270-Milliarden-Euro-Plan beschlossen

Die Hamburger Hafenwirtschaft sieht alle für sie wichtigen Projekte im „Vordringlichen Bedarf“, Foto: Hasenpusch
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) verabschiedet.
Straßen, Schienen und Wasserwege in ganz Deutschland sollen bis 2030 mit fast 270 Milliarden Euro in Schuss gehalten und ausgebaut werden. Das Konzept legt einen Schwerpunkt auf den Erhalt des Netzes und soll überregional bedeutende Engpässe beseitigen. Knapp die Hälfte aller Mittel fließt in Bundesstraßen und Autobahnen. Fast 42 Prozent sind für Bahnprojekte vorgesehen, der Rest für Wasserwege.
„Die Projekte und die Investitionsmittel sind aufeinander abgestimmt“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der Plan laufe auf eine deutliche Stärkung des Schienenverkehrs hinaus und bringe Ökologie und Ökonomie zusammen. Vorrang vor neuen Projekten soll generell der Erhalt haben. Dafür sind nun 69 Prozent des Geldes vorgesehen. Nun müssten die dazugehörigen Ausbaugesetze im Herbst zügig im Bundestag beschlossen werden, sagte Unions-Verkehrsexperte Ulrich Lange (CSU).
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte den Plan als „eine unbezahlbare Wünsch-dir-was-Liste“. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprach von einem „Anti-Klima schutzplan“.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sagte: „Allein mit dem Plan ist noch nicht ein einziger Euro in die Verkehrswege investiert.“ Damit dies schneller als in der Vergangenheit gehe, müssten Genehmigungsverfahren gestrafft und Planungskapazitäten aufgebaut werden.
Blick auf den Norden
Zu den vorrangigen Projekten im Norden zählt die von Hamburg seit fast 40 Jahren geforderte Querverbindung im Süden zwischen A1 und A7, die Hafenquerspange. Im Gegensatz zu früheren Überlegungen soll die für den regionalen Wirtschaftsverkehr wichtige Querachse jetzt als „A26-Ost“ realisiert werden. Sie wird in Höhe Hamburg-Moorburg (A7) bis nach Hamburg-Stillhorn (A1) geführt. Die Hafenquerspange ist das größte Einzelprojekt für Hamburg. 2017 könnte das Planfeststellungsverfahren beginnen, im Jahr 2019 dann die Bauarbeiten. In Hamburg rechnet man mit der Fertigstellung Mitte des nächsten Jahrzehnts.
Die Hamburger Hafenwirtschaft begrüßt die Verabschiedung des Verkehrswegeplans. „Mit der Aufnahme der für den Hamburger Hafen wichtigen Projekte in den Vordringlichen Bedarf ist eine wesentliche Grundlage geschaffen worden“, sagte Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Allerdings sei eine Verkürzung der Verfahrensdauer von großen Infrastrukturprojekten dringend erforderlich. „Hier bedarf es einer kritischen Überprüfung des derzeit geltenden Planungs- und Genehmigungsrechts“, so Bonz.
Grünes Licht auch für große Verkehrsprojekte in Niedersachsen
Die umstrittene Küstenautobahn A20, die A39 durch die Lüneburger Heide und auch neue Bahngleise in Niedersachsen sollen jetzt bis 2030 gebaut werden. „Das ist ein guter Tag für Niedersachsen, das ist ein wichtiger Schritt für die Infrastruktur in Niedersachsen“, reagierte Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) in Hannover. Alle großen angemeldeten Verkehrsprojekte des Landes seien berücksichtigt worden. Schon 2018 könne der Autobahnbau auf Teilabschnitten beginnen, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Der neue Verkehrswegeplan bringt auch wichtige Projekte in Schleswig-Holstein vor an.
Der Nord-Ostsee-Kanal wird ausgebaut, auch die A20 – und mehrere Städte bekommen Ortsumgehungen im Zuge von Bundesstraßen. Im Vordringlichen Bedarf sind mehrere Autobahnen ebenso enthalten wie der Nord-Ostsee-Kanal und der Elbe-Lübeck-Kanal. Verkehrsstaatssekretär Frank Nägele sprach für das nördlichste Bundesland von Licht und Schatten. Bei Straßen und Wasserstraßen zeigte er sich zufrieden. Mit Enttäuschung quittierte Nägele das Fehlen von Schienenprojekten, die aus Landessicht wichtig sind. So fehlt das erhoffte dritte Gleis für die Strecke Hamburg–Elmshorn, nachdem es im alten Bundesverkehrswegeplan schon im Vordringlichen Bedarf gestanden hatte. Auch ein Ausbau der Marschenbahn (Hamburg–Westerland/Sylt) und eine Elektrifizierung des Hindenburgdamms nach Sylt sind nicht enthalten.
Unabhängig vom Bundesverkehrswegeplan sind der Neubau einer Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal bei Rendsburg im Zuge der A7 und der mit Dänemark geplante Fehmarnbelttunnel ohnehin gesetzt. Überraschend war im März der Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals für 790 Millionen Euro in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen worden, obwohl das Nutzen-Kosten-Verhältnis relativ niedrig ist. Grund ist offenkundig der ebenfalls geplante vorgezogene Neubau der Schleuse Lüneburg-Scharnebeck. Die Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals ist mit 263,4 Millionen Euro im Vordringlichen Bedarf veranschlagt. Darüber hinaus standen rund 260 Millionen Euro für den Ausbau der Oststrecke des Kanals zwischen Kiel und Rendsburg schon länger fest. fab/dpa