Acht dieser Häuser passen in den Frachtraum. Das zweite Spezialschiff kann zwölf Blätter aufnehmen. Ab Herbst 2016 ist die Indienststellung geplant. Die Schiffe fahren dann wie im Feederverkehr zwischen den Fertigungsstätten sowie den Lager- und Verschiffungshäfen, wo die Errichterschiffe die Teile zur Montage auf See abholen.
Fester Bestandteil des Logistikkonzepts sind auch neue Produktionsstätten mit direktem Hafenanschluss. So investiert Siemens in Cuxhaven rund 200 Millionen Euro in den Bau einer Fabrik für Offshore-Windenergieanla gen (THB 2. März 2016). Dort werden auf einer Fläche von 170.000 Quadratmetern ab Mitte 2017 Maschinenhäuser für die neue Windturbinengeneration D7 hergestellt. Das beinhaltet auch die Endmontage von Generatoren, Naben und Gondelteilen, aus denen die Maschinenhäuser für die Offshore-Windenergieanlagen entstehen. Nach Aussage von de Sousa soll die neue Lösung, je nach Lage des jeweiligen Projekts, die Transportkosten um rund ein Fünftel senken.
Darüber hinaus hat er noch weitere Bereiche ausgemacht, die Kosteneinsparungen erlauben. So sei auch das sogenannte „Wetterfenster“, also der Zeitraum, in dem die Anlagen auf See zusammengebaut werden können, eine wichtige Komponente. Durch ein neu entwickeltes Hebejoch, an dem die Rotorblätter bei der Montage an die Nabe hängen, kann nun bei einer Windgeschwindigkeit von 12 m/sek gearbeitet werden. Bisher mussten die Arbeiten bei 8 m/sek eingestellt werden. Dadurch kann die Einsatzzeit des Arbeitsschiffes weiter verlängert werden – ein nicht zu unterschätzender Faktor bei den Entstehungskosten eines Offshore-Windparks. bre/jpn