Siemens-Entscheidung als Aufbruchsignal
Nur ein Silberstreif am Horizont oder doch das Signal zum Aufbruch? Die Windenergie-Branche zwischen Nord- und Ostsee übt sich in vorsichtigem Optimismus. Einen Schub soll die Investition von Siemens in Cuxhaven bringen (THB 6. August 2015). Der Elektrokonzern baut dort ein neues Werk für Offshore-Windturbinen und will 1000 neue Jobs schaffen.
Allein im ersten Halbjahr gingen 422 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1765,3 Megawatt (MW) neu ans Netz, rechnet die Deutsche Windguard vor. Auf See speisten damit Ende Juni inzwischen 668 Anlagen mit einer Leistung von 2777,8 MW Strom ein. Europa ist der größte Offshore-Markt der Welt mit gut 8000 Megawatt installierter Leistung.
Windkraft wurde als Jobmotor der Energiewende angepriesen – denn auf absehbare Zeit dürfte der ausfallende Atomstrom in erster Linie durch Offshore-Wind kompensiert werden. Doch unsichere Rahmenbedingungen hatten die Branche erst einmal ausgebremst. Nun nimmt die Offshore-Industrie wieder Fahrt auf – davon ist Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) überzeugt.
Erst vor kurzem hatte er bundesweit für Aufsehen gesorgt, als er mit einer rund 60.000 Euro teuren Anzeige Unternehmer aus Bayern zum Umzug nach Niedersachsen aufgefordert hatte.
Am Mittwoch konnte er nun die größte Industrieansiedlung seit Jahren verkünden – und zwar von einem Münchner Großkonzern. Für Siemens ist der neue Standort ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur kostengünstigeren Produktion. Lange Zeit litt der Konzern im recht jungen Offshore-Geschäft unter Kinderkrankheiten – vor allem Verzögerungen bei der Anbindung von Nordsee-Windparks lasteten schwer auf den Bilanzen. Doch inzwischen geht es voran. Siemens-Chef Joe Kaeser erwartet allein von Juli bis September Windkraft-Bestellungen von fast zwei Milliarden Euro. „Die neue Fertigung wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, unserem Ziel, Windstrom wettbewerbsfähig zu machen, näher zu kommen“, sagt Markus Tacke, Chef der Sparte Windkraft und erneuerbare Energien bei Siemens. Dazu soll auch eine bessere Logistik beitragen. Dank der gut ausgebauten Hafenanlage in Cuxhaven könnten schwere Komponenten direkt auf Transportschiffe verladen werden. Die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens hatte unter strikter Geheimhaltung mehr als zweieinhalb Jahre über die Großinvestition verhandelt.
An Offshore-Standorten wie Emden retteten sich Unternehmen wie die Nordseewerke zuletzt in die Insolvenz – in der ehemaligen Werft waren knapp 200 Mitarbeiter mit Offshore-Zulieferungen beschäftigt. Auch dort hat man die Hoffnung, dass die Siemens-Pläne einen Schub für den Ausbau der gesamten Offshore-Windenergie bedeuten. Denn auch wenn in Emden Fundamente für Windkraftanlagen im Meer gebaut, am geplanten Siemensstandort dagegen Windkraftgeneratoren hergestellt werden: Eine neue Dynamik der Branche könnte auch andere Standorte befeuern. dpa/bre