Hintergrund: „Namibia kann Wind-Inkubator werden“

Afrika hat ein Energieproblem. Die Staaten der Subsahara-Region wollen deshalb massiv in Solar- und Windenergie investieren.

Ökonomen sagen den afrikanischen Staaten ein großes Wachstumspotenzial vor aus. Schon jetzt positioniert sich China als Großinvestor für den Abbau von Rohstoffen und den Bau von Infrastruktur auf dem Kontinent. Etwas könnte die positive Entwicklung in vielen Ländern aber deutlich hemmen: Die Energieversorgung läuft über oft wenig entwickelte Infrastruktur und mit Energielieferanten, die teuer und umweltschädlich sind.

Ein Beispiel ist Namibia: Das Land im südlichen Afrika ist wirtschaftlich nahezu vollständig von Südafrika abhängig. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1990 gibt es zwar Bestrebungen, sich mehr und mehr aus der südafrikanischen Umklammerung zu lösen, aber längst nicht alle Wirtschaftsbereiche sind auf einem guten Weg. Strom kommt aus Südafrika. Und dort, wo namibische Elektrizitätswerke Strom produzieren, tun sie das, indem südafrikanische Kohle oder südafrikanischer Diesel verbrannt wird. In einem der trockensten Länder der Welt mit windreichen Landstrichen und einem Seegebiet, das durch den Benguela-Strom über kalkulierbare Windverhältnisse verfügt, ist das eigentlich ein Unding.

Die Regierung unter Präsident Hage Geingob will deshalb jetzt auch verstärkt in regenerative Energien investieren und im Bereich Offshore-Wind sogar zum Vorreiter für die Subsahara-Region werden. Mit unterschiedlichen Förderprogrammen und unterstützt durch internationale Klima- und Entwicklungshilfeprojekte sollen die Nutzung der Solarenergie im Landesinneren forciert und der Bau von Windkraftanlagen an der Küste und offshore vor angetrieben werden. Rückendeckung erhält die Regierung in Windhuk dabei vor allem durch chinesische Investoren.

China erschließt derzeit die Subsahara-Region vor allem als Lieferant für Rohstoffe. Namibia ist wegen seiner Diamant- und Uran-Vorkommen und der Existenz der Seltenen Erden deshalb besonders interessant. Auch in der maritimen Strategie der „Neuen Seidenstraße“ sind Namibia und Angola an der Küste zum Südatlantik und Mosambik, Tansania und Kenia an der Küste zum Indischen Ozean wichtige Bausteine. Die namibischen Häfen von Walvis Bay und Lüderitz werden derzeit mit chinesischer Hilfe ausgebaut und erhalten moderne und leistungsfähige Hinterlandanbindungen. Vor allem Walvis Bay soll zum Multi-Purpose-Hafen werden. Und die mittelfristigen Planungen sehen vor, in Walvis Bay auch einen großen Offshore-Terminal zu errichten.

Parallel dazu finden derzeit Erkundungsbohrungen für Gründungsbauten von Offshore-Fundamenten in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Namibias statt. Und unter der Hand ist zu hören, dass die Chinesen die namibische Regierung ermutigen, sich an der ehemaligen Kolonialmacht Deutschland zu orientieren. Nicht nur die Energiewende als solche, auch der Ausbau der Offshore-Kapazitäten mit der kompletten Wertschöpfungskette soll als Beispiel dienen. „Offshore ist für uns zusammen mit der Solarenergie eine spannende und vor allem wirtschaftlich einsetzbare Alternative zur Kohleverstromung“, sagte Calle Schlettwein dem THB im vergangenen Jahr am Rande eines Pressegesprächs. Schlettwein war bis März dieses Jahres Minister für Handel und Industrie. Seit dem Amtsantritt von Präsident Geingob ist der Deutsch-Namibier Finanzminister.

Eine Expertenkommission hat für die Errichtung von Offshore-Anlagen im Südatlantik und für Namibia als Basis zur Erschließung des Kontinents gute Chancen ausgemacht. „Vor allem die landseitige Logistik, das gut ausgebaute Verkehrsnetz, der hohe Ausbildungsstand der Bevölkerung und die geringste Korruptionsanfälligkeit in Afrika sind gute Rahmenbedingungen für den Aufbau dieses neuen Energiezweiges“, heißt es in einem Bericht, der der Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD zuge leitet wurde.

Das bestätigen auch unabhängige Beobachter. „Namibia hat zwar bisher noch kein konkretes Ausbauziel genannt“, sagt Kenneth Witherton von der Energieberatung Green Future in Manchester. „Einige andere Staaten wie Angola oder Tansania haben da schon erheblich konkretere Pläne auf den Tisch gelegt.“ Aber die Erfahrungen mit Entwicklungsprojekten hätten auch gezeigt, dass eine eher zurückhaltende Planung eher Aussicht auf Umsetzung und Erfolg hat. „Namibias Vorteil ist die geringe Korruption. Der Aufbau einer Offshore-Industrie wäre zwar kein Selbstläufer, aber aufgrund der nahezu westlichen Standards und der hervorragenden Erschließung des gesamten südafrikanischen Kontinents ist Namibia ausgesprochen interessant für Investoren und auf alle Fälle ein guter Kandidat, der Offshore-Inkubator für Afrika zu werden“, sagt Witherton, dessen Agentur vor allem Entwicklungsländer bei der Implementierung ressourcenschonender Energien berät.

Deutsche Unternehmen sind noch nicht vor Ort. Aber britische Windparkentwickler haben schon ein Kontaktbüro in Windhuk und Walvis Bay eingerichtet.

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