Fortschritt bei Floating-Projekten

Vor der baskischen Küste testen RWE und Saitec Offshore Technologies eine innovative Schwimmplattform für Windturbinen, Foto: Saitec Offshore Technologies
Der Essener Energiekonzern RWE sieht großes Potenzial für Floating-Offshore-Windkraftanlagen. „Gerade in Ländern mit tieferen Küstengewässern eröffnen sich dadurch attraktive Möglichkeiten“, sagt Sven Utermöhlen, Chief Operating Officer Wind Offshore Global bei RWE Renewables, mit Blick auf ein Pilotprojekt für schwimmende Windturbinen, das derzeit vor der baskischen Küste in Zusammenarbeit mit Saitec Offshore Technologies realisiert wird.
Getestet wird die sogenannte SATH-Technologie, die auf einem katamaran-ähnlichen Schwimmkörper aus modular vorgefertigten und anschließend verspannten Betonteilen basiert. Der Schwimmkörper kann sich entsprechend der Wind- und Wellenrichtung um einen fixen Verankerungspunkt ausrichten.
Die Aufbauten sowie die Zwei-Megawatt-Turbine für den DemoSATH-Prototyp werden im Hafen von Bilbao montiert. Die Grundfläche der Konstruktion beträgt etwa 30 Meter in der Breite und rund 64 Meter in der Länge. Die Plattform samt Turbine wird an ihren Ankerpunkt in einem Testfeld etwa drei Kilometer vor der baskischen Atlantikküste geschleppt. Der Ozean ist an dieser Stelle rund 85 Meter tief. Im Meeresboden verankerte hybride Ankerleinen aus Ketten und Kunstfaserseilen werden die schwimmende Plattform auf Position halten.
Die Anlage geht voraussichtlich Anfang 2022 in Betrieb. Der erzeugte Strom wird in das spanische Netz eingespeist und ausreichen, um rechnerisch jährlich rund 2000 Haushalte mit Strom zu versorgen sowie Ausstoß von mehr als 5000 Tonnen CO2 zu vermeiden.
Ziel des Projekts ist es, Daten zu sammeln und operative Erkenntnisse aus der Installation, dem Betrieb und der Wartung der Anlage zu gewinnen. Außerdem geht es den Partnern darum, neben Erkenntnissen über das Verhalten der Plattform auf hoher See auch Erfahrungen bei der Fertigung zu sammeln, um künftige Serienproduktionen planen zu können. Um Designs künftiger Offshore-Windparks weltweit flexibel an die Gegebenheiten vor Ort anpassen zu können, testet RWE neben SATH noch weitere technologische Optionen für Floating-Offshore-Wind, etwa vor der Küste Norwegens oder in den USA.
Erstmals auf See erprobt worden ist indes die vom Energieversorger EnBW und dem norddeutschen Ingenieurunternehmen Aerodyn Engineering entwickelte schwimmende Windkraftanlage „Nezzy²“ (thb.info 9. Juni 2020). Wie die Unternehmen am Montag mitteilten, verlief der zweimonatige Test im Greifswalder Bodden mit einem 18 Meter hohen Prototyp im Maßstab 1:10 erfolgreich. „Wir konnten eineinhalb Tage beobachten, wie ,Nezzy²‘ unter extremen Wetterbedingungen stabil im Wasser lag. Unsere Tests haben bewiesen, dass unser Modell jetzt bereit ist, in Originalgröße im Meer getestet zu werden“, sagte Aerodyn-Geschäftsführer Sönke Siegfriedsen.
Der baden-württembergische Energieversorger EnBW will bei seinen internationalen Offshore-Projekten künftig auch schwimmende Windkraftanlagen einsetzen. Die mit dem Modell erhobenen Messdaten würden ausgewertet und die Ergebnisse in die Konstruktion einer Anlage in Originalgröße einfließen, die spätestens Anfang 2022 in China getestet werden solle. Die beiden Turbinen sollen zusammen eine Leistung von 15 Megawatt haben. bek/lmv