Machtdemonstration auf der Ostsee

Verdrängt bis zu 25.000 Tonnen: das 1992 gebaute, russische Atom-U-Boot „Orel“, Foto: Behling
Was jahrelang als unüblich galt, passiert aktuell immer wieder: Nachdem erst kürzlich das konventionelle russische U-Boot „Vadikavkaz“ vom Murmansk kommend an Fehmarn vorbei in die Ostsee verlegt wurde, ist jüngst auch ein atomar angetriebenes Raketen-U-Boot mit einem Zerstörer in die Ostsee gefahren.
Die Passage der Einheiten erfolgte nur kurz nach dem Nato-Gipfel in Brüssel und gilt bei Beobachtern als Machtdemonstration. Eine politische Brisanz schwingt dabei ohnehin mit – immerhin fand am Montag auch das umstrittene Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatsoberhaupt Wladimir Putin im finnischen Helsinki statt.
2017 schickte Russland erstmals ein Atom-U-Boot der „Typhon“-Klasse in die Ostsee. Jetzt ist es die „Orel“, ein Boot der „Oscar II“-Klasse, die mit bis zu 24 Marschflugkörpern ausgerüstet sind. Ob die Flugkörper nuklear bestückt sind, ist unklar. Angetrieben wird das U-Boot indes von zwei Atomreaktoren.
Die Passage der Marineeinheit verlief jedenfalls ohne Proteste. Bei der Verlegung des schwimmenden Atomkraftwerks „Akademik Lomonossov“ im vergangenen Mai hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace noch im Fehmarnbelt demonstriert.
Trotzdem blieb die „Orel“ nicht allein. Eskortiert wurde das 154 Meter lange und 18,4 Meter breite U-Boot von der dänischen Marine und der Bundespolizei. Auf dem weiteren Weg nach St. Petersburg sollten noch Einheiten der norwegischen, dänischen und schwedischen Marine die Beschattung übernehmen.
Die „Orel“ ist ein älteres Schwesterboot des 2000 im Nordmeer gesunkenen Atom-U-Boots „Kursk“. Es gehört zu drei U-Booten des Typs 949 (Nato-Name „Oscar II“) von der 11. U-Boot-Divison der Nordflotte. Die getaucht bis zu 25.000 Tonnen verdrängende „Orel“ wurde 1992 in Dienst gestellt und zuletzt 2015 und 2016 überholt. Sie gehört zu den größten U-Booten der Welt und wird von zwei Druckwasserreaktoren angetrieben.
Am 29. Juli soll die „Orel“ nach Angaben der russischen Marine an einer Militärparade in St. Petersburg teilnehmen. Außerdem sind der Zerstörer „Severomorsk“, der Kreuzer „Marschall Ustinov“ und die neue Lenkwaffenfregatte „Admiral Gorschkow“ auf dem Weg dorthin.
Als Reaktion auf die wieder steigenden Aktivitäten der russischen Marine hat die US-Marine Ende Juni die Flugzeugträgerkampfgruppe „Harry S. Truman“ aus dem Mittelmeer in den Atlantik verlegt. Teil dieser Kampfgruppe war bis Donnerstag auch die deutsche Fregatte „Hessen“. Auftrag: Training von U-Jagdfähigkeiten. Außerdem haben die USA wieder drei Seefernaufklärer auf Island stationiert. FB/ger