IOM: Mehr Tote im Mittelmeer Folge der Zerstörung von Schleuserbooten
Die Zerstörung von Schleuserbooten bei Marineeinsätzen der EU im Mittelmeer trägt nach Einschätzung von Experten ungewollt und indirekt dazu bei, dass mehr Flüchtlinge ertrinken. Als Ersatz für zerstörte Boote würden die Menschenschmuggler verstärkt billige dünnwandige Schlauchboote verwenden, mit denen die Überfahrt noch gefährlicher sei, erklärte ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Freitag in Genf.
Allein in den vergangenen drei Tagen seien bei Unglücken mit seeuntüchtigen Booten im Mittelmeer wahrscheinlich 365 Flüchtlinge ums Leben gekommen, sagte IOM-Sprecher Leonard Doyle. "Die Situation ist alarmierend", betonte er. Insgesamt seien 2016 bislang mindestens 4621 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Das seien rund 1000 Tote mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres.
Überlebende von Unglücken berichteten UN-Helfern, sie seien an der libyschen Küste mit vorgehaltener Waffe gezwungen worden, in die offenkundig kaum seetüchtigen Boote zu steigen. Die EU hatte im Sommer 2015 damit begonnen, Schlepperbanden verstärkt zu verfolgen und deren Boote zu zerstören, nachdem die Insassen auf Marineschiffe gebracht wurden. Im Rahmen der Operation «Sophia» wurden Tausende Flüchtlinge aus Seenot gerettet. (dpa)