Ostsee-Windparks erhalten Seekabel

Auf See ist das Tempo meistens beschaulich - aber dass dieses Schiff sich überhaupt bewegt, ist mit bloßem Auge gar nicht zu sehen: Gerade mal fünf Meter pro Minute schafft die "Cable Enterprise" an diesem Dienstag, und das ist auch schon Höchstgeschwindigkeit beim Kabellegen. In diesem Tempo senkt sich das Seekabel vom Heck des Schiffes in die Ostsee, um in 37 Metern Tiefe in den Grund der Ostsee einzusinken.

Während sich rund 30 Kilometer entfernt auf Rügen die Touristen über den Regen ärgern, kann Kapitän Vincenzo Paturzo froh sein über das Wetter: Kaum Wind, kaum Seegang - das sind Idealbedingungen für den Kabelleger. Regen spielt keine Rolle.

Die aktuelle Mission des 124 Meter langen Spezialschiffs unter britischer Flagge und seiner 69-köpfigen Besatzung: Verlegung des ersten Strangs des Stromkabels "Ostwind 1" zum Anschluss der beiden Offshore-Windparks "Wikinger" und "Arkona" im Seegebiet Adlergrund, nordöstlich von Rügen. 90 Kilometer lang ist die Strecke, Anlandepunkt auf dem Festpland ist Lubmin am Greifswalder Bodden.
Bauherr des Projekts ist der Netzbetreiber 50Hertz, der am Dienstag auf einer Ausfahrt über das Projekt informierte.

Seit Sonntag ist die "Cable Enterprise" damit beschäftigt, das Kabel auf seinem Schlussabschnitt zu verlegen, von Kilometer 66 bis 90. Die Kilometer 39 bis 66 liegen bereits seit Juni am Meeresgrund. Die ersten beiden Abschnitte sollen in Kürze folgen. Auf dem Deck dreht sich seit Sonntag unablässig der blaue Stahlkorb, in das 28,6 Kilometer lange Kabel-Teilstück aufgerollt ist. 3688 Tonnen wog das Kabel im Korb, bevor es losging - inzwischen ist bereits rund ein Viertel davon im Meer versenkt.

Arbeiten bis Ende August abgeschlossen

Und gerade läuft es nicht nur buchstäblich wie am Schnürchen, sagt Projektleiter Wolfgang Thießen vom Bauherrn 50Hertz: "Wir kommen wirklich gut voran." Bis Ende August wollen sie fertig sein mit diesem Abschnitt, wenn das Wetter weiter mitspielt und sich sonst keine Unwägbarkeiten auf dem Meeresgrund auftun. Derzeit hoffen sie etwa, dass das Kabel nicht zu tief in den Meeresboden einsinkt, der auf dem aktuellen Teilstück sehr weich ist. An anderen Stellen ist er wiederum so hart, dass das Kabel in den Grund eingefräst werden muss. Denn laut Vorschrift muss es eine Legetiefe von mindestens 1,50 Metern haben.

In mehreren Durchläufen ist der Meeresboden in den vergangenen Jahren auf das Kabel vorbereitet worden: Zunächst musste die Strecke von alter Munition befreit werden. Es gab rund 3500 Verdachtspunkte, mehrere Wasserbomben und Seeminen mussten gesprengt und etliche weitere Munitionsreste geborgen werden. Danach folgten genauere Untersuchungen der Bodenbeschaffenheit. Zum Schluss wurde die Verlegung des Kabels bei einem sogenannten "Pre Lay Run" auf der kompletten Strecke simuliert.

Im Flachwasser-Abschnitt, von Kilometer 0 bis 39 im Greifswalder Bodden, soll im September die Verlegung beginnen. Dort ist das Wasser so flach, dass das Kabel von einem Ponton aus verlegt wird. An Land, wo das Kabel vom Ufer bis zum Umspannwerk noch drei Kilometer zurücklegen muss, sind die Bauarbeiten sogar fast abgeschlossen.

Umspannplattform in Cadiz gebaut

Auf hoher See läuft derweil ein Wettrennen - wenn auch eines in Zeitlupe - um die Frage, wer als erstes am Zielpunkt des Kabels eintrifft: Das Kabel oder die Umspannplattform, an der es enden soll.
Diese war vorige Woche im südspanischen Cadiz fertiggestellt worden und wird in diesen Tagen Richtung Ostsee verschifft. "Wir hoffen, dass wir mit dem Kabel ankommen, bevor die Umspannplattform eintrifft", sagt Thießen. "Denn wer zuerst da ist, darf dort auch zuerst arbeiten." 50Hertz ist nur für das Kabel zuständig, die Plattform liegt hingegen in der Verantwortung des spanischen Konzerns Iberdrola. Iberdrola baut den Windpark "Wikinger", dessen Strom das Seekabel künftig transportieren soll. "Wikinger" wird 350 Megawatt Leistung haben und soll Ende 2018 ans Netz gehen. Bis dahin muss, logischerweise, auch der erste Kabelstrang fertig sein.

Zwei weitere Kabelstränge auf der Trasse von "Ostwind 1" müssen bis Ende 2019 folgen, auf 1,5 Milliarden beziffert 50Hertz die Baukosten. Dann soll auch der zweite Windpark, "Arkona", ans Netz gehen. Für diesen Windpark, der ebenfalls 350 Megawatt Leistung haben soll, will der Konzern E.on an diesen Donnerstag (18. August) in Sassnitz-Mukran den symbolischen Grundstein legen. (mv)

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