Meyer Werft soll überlegen

Für Papenburg hat das Land Millionen investiert und kritisiert jetzt, dass die Werft zu spät das Gespräch gesucht habe, Foto: Meyer Werft

Olaf Lies, Foto: SPD
Die Differenzen zwischen der niedersächsischen Landesregierung und der Meyer Werft in Papenburg sind bei einem Krisengespräch in Emden nicht ausgeräumt worden. Aber: Der Umzug nach Luxemburg soll vorerst ausgesetzt werden. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hatte dazu gestern Werftchef Bernard Meyer sowie den Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall in die ostfriesische Hafenstadt eingeladen.
Im Streit um die Verlagerung von Unternehmensteilen nach Luxemburg gab es jedoch keine Einigung. Bei einem ergebnisoffenen Moratorium sollten bis September alle steuerlichen und rechtlichen Fragen zur Mitbestimmung geklärt werden, sagte Lies. Er wolle erreichen, dass die Werft ihre bisherige Gesellschaftsform in Deutschland beibehalte.
„Wir haben uns auf ein Moratorium geeinigt, bis September wollen wir klären, warum die Meyer Werft ihren Verwaltungssitz nach Luxemburg verlegt hat“, sagte Lies in Emden. Eine konkrete Einigung gab es jedoch nicht. Lies will eigenen Angaben zufolge eine Gesellschaftsgründung durch die Werft in Luxemburg verhindern. ,,Aus meiner Sicht war dies ein Gespräch, dass deutlich früher hätte stattfinden müssen. Einige Fragen konnten geklärt werden, vieles ist aber auch noch offen geblieben. Ich begrüße es, dass die Meyer Werft jetzt ihre Entscheidung überprüft. Ich sage ganz klar: Das Land erwartet, dass die Meyer Werft mit ihrem Sitz in Deutschland bleibt. Mit einer anderen Entscheidung können wir nicht zufrieden sein“, so Lies weiter.
Werftchef Bernard Meyer bekräftigte nach dem Treffen erneut, dass das Ziel des Umzugs sei, einen Aufsichtsrat zu verhindern, um weiterhin international konkurrenzfähig zu bleiben. Nun müsse in den nächsten Monaten diskutiert werden, was das Unternehmen nach vorne bringe, so Meyer.
Ob die Holding in Luxemburg tatsächlich wieder aufgelöst wird, wollte der Werftchef nicht sagen. Sowohl Betriebsrat und IG Metall als auch Wirtschaftsminis ter Lies sind verärgert über die plötzlich angekündigte Verlagerung der Unternehmensholding ins Ausland.
Betriebsratschef Ibrahim Ergin sagte nach dem Treffen, dass es bisher immer eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Unternehmen gegeben habe. Mit dem heutigen Treffen sei man wieder auf dem richtigen Weg.
Heino Bade, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leer-Papenburg, sagte: „Wir erwarten ein Umdenken der Geschäftsleitung mit dem Ergebnis, dass der Schritt nach Luxemburg zurückgenommen wird. Die Unternehmensleitung muss zurückfinden zu einem transparenten und guten Miteinander mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie der Politik.“
„Kritische Größe“
Die Unternehmensführung hatte die Verlagerung und Gründung einer Holding mit der zwingenden Einrichtung eines Aufsichtsrats begründet. Nach der Zusammenführung der Standorte in Papenburg und Rostock sowie dem Kauf der finnischen Werft in Turku hat Meyer nach deutschem Unternehmensrecht eine „kritische Größe“ erreicht, die die Einrichtung eines paritätisch besetzten Aufsichtsrats für die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nötig macht. Das luxemburgische Unternehmensrecht lässt es zu, eine Holdinggesellschaft zu gründen, der die bisherigen Unternehmensteile als Tochtergesellschaften untergeordnet sind. Die Ausgründung könnte dann entweder als Société anonyme – S.A. – oder als Société à responsabitité limitée, abgekürzt S.a.r.l. firmieren.
Steuerlich begünstigt
Der Nebeneffekt ist, dass diese Gesellschaftsformen von den ohnehin niedrigen luxemburgischen Steuersätzen profitieren würden. Für die Werftengruppe wäre es also nicht nur möglich, ein Gremium mit Arbeitnehmermitbestimmung zu verhindern, sondern auch denkbare Verluste für die finnischen und deutschen Töchter auszuweisen und den Steuersatz weiter zu drücken. Diesen Vorwurf hatten in der Diskussion vor allem Gewerkschaften erhoben.
Schon 2011 hielt die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung fest, dass die Zahl der Unternehmen mit einer ausländischen Rechtsform wächst, um der erweiterten Mitbestimmung zu entgehen. Die Drogeriekette Müller gehörte demnach ebenso dazu wie Air Berlin, H&M oder Kühne+Nagel.
Den Weg dazu hatte der Europäische Gerichtshof geebnet. Er erlaubte, dass deutsche Unternehmer heimische Aktivitäten auch unter das Dach ausländischer Firmen stellen dürfen. International sorgten IKEA, Google und Starbucks für Aufsehen.
Unterdessen hat die Meyer Werft zwei neue Großaufträge erhalten. Am Standort im finnischen Turku sollen die Nummern 7 und 8 aus der „Mein Schiff“-Serie gebaut werden. Die Ablieferung der Luxusliner ist in drei beziehungsweise vier Jahren geplant. Das bestätigte gestern der Auftraggeber TUI Cruises. dpa/rtr/pk