Immer mehr Schiffe unter EU-Flaggen

Die deutsche Handelsflotte ist im vergangenen Jahr weiter geschrumpft. Das Madeira-Register konnte indessen den größtem Zulauf verzeichnen.

Die Zahl der im Internationalen Schifffahrtsregister (ISR) mit deutscher Flagge gemeldeten Schiffe betrug laut jüngsten Zahlen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) Ende 2016 nur noch 180. Ein Jahr zuvor waren es noch 192. Die Gesamtzahl aller Schiffe unter deutscher Flagge schrumpfte binnen Jahresfrist von 351 um sechs Prozent auf 330. Ein zwischenzeitlicher Anstieg im Sommer wurde im Herbst wieder zunichtegemacht. Etwas stärker als die Zahl der deutsch geflaggten Schiffe ging die der ausgeflaggten Schiffe zurück, und zwar von 2497 um 7,9 Prozent auf 2300.

Im vergangenen Jahr hatten nach THB-Informationen mit rund 270 Einheiten so viele Schiffe die Gesamtflotte deutscher Reeder verlassen wie in keinem Jahr zuvor. Zum Vergleich: In den bisherigen Rekordjahren 2012 bis 2015 lag die Zahl der Veräußerungen jeweils zwischen 170 und 200 Einheiten (THB 23. Dezember 2016).

Nach Ansicht des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) ist es noch zu früh, um die Auswirkungen der Mitte 2016 umgesetzten zusätzlichen Fördermaßnahmen des Bundes für die Seeschifffahrt unter deutscher Flagge zu bilanzieren. Zum 1. Juni war der Lohnsteuereinbehalt für Seeleute auf deutschen Schiffen von 40 auf 100 Prozent erhöht worden. Ebenfalls Anfang Juni war die Mindestzahl der deutschen beziehungsweise EU-Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge auf zwei herabgesetzt worden. Ausflaggungsgenehmigungen werden üblicherweise für zwei Jahre erteilt. Allein schon aufgrund der entrichteten Ausflaggungs- und Registergebühren würden die Reedereien erst beim Auslaufen der Genehmigung über eine mögliche Rückkehr zur deutschen Flagge entscheiden, sagte ein VDR-Sprecher. Von mehreren Reedern sei bekannt, dass sie bei nächster Gelegenheit unter die deutsche Flagge zurückkehren wollten.

Wilms übt Kritik

Heftige Kritik am Bund übte Valerie Wilms, Schifffahrtsexpertin der Grünen im Bundestag. Die Bundesregierung habe „de facto das Ende der deutschen Flagge zu verantworten“, so Wilms. Die „Gießkannenförderung“ werde massive Probleme bringen, weil sich das Fehlen von Fachleuten immer stärker bemerkbar mache. „Während man das auf See vielleicht noch verschmerzen kann, wird es beim Küsten- und Gewässerschutz richtig kompliziert, wenn wir niemanden mehr haben, der sich hier auskennt.“

Unter der ausgeflaggten Tonnage hat sich das Gewicht weiter zugunsten von EU-Flaggen verschoben. Ihr Anteil beträgt jetzt gut 37 Prozent. Zusammen mit der deutsch geflaggten Tonnage sind es damit 42 Prozent – nach einem Anteil von 38 Prozent im Vorjahr. Ein möglichst hoher Anteil ist für die gesamte Branche hierzulande wichtig, damit der Bund auch weiterhin gemäß EU-Beihilferecht flächendeckend den Tonnagesteuervorteil gewähren darf.

Den größten Zuwachs verzeichnete mit gut 37 Prozent das portugiesische Madeira-Register, auf das jetzt allein 257 Schiffe und 17,4 Prozent der gesamten ausgeflaggten Tonnage entfallen. Die klassischen europäischen Ausflaggungsziele Gibraltar, Malta und Zypern verloren dagegen Tonnage. ROE/fab

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