Letzter Tag des Schnellboot-Geschwaders

Das Schnellboot "Puma" (P6122) der "Gepard"-Klasse im Nord-Ostsee-Kanal (NOK). Am 24. Februar 1983 wurde das Boot in Dienst gestellt. Die offizielle Außerdienststellung erfolgte am 14. Dezember 2015. Die vier baugleichen Einheiten "Hermelin", "Zobel", "Frettchen" und "Hyäne" werden am 16. November 2016 aus der Fahrbereitschaft der Marine genommen. (Bild: Zech)
Mit Wehmut standen am Mittwoch einige der rund 300 Soldaten im Marinestützpunkt Warnemünde und sahen zu, wie die Fahnen der letzten vier Schnellboote niedergeholt wurden. "Die Boote sind so klein, dass das militärische Gefüge in der strikten Form, gar nicht durchgeführt werden konnte. Da war man mehr Familie, als dass man eine militärische Einheit darstellte", sagte Kapitänleutnant Sebastian Frohwein, der jahrelang als Schiffstechnikoffizier auf den Booten unterwegs war.
Mit dem Einholen der Schnellboot-Flaggen ging für die Deutsche Marine die Ära dieser Einheiten zu Ende. Jahrzehntelang waren sie eine der tragenden Säulen, sagte Vizeadmiral Rainer Brinkmann. "Sie waren zusammen mit den U-Booten, den Marinefliegern und den Minenabwehrkräften im Kalten Krieg ein unverzichtbares und passgenaues Puzzleteil einer in der Tiefe gestaffelten Verteidigung in der Ostsee", sagte Brinkmann. "Wer wollte leugnen, dass ihn die Außerdienststellung der Schnellbootwaffe nicht emotional berührt? Wer verdrückt nicht eine Träne über die schnellen schlanken Boote?"
Was mit den Booten nun passiert, stehe noch nicht fest, sagte ein Marinesprecher. Sie seien nun leergeräumt, von der Matratze bis zur Militärtechnik sei alles draußen. Klar sei aber auch: Mit Öl und Treibstoff versorgt, seien sie sofort wieder einsatzbereit.
Mit den Booten "Hermelin", "Zobel", "Frettchen" und "Hyäne" umfasste das Geschwader noch vier Einheiten. Jedes Boot war um die 450.000 Seemeilen (rund 830.000 Kilometer) gefahren. Sie waren die Arbeitstiere der Marine, konzipiert für die Ostsee, zuletzt meist vor dem Libanon im Auftrag der UN unterwegs. Der längste Transit war die Rückfahrt von Djibouti am Horn von Afrika nach Rostock über rund 4900 Seemeilen (rund 9100 Kilometer), sagte ein Sprecher.
Korvetten übernehmen Aufgaben
Die Aufgaben der Schnellboote werden nun vollständig von den Korvetten übernommen. Hintergrund ist, dass sich die militärischen Aufgaben in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt haben. Die Krisen der Welt werden sich nach Überzeugung der Admiralität in küstennahen Gebieten abspielen. Mit Schnellbooten könne da nicht adäquat reagiert werden. Die Korvetten könnten mit ihrer Bewaffnung landgestützte Ziele angreifen und zudem mehr als sieben Tage ohne Unterstützung und Landberührung unterwegs sein.
Auf den modernen Korvetten sind aber andere Bedingungen für die Soldaten als auf den Schnellbooten. "Wir waren bis zu 40 Soldaten an Bord, hatten wenig Platz, drei Toiletten, eine Dusche, gleichzeitiges Essen gab es nicht", berichtete Korvettenkapitän André Timm, der ein Schnellboot kommandierte. "Das schweißt unheimlich zusammen." Das sei zwar nicht jedermanns Sache gewesen: "Aber wer sich damit zurechtfand, hatte eine einzigartige Zeit." (mv)